Der hellste Stern am Himmel
einer ähnlichen Lage wie Ihre jetzige? Oder in einer der neuen Wohnanlagen? Es gibt ein paar sehr gute Angebote in einer attraktiven Gated Community in der City-West. Sehr gute Spekulationsobjekte. Und die Wohnungen sind überwältigend, außerdem gibt es in der Anlage ein Fitnessstudio, eine Sauna, ein Jacuzzi, einen Yoga-Garten –«
»In jeder Wohnung ?«
»Nein, nein. Das sind Gemeinschaftseinrichtungen. Für alle Eigentümer.«
»Verstehe. Also, ich dachte sowieso eher an ein Haus. Etwas Abgeschiedenes. Wo man keinen fremden Menschen im Flur begegnet.«
»In einer so zentralen Lage würden Sie keinesfalls ein Haus bekommen. Nicht im Rahmen Ihrer finanziellen Möglichkeiten.«
»Klar. Könnten Sie mir zeigen, was Sie haben?«
»Nur aus Neugier«, sagte Philippa, »was ist letztes Mal mit den Angeboten passiert?«
»Meiner Frau gefielen die Häuser nicht, die ich ausgewählt hatte.«
»Ach so. Na, wollen wir mal sehen, ob wir diesmal etwas finden, das ihr gefällt.«
ZWEIUNDDREISSIG TAGE …
Lydia erkannte die Nummer auf dem Display nicht, aber sie ging trotzdem dran. Warum auch nicht?
»Conall Hathaway hier.«
»Oh, verdammt noch – woher haben Sie meine Nummer?«
»Sie haben mich heute Morgen angerufen und gesagt, dass Sie vor dem Haus warten.«
Alles wegen ihrer Haare! Ihrer blöden, schwierigen Haare – wäre sie bloß ausgestiegen und hätte geklingelt.
»Ich habe mir überlegt, dass ich Ihre Einladung annehmen möchte«, sagte er.
»Was für eine Einladung?«
»Die für morgen. Ich nehme mir frei. Wir verbringen den Tag zusammen. Wir fahren irgendwohin und – was meinten Sie noch? Machen einen Hausputz? Besuchen Ihre Mutter?«
»Das habe ich nur gesagt, weil ich wusste, dass Sie da nicht mitmachen.«
»Ich mache sehr wohl mit.«
»Sie fahren nicht mit.«
»Wann soll ich Sie abholen?«
»Gar nicht. Sie fahren nicht mit. Gewöhnen Sie sich dran. Gehen Sie zur Arbeit und verdienen Sie Ihre Millionen.«
»Ich fahre mit.«
Er klang so entschieden und überzeugend, doch zum Glück, dachte sie, hatte sie Typen wie ihn schon früher kennengelernt. Im Lauf der Jahre hatte sie öfter Fahrgäste von dieser Sorte Mann – und es waren in den meisten
Fällen Männer – mit ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Vision und ihrem völligen Desinteresse an dem, was andere wollten, befördert. Sie wollten, was sie wollten, und das holten sie sich, und ob sie Chaos um sich herum verbreiteten, ging ihnen am Arsch vorbei. Es gab einen Ausdruck, den man beim Militär benutzte, um eine Menge toter Zivilisten zu erklären. Kollateralschaden nannte man das. So war das, die Conall Hathaways dieser Welt interessierten sich nicht für die Kollateralschäden, die sie anrichteten.
»Ich glaube, zehn Uhr ist eine gute Zeit«, sagte er. »Früher ist schlecht, wegen des Verkehrs. Und später zu fahren, lohnt sich nicht, dann ist schon zu viel vom Tag vorbei.«
Wenn er das mit anderen machte, funktionierte es vielleicht. Aber mit ihr nicht.
»Also … wir sehen uns um zehn?«
»Um zehn«, erwiderte sie mit einem sarkastischen Unterton.
Sie würde um neun fahren.
ZWEIUNDDREISSIG TAGE …
Auf dem Weg nach Hause kam Matt an der Frau vorbei, die ihn vor ein paar Wochen verdächtigt hatte, ein Axtmörder zu sein. Überraschend stieg ein Gefühl von Empörung in ihm auf, das nur stärker wurde, als ihm einfiel, dass er die gute Tat des Tages noch nicht vollbracht hatte. So ein Mist. Durch den späten Arbeitsanfang und die
Ablenkung, die Philippa die Immobilienmaklerin ihm geboten hatte, war es ihm entfallen. Und der Gedanke, einem Wildfremden eine Freundlichkeit zu erweisen, stieß eindeutig auf seinen inneren Widerstand. Er konnte es nicht tun. Es ging nicht. Er würde Maeve anlügen, dachte er. Was ihm so gut gefiel, dass er Angst bekam. Nein, er würde die Wahrheit sagen und sich einen Tag Auszeit erbitten. Dann hatte er eine noch bessere Idee: Hatte er nicht schon eine gute Tat vollbracht, indem er bei Philippa gewesen war? Indem er sich um ein neues Zuhause für Maeve kümmerte, erwies er ihr eine Freundlichkeit. Sich selbst auch. Aber das war ein so neuer Gedanke, dass er schnell darüber hinwegglitt. Ja, eine Freundlichkeit gegenüber Maeve. Und wenn er nicht mit Alex ausging, war das eine weitere gute Tat für Maeve? Da fiel ihm ein …
Kaum hatte er das Auto geparkt – wie das Glück es wollte, direkt vor seinem Haus –, schrieb er schnell eine SMS an Alex.
»Notfall im Büro. Schaffe es heute nicht.
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