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Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Roberts
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Weise? Der chinesische Königsweise sprach auf Kantonesisch zu ihr, der Sprache von Yum Yums, ihrem chinesischen Lieblingsimbissstand. «Julia? Wir sind weit gereist.»
    «Ich weiß, ich habe das Lied gehört.»
    Sein Kantonesisch konnte sie nicht verstehen, aber er sprach jetzt Englisch und rauchte eine Opiumpfeife, da spielte das keine große Rolle.
    Mit einem vornehmen Akzent – wie es klang, hatte er eine englische Privatschulerziehung hinter sich, ihr Kind würde auch auf eine Privatschule gehen – sagte der schwarze König: «Wir sind von weit her gekommen, um das Kind anzubeten.» Er hatte das Gesicht und die Stimme ihres Gynäkologen.
    «Wart ihr denn schon bei Herodes?», fragte Julia.
    «Er hat uns aufgetragen, zurückzukehren und ihm zu berichten, wo du bist. Wie sind wir so weit hergekommen?»
    «Ihr seid dem Stern gefolgt, dem Stern gefolgt, dem Stern über meinem Kopf.»
    «Herodes hat uns genau gesagt, wo du bist», erklärte der dritte Königsweise, der kein Gesicht hatte, sondern nur einen Schlitz als Mund. Er tauchte die Hand in eine Öffnung seines Gewandes und holte eine gefährlich aussehende Schlange hervor.
    «Was ist das für eine Schlange?», fragte sie ruhig.
    «Es ist eine Sandrasselotter», erklärte Schlitzgesicht.
    Er setzte sie auf Julias Bein. Sie glitt an der Innenseite ihrer Oberschenkel entlang, die Rundung des Bauchs hinauf und zwischen ihre Brüste.
    «Und überm Haus, wo’s Kindlein war, stand still der Stern so wunderbar …», drang Babys Stimme heran, und die Schlange verharrte und lag vollkommen still da.
    «Wir bringen dir Gaben dar», sagte die Schlange, nur mit Phillips Stimme.
    «Gold, Weihrauch und Myrrhe. Lass uns das Kindlein sehen, Mutter, damit wir Herodes sagen können, er soll ebenfalls kommen und es anbeten.»
    «Besser nicht.» Julia war plötzlich übel, die Augen der Schlange vergossen eine unsichtbare Substanz, die sich unter Julias Augenlidern wie warmer Himmel anfühlte.
    «Wo bin ich?»
    «In einem Isolationstank im Palast des Königs Herodes.»
    Sie streckte die Hand aus, um den Kopf der Sandrasselotter zu berühren, und dieser explodierte und zerstob zu Tausenden Punkten grünen Lichts.
    Die Könige wichen in die Dunkelheit hinter die schimmernden Lichtmuster zurück.
    «Lasst uns Herodes holen, damit auch er das Kind anbeten kann.»
    In der Enge hob sie die Fäuste zum Deckel, hämmerte dagegen und schrie diesen grausamen und ungläubigen Königen, die inzwischen ins Stockdunkle verschwunden waren, mit schriller Stimme nach:
    «Kommt zurück! Holt uns doch! Nehmt uns mit! Helft uns bitte!»

[zur Inhaltsübersicht]
    9
    Chief Superintendent Baxter hatte gerahmte Familienfotos auf seinem Schreibtisch stehen: seine Frau mit drei Kindern, alle picobello und ordentlich um Daddy herum aufgestellt. Rosen setzte sich Baxter gegenüber, reckte den Hals und stellte fest, dass die Bilder sich im Laufe der Zeit ganz allmählich gedreht hatten, sodass sie inzwischen mehr in den Raum hineinzeigten als zum Schreibtischinhaber. Wie Rosen bemerkte, gab es keinen fotografischen Verweis auf die Polizistin aus Islington, die Baxter nun schon seit mehr als zwei Jahren vögelte.
    «Möchten Sie gerne mit mir über den heutigen Tag sprechen?»
    Nicht unbedingt.
    Der Kopf zurückgelegt, der Stift spitz ausgestreckt, der Körper eine einzige gerade Linie. Rosen hatte lange angestrengt versucht, etwas zu finden, was er an Baxter mögen konnte, aber selbst seine Schuhe waren indiskutabel.
    «Welchen Teil des heutigen Tags meinen Sie?»
    «Was denken Sie wohl, welchen Teil?»
    «Früh am Morgen, Brantwood Road.»
    «Ja, das ist richtig», sagte Baxter.
    «Gibt es irgendein Problem?»
    «Sagen Sie mir das, David.»
    «Abgesehen von dem auf der Hand liegenden Problem, dass eine Mutter und ihr Kind entführt wurden und ein Mörder immer noch frei herumläuft …»
    «Es gibt ein Problem.»
    «Reden Sie weiter, Tom.» Rosen lächelte kurz und falsch.
    Baxter hob die Hand. Sie war zu einer Faust geballt, der Daumen war ausgestreckt. Es sah so aus, als wollte er gleich mit Hilfe seiner Finger zu zählen anfangen. Ein Problem? Probleme.
    «Erstens sind Sie an einem Tatort über den Zaun geklettert, um in den Garten von Nr. 24 zu gelangen. War dieses Gebiet vorher von den Kriminaltechnikern untersucht worden? Antworten Sie nicht. Das ist angesichts des zeitlichen Rahmens unmöglich, und das heißt, David, dass Sie beim ersten Angriff eine potenzielle Fülle von Informationen

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