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Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Weiß noch nicht. Aber ich will dir auf gar keinen Fall zur Last fallen, Jeannie. Ich musste ganz einfach bloß dringend für 'ne Weile aus Kalifornien weg, 'nen Ort, wo ich zur Ruhe kommen kann und sicher bin, bis ich …«
    »Du kannst bleiben, solang du magst, Paul.«
    »Ich bin dir dankbar dafür.«
    »Weißt du, ich fühl mich irgendwie verantwortlich. Schließlich hab ich dir den Job auf diesem Eisbergschlepper aufgehalst.«
    »Das ist echt Scheiße, Jeannie! Klar, den Job hast du mir besorgt, aber ich hab die Leute sitzen lassen, ganz allein und aus eigener Entscheidung hab ich das getan.«
    »Ja, das habe ich schon verstanden.«
    »Sag mir jetzt mal, wie es dir geht«, lenkte er ab. »Was hast du denn so getrieben?«
    »Was gibt's da schon zu berichten? Ich arbeite, ich fahr heim, ich lese, und dann schlafe ich. Es ist ein gemütliches ruhiges Leben.«
    »So, wie du's schon immer gern hattest.«
    »Ja.«
    »Fehlt dir Paris nicht?«
    »Na, was denkst denn du?«, sagte sie.
    »Gehen wir doch einfach hin«, sagte er. »Du und ich. Gleich jetzt. Du gibst deinen Job auf, und wir suchen uns ein nettes Plätzchen in der Nähe der Seine, und dann tanzen und singen wir in der Metro und sammeln Geld … Es wäre ja kein tolles Leben, aber wenigstens wären wir dann in Paris.«
    »Ach, Paul. Was für eine wunderbare Idee!«
    »Wenn wir es bloß könnten, nicht?«
    »Ja, wenn.« Sie ergriff seine Hand und drückte sie kurz und flüchtig, dann zog sie die Hand wieder rasch weg, als wäre das bereits zu gewagt gewesen.
    Carpenter erkannte, dass er im Grunde gar nichts über diese Frau wusste. Sie war warm und gut und freundlich, doch sie hatte sich die ganze Zeit wie hinter Glas abgeschirmt: eine Freundin, ein guter Kamerad, aber immer von einer Mauer gegen die Welt umgeben. Und nun war er innerhalb dieser Abschirmung.
    Sie redeten stundenlang wie in den alten Zeiten in St. Louis; schwatzten über alte Freunde und über Firmengerüchte und allgemein über Weltereignisse. Er begriff, dass sie damit beabsichtigte, dass er sich entspannte – und vielleicht sie selbst sich ebenfalls. Es war leicht, die unterschwellige Nervosität in ihr zu spüren. Er begriff, dass er ganz schön viel von ihr forderte – indem er einfach so aus dem Nichts bei ihr antanzte, sich bei ihr einnistete und ihr die Trümmer seines kaputten Lebens vor die Füße warf und noch nicht einmal genau sagen konnte, was er nun von ihr erwartete. Und das konnte er nicht, weil er es nicht wusste.
    Gegen halb elf sagte sie: »Paul, du musst doch todmüde sein nach der langen Fahrt praktisch ohne Stopp von Kalifornien herauf.«
    »Ja. Ich such mir besser ein Zimmer in 'nem Hotel.«
    Ihr Augen weiteten sich kurz. Wieder huschte ein rätselhafter Ausdruck über ihr Gesicht, wieder diese beklemmende Mischung aus Wärme und Unsicherheit.
    »Du kannst meinetwegen gern hierbleiben«, sagte sie.
    »Aber du hast doch so wenig Platz.«
    »Wir kommen schon zurecht. Bitte. Ich würde mir gemein vorkommen, dich so in die Nacht rauszujagen.«
    »Also …«
    »Ich möchte, dass du bleibst.«
    »Also«, wiederholte er und lächelte. »In diesem Fall …«
    Sie ging ins Bad und blieb ziemlich lange dort. Carpenter stand neben dem schmalen Bett und wusste nicht, ob er sich ausziehen sollte. Als sie wiederkam, trug sie einen langen Bademantel. Dann ging Carpenter ins Bad, um sich zu waschen, und als er herauskam, lag sie im Bett und hatte das Licht gelöscht.
    Er zog sich bis auf die Unterhose nackt aus und legte sich im Wohnzimmer auf den Boden.
    »Nicht«, sagte Jeanne nach einer Weile. »Dummer.«
    Dankbarkeit und Erregung und etwas, das man fast als Gewissensbiss hätte bezeichnen können, strömten gleichzeitig durch ihn. Er stolperte in der Dunkelheit zwischen den Möbeln durch und legte sich behutsam neben sie ins Bett, bemüht, sie dabei nicht zu berühren. Es war wirklich kaum Platz für beide.
    Als seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er, dass ihr Nachtgewand offen und sie darunter nackt war und dass sie zitterte. Carpenter streifte seine Shorts ab und schleuderte sie fort. Dann legte er ihr behutsam die Hand auf die Schulter.
    Sie schauderte. »Kalt«, sagte sie.
    »Wird gleich wärmer.«
    »Ja, bestimmt.«
    Er ließ die Hand tiefer gleiten. Ihre Brust war klein und fest, die Brustwarze ganz steif. Er fühlten ihr Herz darunter schlagen, so heftig, dass es ihn erschreckte.
    Ein seltsames Zaudern kam über ihn. Mit fremden Frauen ins Bett zu gehen,

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