Der hellste Stern am Himmel
erschauderte. »Das ist richtig unheimlich. Mir wird regelrecht übel. Steigen Sie bitte aus.«
Er starrte sie entsetzt an. »Ich habe das ganz falsch angepackt«, murmelte er vor sich hin. »Wie kann ich es retten?«
»Indem Sie aussteigen und mich nie wieder rufen. Dann gehe ich auch nicht zu meinem Anwalt.«
»Geben Sie mir eine Chance.«
»Steigen Sie bitte aus.«
»Wann haben Sie das nächste Mal frei? Was würden Sie gern unternehmen? Sagen Sie, was Ihnen in den Sinn kommt. Egal was, und ich bin einverstanden.«
»Ja, ganz toll. Ich möchte, dass Sie mit mir nach Boyne, County Meath, fahren, mir dort helfen, eine verdreckte Küche sauberzumachen, sich mit meiner Mutter unterhalten, die etwas wirr ist, ein Altersheim mit mir besichtigen und meine Brüder zusammenstauchen. Welchen, ist mir egal. Ich habe drei, Sie können sich einen aussuchen.«
»Oder würden Sie lieber etwas … Wir könnten auch nach Powerscourt fahren und Lunch im –«
»Es gibt nichts zu verhandeln. Wenn es mein freier Tag ist, dann verbringe ich ihn so.«
»Wann?«
»Morgen.«
»Morgen? Da muss ich arbeiten.«
»Dann gehen Sie arbeiten. Das ist mir scheißegal.«
Missmutig stapfte Lydia die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf. Diesem hirnamputierten Conall Hathaway hatte sie es zu verdanken, dass ihre Einnahmen in der Nacht um gut dreißig Euro geringer ausfielen. Sie konnte kein Geld von ihm nehmen, das kam ihr widerlich vor. Nachdem es ihr schließlich gelungen war, ihn aus ihrem Wagen zu vertreiben, stand ihr nicht mehr der Sinn danach, einen neuen Fahrgast aufzunehmen. Es war halb acht, und sie war reif fürs Bett. Sie würde duschen, beschloss sie, die Arbeit
der Nacht von sich abwaschen und dann gleich ins Bett gehen. Und wenn sie aufwachte, würde sie zum Supermarkt gehen und richtige Lebensmittel einkaufen, frische Sachen mit Vitaminen und Enzymen, Schluss mit einer Ernährung aus Chips und Schokolade. Vielleicht konnte sie damit ihre riesige Müdigkeit bekämpfen …
Sie schloss die Wohnung auf, und als sie die Wohnungstür hinter sich zuzog, hörte sie ein Geräusch. Es war die Tür von Andrejs und Jans Schlafzimmer. Andrej trat heraus, barbrüstig und in Jogginghosen, als hätte er auf sie gewartet. Ohne einen Gedanken ging sie zu ihm, er nahm sie in die Arme und zog schweigend den Reißverschluss an ihrer Jacke auf, und sie ließ es geschehen. Erleichtert sank sie an seinen harten Körper, ergab sich seinem Geruch, seinen sicheren, festen Berührungen. Mit einem Mal war ihre Müdigkeit verflogen, und sie riss sich die Kleider vom Leib und drängte ihn zu seinem Schlafzimmer, doch er stemmte sich gegen sie und schob sie zu ihrem Zimmer. Jan. Sie hatte ihn ganz vergessen.
»Jan? Ist er da?«, hauchte sie.
»Er schläft. Wir müssen leise sein«, flüsterte Andrej eindringlich.
Aber das war nicht möglich. Als er ihren Körper mit Küssen bedeckte, entfuhren ihr unwillkürlich kleine Laute, mit einem langen, lauten Stöhnen drang er in sie ein, und als sie kam, presste er ihr die Hand auf den Mund, sie starrte ihn an, ihre Augen traten hervor, seine blauen Augen waren eindringlich auf sie gerichtet, während ihr Körper in sich ständig weitenden Kreisen der Lust explodierte.
»Was ist mit dem Armen Scheißer?«, fragte Andrej, die Arme fest um sie geschlungen. »Du siehst ihn …?«
»Nein. Vorbei.«
»Hast du ihm gesagt? Das hier?«
»Ja.« Sie spürte, wie sein Körper sich anspannte. »Angst, dass ein Trupp von Nigerianern vorbeikommt und dich zusammenschlägt?«
»Keine Angst.«
»Was ist mit Rosie?« Spontan wollte sie, wie es ihre Art war, noch eine Beleidigung hinzufügen, wie: »Rosie, die letzte Jungfrau in Irland«, aber es kam ihr verkehrt vor. Immerhin schlafe ich mit ihrem Freund. Ich könnte sie unmöglich noch mehr beleidigen.
»Sag ihren Namen nicht.«
Er rollte sich von ihr weg, stand auf und verließ das Zimmer. Sie war froh, denn jetzt konnte sie schlafen.
ZWEIUNDDREISSIG TAGE …
Matt kam ins Büro, und Salvatore sagte: »Wusste gar nicht, dass du heute Morgen frei hattest.«
»Sehr komisch.«
Ja, es ist war Viertel nach elf. Ja, Matt kam zu spät. Aber Maeve hatte nach dem Aufwachen wieder eine Panikattacke gehabt, die zweite in weniger als einer Woche, und es hatte lange gedauert, bis er sie beruhigt hatte und überzeugen konnte, dass sie beide zur Arbeit gehen sollten. Es war wie in den schlechten alten Tagen, und es war allein Fionn Purdues Schuld.
»Was ist denn passiert?«,
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