Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)
saß er jetzt, hoffnungslos eingefangen von Isabelle Martins bezaubernder Muschi, kam Abend für Abend aus seinem Labor zurück und ließ ihre wilden Tiraden gegen die Genmanipulation über sich niederprasseln. Hinreißend. Und zu alledem dann die Besorgnis, dass die Arbeit seiner Forschungsgruppe tatsächlich erfolgreich sein könnte und dass durch diesen Erfolg Samurai Industries die Weltwirtschaft in einen mörderischen Würgegriff bekommen würde. Das alles wies auf eine gewisse masochistische Tendenz in Rhodes' Psychostruktur hin, wie sie Carpenter früher nie bewusst wahrgenommen hatte.
Scheiße, dachte er. Rhodes macht sich einfach zu viele Sorgen, das ist die reine nackte Wahrheit. Damit bringt er sich noch in ein frühes Grab. Aber es scheint ihm Spaß zu bringen, wenn er sich Sorgen macht. Carpenter fand das ziemlich schwer zu verstehen.
Er stieg nach oben, um nachzusehen, ob seine restliche Crew an Bord gekommen sei.
Anscheinend waren inzwischen alle da. Auf der Leiter hörte er Stimmen, die grobe heisere Hitchcocks und Nakatas hellen Tenor, aber auch zwei weibliche Stimmen. Er hielt inne und lauschte.
»Wir kommen sowieso klar«, sagte Hitchcock.
»Aber wenn er bloß ein blöder Firmenarsch ist …« Die weibliche Stimme.
»Arsch, ja. Aber wahrscheinlich nicht blöd.« Das war Nakata. »Blödmänner steigen nicht bis Elf auf.«
»Was mir gar nicht passt«, sagte Hitchcock, »ist, dass sie uns dauernd diese verdammten Firmenkerle vorsetzen, statt 'nen echten Seemann zum Käpt'n zu machen. Bloß weil die irgendwie gelernt haben, welche Knöpfe man drücken muss, heißt das keinen verdammten Furz, und das sollten die besser wissen.«
»Hör mal, solang er seinen Job gut macht und uns in Frieden lässt …« Diesmal eine andere Frauenstimme.
Yeah, dachte Carpenter. Ich werde die Knöpfe drücken, die ich drücken soll, und ich lasse euch in Ruhe, solange ihr eure Knöpfe drückt, dann sind wir alle glücklich und zufrieden. Okay? Abgemacht?
Das Genörgel beunruhigte ihn nicht. Es gehörte dazu, wenn ein neuer Boss an Bord kam. Jede andere Reaktion wäre viel überraschender gewesen. Es gab keinen Grund, weshalb sie ihn auf Anhieb lieben sollten. Er würde ihnen einfach klarmachen müssen, dass er nur seine Arbeit tat, genau wie sie, und dass er ebenso wenig gern hier bei ihnen war, wie sie ihn haben wollten. Aber er war nun einmal hier. Für eine Weile jedenfalls. Und die ganze Verantwortung für den Betrieb des Schiffs lag bei ihm. Ihm würde man bei der Firma die Füße rösten, wenn irgend etwas auf der Fahrt schiefgehen sollte.
Aber was sollte schon schiefgehen? Es war schließlich bloß ein Eisbergschlepper.
Carpenter kletterte das letzte Stück an Deck. Er machte dabei genügend Lärm, um sie zu warnen. Die Unterhaltung an Deck verstummte, sobald das Echo seiner lauten Bewegung nach oben hallte.
Er trat in den Glast des Nachmittags. Die feuchte Luft war stickig und beißend, und eine geschwollene grünliche Sonne stak aufgespießt über einem der schlanken Hochhäuser San Franciscos auf der anderen Seite der Bucht.
»Cap'n«, sagte Hitchcock. »Das ist Caskie. Communications. Und Rennett. Maintenance/Ops. Cap'n Carpenter.«
»Steht bequem«, sagte Carpenter. Es schien ihm das Passende zu sein.
Caskie und Rennett waren beide eher klein. Doch damit endete ihre Ähnlichkeit auch bereits. Rennett war ein untersetztes, breitschultriges kleines Mädchen und reichte ihm kaum bis zur Brust, aber sie wirkte sehr zäh und kampfbereit. Wahrscheinlich, dachte er, stammt sie aus einer der Staubschüsseln im Mittelwesten; dort sahen sie alle so trotzig-hinterwäldlerisch aus. Ihr Kopf war kahlgeschoren, so wie das jetzt viele machten, und sie war überall braun wie eine Eichel, und der Purpurschimmer von Screen leuchtete stark durch die Haut, wodurch sie beinahe fluoreszierend aussah. Ohne ihre Kleinheit hätte man sie wohl kaum für eine Frau gehalten.
Braune Augen, die funkelten wie Murmeln und doppelt so hart wirkten, blickten ihn an. »Sorry, dass ich verspätet an Bord zurück bin.« Es klang ganz und gar nicht, als bedauerte sie wirklich.
Caskie, der Kommunikationsoffizier, wirkte schlank, beinahe zierlich, viel weicher und eindeutig feminin: schimmernde, dichte schwarze Haare, eine Menge, sie hielt wohl nichts von einem nackten Kopf. Das Gesicht eher unscheinbar, mit einem breiten Mund, einer drolligen kleinen Knopfnase, und ihre Haut war fleckig und verschuppt von zuviel Sonne, aber dennoch
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