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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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nachgegrübelt, wie er Hermann festnageln könnte. Plötzlich erhob
er sich schwankend und schob Margaretha auf seinen Platz. »Leiste du an meiner
statt dem Herrn Gesellschaft und vergiss nicht, ihn reichlich mit Bier zu
bewirten. Ich werde noch einen guten Tropfen Wein besorgen«, flüsterte er ihr zu.
    Einen Moment später
taumelte Cordt zwischen den Tischen hindurch zum hinteren Bereich der Diele, wo
sich die Küche befand. An einem abseits stehenden Tisch in der Nähe des Kamins
stolperte er über einen vorgehaltenen Degen. Entrüstet suchte er an der Tischplatte
Halt und sah sich nach dem Frevler um.
    »Habt Ihr vor, Eure
Tochter, die Hexe, jetzt doch noch unter die Haube zu bringen, Ratsherr
Rampendahl?«, erklang es spöttisch, während Cordt vor Wut rot anlief und den
Schelm, der ihn so dreist herausforderte, wutschnaubend am Spitzenkragen
packte.
    »Wer hat Euch in
mein Haus gelassen, Cothmann?«, zischte er.
    »Ihr wisst, dass ich
dazu keine Genehmigung brauche. Und wenn Ihr nicht gleich Eure schmutzigen
Finger von meinem Hals nehmt, so wird Euch das teuer zu stehen kommen.« Warnend
schweifte sein Blick zum Nachbartisch, an dem gerade vier seiner Stadtdiener
den Würfelbecher herumgehen ließen. Cordt verstand und ließ den Erzfeind los.
    »So ist es recht«,
sagte der Bürgermeister und rückte mit spitzen Fingern den Kragen seines eng
taillierten schwarzen Wams’ zurecht, das reichlich mit Edelsteinen besetzt war.
Das mit Straußenfedern geschmückte Barett auf dem Tisch wies ebenfalls reichlich
Kleinodien auf. Cothmanns Augen funkelten kalt und grau, während er seine
Überlegenheit auskostete und den Weinkelch aufreizend langsam zum Munde führte,
bevor er ihn ebenso langsam wieder abstellte und sich mit dem Handrücken über
den Schnurrbart wischte. Dabei ließ er Cordt nicht aus den Augen. Es war eine
Art psychisches Kräftemessen, eine Herausforderung, die Cordt diesmal verlor.
Er senkte als Erster den Blick. »Gebt endlich auf«, zischte er. »Und lasst
endlich Eure Finger von meiner Tochter. Sonst werdet Ihr es noch bereuen.«
    Ein breites Grinsen
überzog Cothmanns Gesicht. »Worum wollen wir wetten, Rampendahl, dass sie mir
noch vor dem zehnten Mond zu Willen sein oder aber in der Sandkuhlen brennen
wird?«
    Am liebsten hätte
Cordt ihm dafür in das blasierte Maul gehauen. Zugleich aber spürte er, dass es
unklug gewesen wäre, ausgerechnet jetzt mit ihm Händel anzufangen. Ein starker
Schwiegersohn musste her. Ihm fiel ein, was er zuvor in der Küche gewollt
hatte, zwang sich zur Ruhe und beugte sich noch einmal zu Cothmann hinab, bis
sich ihre Nasenspitzen berührten.
    Siegesgewiss
lächelte der Schönling in Cordts dunkelrotes Gesicht. Seine Finger spielten
gelassen mit den Enden der Schärpe, die er um den Leib trug, doch sein Blick
war wachsam wie der eines Wolfes, bereit, aufzuspringen und Cordt mit dem Degen
zu attackieren.
    »Ich werde Euch im
Auge behalten, Hermann Cothmann!« Cordt ballte die Faust und setzte mit Wucht
den Krug vor ihm ab. Der Rest des schalen Bieres floss über die Tischplatte.
»Weib! Wo bist du?«, brüllte er dann und suchte zwischen den aufgescheuchten
Mägden nach Catharina.
    Er fand sie im
Küchenbereich vor der hinteren Riegenwand. Sie gab der Magd vor ihr am Tisch
Anweisungen, wie sie die Gans zu rupfen hatte. Der Vogel hatte sich gerade aus ihren
Händen gewunden und schoss nun mit dem Schnabel voran kreischend und zeternd
über das Zinngeschirr. Als das Tier in Panik auf seine Beine zurannte, bückte
Cordt sich und breitete die Arme aus, doch die Gans schlug einen Haken.
Verblüfft schaute er ihr hinterher, dann geriet er ins Straucheln und verlor
den Halt. Wild mit den Armen rudernd, landete er mit dem Hinterteil im leeren
Butterfass.
    Die Mägde kicherten
und wechselten spöttische Blicke. Auch Catharina musste sich das Lachen
verkneifen. »Mann, die Küche ist wohl doch nicht dein Revier!«, donnerte sie
los. »Du wirst dir noch den Hals und die Haxen brechen. Was gibt es denn so
Wichtiges, dass du mich ausgerechnet jetzt und hier aufsuchst?«
    Mit in die breiten
Hüften gestemmten Händen stand sie vor ihm. Unter ihrem Spitzenhäubchen
kräuselten sich die ersten grauen Löckchen, und ihre grünen Augen lachten, als
sie Cordt aus dem Fass half.
    »Zwei
Schwiegersöhne«, brummte Cordt, während er sich mit ihrer Hilfe ächzend aus
seiner misslichen Lage befreite. »Sie sitzen draußen.«
    »Ach, nicht doch?«,
entfuhr es Catharina. Ihre Züge

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