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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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mit dem du mir morgen den Kopf vom Rumpf trennen wirst.«
    Sie richtete sich so
schnell auf, dass David nicht zurückweichen konnte. Mit einer Hand riss sie sich
das Kleid vom Körper, mit der anderen strich sie das Haar zurück. Ihr nackter
Leib wölbte sich ihm entgegen. Ein Körper, wie ihn kein Dichter beschreiben
kann. David keuchte. Während sie ihm die Arme um den Nacken warf, zog er sich
den Lederkoller vom Leib und ließ sich mit ihr zusammen sanft auf den Boden
gleiten. Zärtlich zog er sie an seine nackte Brust, spürte ihre warme Nacktheit
an seinem Körper und die feuchte Kühle unter sich, als sich ihre Lippen zu
einem Kuss fanden, der alles in ihm verbrannte: die Vernunft, die Ehre und die
Vorsicht. Er umarmte Maria wild, leidenschaftlich und zärtlich. Alle
Scheiterhaufen dieser Welt hätten nicht das Feuer entzünden können, das ihre
Leidenschaft in dieser Nacht entfachte, ihrer einzigen und letzten.
    »Wollt Ihr Euch,
Maria Rampendahl, Hermessens Eheweib, zu einem gütlichen Bekenntnis bequemen,
oder gedenkt Ihr, anderweitig Eure Seele zu reinigen?«
    »Der Teufel soll
mich auf der Stelle holen, wenn ich eine Hexe bin! Niemals werde ich bekennen,
weil ich unschuldig bin, auch wenn die Herren mich in Stücke reißen.«
    Im schummrigen Licht
der Fackel saßen hinter dem Richtertisch der Bürgermeister, der Stadtsekretär
und vier ihr bekannte Ratsmänner, einschließlich des Kammerdieners Müller. Die
Cothmannen! In schwarzen Gewändern mit weißen Perücken erschienen sie Maria wie
Raben auf der Stange. Sie alle traten gegen sie als Zeugen auf. Auf ihren
geschminkten Gesichtern spiegelten sich Neugierde und Furcht vor der Hexe
wider.
    Missmutig beäugte
Krieger sie über den Rand einer goldenen, mit kleinen Edelsteinen besetzten
Brille. »Wir haben Euch genügend Bedenkzeit gegeben, Maria. Warum zeigt Ihr
Euch noch immer so verstockt?« Leise trommelten seine Finger auf die
Tischplatte. Vor ihm lag die Akte mit der Anklageschrift. Sie war fast genauso
dick wie das schwarze Buch daneben, die Liste aller besagten Hexen. Ein Stück
weiter erkannte sie das kleine, in Leder gebundene Geschenk ihres
Schulmeisters, zu Cothmanns rechter Hand lag das vermaledeite Strumpfband.
Beide dienten als Beweisstücke teuflischer Herkunft, ausgegraben, um sie zu
vernichten.
    »Wenn Ihr Euch
weiterhin weigert, uns die Wahrheit zu bekennen, Maria, dann werden wir jetzt
zur peinlichen Befragung schreiten. Ein letztes Mal: Bekennt Ihr Euch
schuldig?«
    »Ich bleibe bei meiner
Antwort: Ich bin keine Zaubersche. Selbst wenn Ihr mich zu Tode peinigt, Ihr
hohen Herren, so bin ich doch unschuldig!«
    Krieger beugte sich
hinter vorgehaltener Hand zum Richter. »Wahrscheinlich fühlt sich die
Ratsherrentochter noch immer sehr sicher. »Aber das Gefühl wird Ihr gleich
vergehen«, grunzte Cothmann und erhob sich.
    »Warum bekomme ich
keinen Seelsorger als Beistand, so wie alle anderen Gefangenen?«, fragte sie
ihn trotzig, als er um den Tisch herum langsam auf sie zutrat.
    »Ihr habt noch immer
ein recht flottes Mundwerk, Maria Rampendahl. Woher nehmt Ihr nur diese Kraft?
Wenn Ihr keine Hexe wäret, würde ich vor Bewunderung meinen Hut vor Euch
ziehen. Aber da die Sache nun einmal anders liegt, denke ich, dass der Teufel
Euch weiterhin beistehen wird. Wir werden ihn also aus Euch herausfoltern
müssen. Wie das geht, habt Ihr ja bereits mit eigenen Augen miterleben dürfen.«
Er gab David das Zeichen.
    Der Henker stand mit
ihr zugekehrtem Rücken vor dem Schmiedefeuer. Im Schein der lodernden Flammen
wirkte er wie eine lebendige Statue aus Stein. Die Fäuste hatte er aufgestützt,
den Kopf mit dem langen Haupthaar gesenkt. Er war nicht fähig, die
Folterwerkzeuge, die der Reihe nach zur Anwendung kommen sollten, zu ordnen.
Sein Knecht beobachtete ihn mit besorgtem Pferdegesicht, bevor er, zwei schwere
Eisenstiefel mit gespickten Dornen an einer Kette hinter sich herziehend,
unschlüssig auf Maria zuschritt, um ihr anstelle des Meisters die
Folterinstrumente vorzulegen. Er ächzte und wuchtete die schweren Stiefel vor
ihre Füße.
    »Bitte!« Cothmann
wies zynisch auf den Stuhl vor der Felswand gleich neben ihr, der ebenfalls mit
spitzen Dornen versehen war. »Ihr werdet doch jetzt nicht kneifen?«
    »Ihr habt Euch das
Gutachten von der falschen Universität besorgt, hoher Richter. Ihr werdet mir
die Hexe nicht beweisen«, wandte Maria ein.
    Cothmann ignorierte
ihre Worte, grinste und schubste sie Richtung Stuhl. Ängstlich

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