Der Henker will leben Kommissar Morry
selbst wenn ein solcher Mann existieren sollte, gibt es für Deila keinen Grund, einfach mit ihm zu verschwinden. Sie ist mündig, sie kann tun, was sie will... weshalb also bei Nacht und Nebel untertauchen? Das wäre doch absurd! Von Deilas Wirtin hat Norma erfahren, daß Deila nichts mitgenommen hat... keine Kleider, keinen Koffer, keine Toilettenartikel. Das scheint zu beweisen, daß sie tatsächlich von der Party nicht nach Hause gekommen ist.“
„Und warum", erkundigte sich der Inspektor vorsichtig, „stellen ausgerechnet Sie Anzeige, Mr. Porezzi... und nicht die Wirtin, oder Norma, die Freundin?"
„Erstens einmal stelle ich keine Anzeige", korrigierte Porezzi, „und zweitens möchte ich mich nicht dem Verdacht aussetzen, etwas verschleiert zu haben."
„Wer sollte Sie verdächtigen?"
„Na Sie, die Polizei, natürlich! Man würde sich bei einem Nichtwiederauftauchen von Deila Glyne doch bestimmt fragen, ob in diesem Haus nicht etwas geschehen sein kann, das Deila Glynes Verschwinden erklärt! Um dem vorzubeugen, habe ich Croft gebeten, mir einen fähigen Beamten zu schicken, der sich des mysteriösen Falles annimmt."
Claremont zog ein Notizbuch und einen Bleistift aus der Tasche. „Bitte nennen Sie mir die Namen der Leute, die an jenem Abend bei Ihnen zu Gast waren.“
„Außer Ferrick und mir, sowie Deila und Norma, waren da: Esther Daffold, ein kluges, hübsches Mädchen, das als Sekretärin in einer Konzertagentur arbeitet, dann Arthur Heflin, der Direktor des Helios-Theaters, der von Linda Dane, seiner Freundin, begleitet wurde, sowie John Stilton, der Baseballspieler, der Jane Havock mitgebracht hatte."
„Hm", machte Claremont, der die Namen notierte, „zum Teil recht prominente Leute."
„Oh, wirklich prominent sind eigentlich nur Stilton und Heflin. Die anderen, besonders die Mädchen, spielen gesellschaftlich keine Rolle. Aber sie sind ausnahmslos jung und hübsch, und es macht Spaß, sie um sich zu haben."
„Alle Mitglieder der Gesellschaft blieben bis zuletzt?"
„Nein. Heflin und Linda gingen früher weg. Ich glaube, Heflin war der Alkohol nicht bekommen. Er entschuldigte sich ziemlich früh — gegen zwölf Uhr — und verschwand mit Linda. Ich rief ihn eine Stunde später zu Hause an und erfuhr, daß er sich ins Bett gelegt hatte."
„Zu dem Zeitpunkt, als Deila das letzte Mal gesehen wurde, waren außer Ihnen und dem Mädchen also nur fünf Leute im Haus?"
„Stimmt genau. Ferrick, Stilton, Esther Daffold, Norma Brixon und Jane Havock."
„Welches der Mädchen kannte Deila Glyne näher?"
„Nur Norma Brixon, soviel ich weiß."
„Wie erklärt es sich, daß die Party aus so vielen Mädchen bestand?"
Porezzi lächelte. „Das war natürlich ein purer Zufall... aber ein Zufall, der mich gewiß dazu bestimmte, die Einladung auszusprechen. Die Mädchen sind ungewöhnlich attraktiv... wenngleich keine so hübsch und anziehend ist wie Deila Glyne."
„Versuchen Sie sich bitte daran zu erinnern, was Delly Glyne tat, und wo sie stand oder saß, als Sie sie zum letztenmal erblickten."
„Darüber habe ich bereits nachgedacht", erklärte Porezzi. „Ich schaute ihr hinterher, als sie auf die Terrasse trat, um frische Luft zu schöpfen... es war ein schöner Anblick, Inspektor, denn Deila Glyne besitzt eine prachtvolle Figur, und sie versteht es wie sehr wenige Frauen, sich zu bewegen."
„Waren zu diesem Zeitpunkt alle noch verbliebenen Gäste hier im Zimmer?"
„Ja", erwiderte Porezzi. „Alle waren hier... ausgenommen Heflin und Linda, die die Party bereits verlassen hatten. Ich rief Heflin gegen ein Uhr an. Linda meldete sich und erklärte mir, daß Heflin bereits zu Bett gegangen sei. Die beiden waren zum Zeitpunkt von Deilas Verschwinden demnach mit Sicherheit eine Stunde von hier entfernt."
„Sie haben nur mit Linda Dane gesprochen?" erkundigte sich Claremont mißtrauisch.
„Keineswegs. Linda verband mich auf meinen Wunsch kurz mit Heflin. Ich wechselte ein paar Worte mit ihm, wünschte gute Besserung und hing dann auf. Von diesem Moment an bemerkte ich, daß Deila das Zimmer nicht wieder betreten hatte."
„Was unternahmen Sie?"
„Ich betrat die Terrasse. Als ich Deila dort nicht sah, durchsuchte ich den Garten. Dann ging ich in die Garderobe, um zu prüfen, ob der leichte Sommermantel, den sie bei ihrem Kommen angehabt hatte, noch da war. Er war verschwunden. Ich war enttäuscht, weil sie gegangen war, ohne sich von mir und den anderen zu verabschieden. Ich
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