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Der Henker von Lemgo

Der Henker von Lemgo

Titel: Der Henker von Lemgo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Szrama
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Biergenuss enthemmte ihn, die Sitten des
Anstandes und der Ehre wichen anderen Gefühlen. Wen störte es denn, wenn er
dieses herrliche Weib heute Nacht in seinen Armen hielt? Am nächsten Tag würden
sie schon weiterziehen, und immerhin signalisierte ihm die Schöne ihre
Bereitschaft. Er brauchte also keine Gewissensbisse zu haben. Auch jetzt entzog
sie sich ihm nicht, sondern erwiderte den Druck seiner Hand. Ihre Finger waren
fest und warm. Er wurde mutiger, schob sein Knie vor, bis es zwischen ihren
geöffneten Schenkeln ruhte.
    »Dass Ihr den Teufel
im Leib haben sollt, das glaub ich gern. Ihr habt mich mit Eurer Anmut verhext
und mich bereits um den Verstand gebracht«, hauchte er.
    Maria fühlte, wie
ihre Schenkel heiß und kalt wurden. Einen Moment lang spürte sie Davids Kuss
auf ihren Lippen, und Andreas’ Liebesoffenbarung klang in ihren Ohren nach. Sie
sah Christoph Stockmeyer, wie er für sie durch das Feuer sprang. Seitdem sie die
Hoffnung auf einen Gatten aus Lemgo aufgegeben hatte, verlangte ihr Körper
immer dringender nach einem Mann. Hermann konnte ihr nur Gott gesandt haben,
denn wie sonst konnte es geschehen, dass allein seine Berührung ein solches
Feuer in ihr entfachte, ein Feuer, das sie schier willenlos machte? Allein
seine Augen versprachen ungeahnte Wonnen und schlugen sie in ihren Bann, bis
sie verwirrt auf den Vater blickte, der unbemerkt hinter den Chirurgus getreten
war.
    Mit einem einzigen
Blick hatte Cordt die Situation erfasst. Er stellte Hermann den Krug Wein unter
die Nase, doch bevor er ihn zum Trinken aufforderte, gab er Maria ein Zeichen
zu verschwinden.
    »Chirurgus, probier
diesen edlen Tropfen, er wird dir sicher munden. Er stammt von Ludeke
Rampendahl, meinem Vater, Gott hab ihn selig.«
    Als Hermann zögerte,
grinste er und frohlockte insgeheim: »Du wirst meiner Tochter erst beiwohnen,
wenn ich dein Eheversprechen habe, dafür werde ich sorgen.« Er goss ihm den
roten Wein in einen reich verzierten Messingkelch. »Und jetzt sauf, Hermann«,
ermunterte er ihn. »Maria richtet derweil das Lager in der Kammer.« Wachsam
verfolgte er jeden Schluck, den der Chirurgus schlürfte. Als Hermann den Kelch
bis auf den Grund geleert hatte, nickte Cordt seiner Frau zu. Das Pulver, welches
Catharina in den Wein gegeben hatte, entfaltete prompt seine Wirkung.
    Hermann leckte sich
die Lippen. »Wirklich ein guter Tropfen!«, lallte er und blickte Cordt im
gleichen Moment verständnislos an. Um ihn herum schien sich plötzlich alles zu
drehen. Verwirrt versuchte er aufzuspringen, doch seine Glieder gehorchten ihm
nicht mehr, und im nächsten Moment sackte ihm der Kopf auf die Brust. Innerhalb
kürzester Zeit schnarchte er ebenso friedlich wie sein Bruder Anton.
    »Geh, Margaretha«,
forderte Cordt die jüngere Tochter auf, »und gib den Knechten Bescheid, dass
sie die Fremden in die obere Kammer ins Hinterhaus bringen.«
    »Was habt Ihr vor,
Vater?«, fragte Margaretha leicht verwirrt.
    »Nichts, was euch
beiden zum Schaden gereicht. Ich will nur euer Bestes.«
    »Ihr wollt uns mit
den Fremden verkuppeln?« Nachdenklich räumte sie das Geschirr vom Tisch.
    »Nur die Maria. Du,
mein Kind, hast noch Zeit. Der Anton ist ein stattlicher Bursche, und ich habe
gesehen, dass er dir gefällt. Einer späteren Verbindung mit ihm steht nichts im
Wege, aber lass die Liebe erst wachsen. Lediglich Maria muss unter die Haube,
sonst bekommst du weder Anton noch einen anderen Ehemann. Du weißt, wie deine
Mutter darüber denkt.«
    Er hatte ihr einen
Teil des Geschirrs abgenommen und folgte ihr polternd. Auf dem Boden lagen
betrunkene Zecher. Vorsichtig stiegen Vater und Tochter über Füße,
Kleidungsstücke, Waffen und Spucknäpfe. Zusammengerollt und laut schnarchend
lagen die Trunkenbolde neben den Bänken, während andere am Tisch ihren Rausch
ausschliefen.
    Sorgsam bettete
Maria das Federbett über Hermanns Körper und entfernte die angewärmte
Kupferpfanne unter seinen Füßen. Margaretha legte einen letzten Scheit Holz auf
das Feuer im Wandkamin, das gemütlich vor sich hin prasselte.
    Cordt beobachtete
seine beiden Töchter von der Tür aus. Er wollte in dieser Nacht in der Kammer
nebenan auf einer Bank ruhen, hatte alles genauestens durchdacht. Am Morgen
würde er die Kammer betreten und seine Tochter Maria neben Hermann im Bett
vorfinden. Durch den vorzeitigen Liebeshändel wäre die Ehre und Keuschheit
seiner Tochter in Frage gestellt, und der arme Wanderchirurgus Hermann
Hermessen würde sich

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