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Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Roberts
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am anderen Ende der Leitung abgenommen, und Rosen hörte: «Hallo.»
    Die leise, weit entfernte Stimme gehörte Bruder Aidan.
    «Hier spricht Father Luke Frazer vom Sitz des Erzbischofs. Ich bin jetzt beschäftigt. Ich rufe Sie später nochmals an. Halten Sie Ihre Leitung frei.»
    Er legte ein wenig zu heftig auf.
    «Der Erzbischof kommt in zwei Tagen zurück. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Exzellenz über alle Entwicklungen auf dem Laufenden halten würden und wenn Sie mich bis dahin informieren würden, falls Sie Father Flint in Ihre Ermittlungen einbeziehen.»
    «Natürlich.»
    «In der katholischen Kirche, Detective Rosen, gehören wir alle zum Leib Christi auf Erden. Was einem von uns widerfährt, wirkt auf uns alle zurück, verstehen Sie?»
    «Natürlich. Keiner hat es gern, wenn die Polizei auftaucht.»
    «Dieser Kenianer?», fragte Father Frazer.
    «Darüber kann ich nichts sagen. Es handelt sich um eine laufende Ermittlung.»
    Rosen stand auf und schüttelte Father Frazer die Hand. Er spürte einen Schweißfilm auf der Handfläche des Mannes.
    Als er das Gebäude verließ, hatte Rosen das eindeutige Gefühl, gerade über ein abscheuliches, tief verborgenes Geheimnis gestolpert zu sein.

[zur Inhaltsübersicht]
    23
    Rosen marschierte eilig vom Sitz des Erzbischofs den gleichen Weg zurück zur Westminster Bridge. Er blieb vor der Fußgängerampel an der Ecke Morley Street stehen und wartete auf das grüne Männchen.
    «Detective Chief Inspector Rosen?» Eine Stimme hinter ihm, die Rosen sofort erkannte. Es war die androgyne Stimme, die das Gespräch angenommen hatte, als er zum ersten Mal am Sitz des Erzbischofs angerufen hatte. Er drehte sich um und erblickte eine maskulin wirkende Frau Ende fünfzig. Er wandte sich wieder dem Verkehr zu.
    «Ja?»
    «Haben Sie etwas Zeit übrig?»
    «Ja. Gibt es etwas, was Sie mir gerne mitteilen wollen?», fragte Rosen.
    «Laden Sie mich auf einen Drink ein, und ich informiere Sie über Father Sebastian Flint.»

    Im Dragon, einem kleinen Pub in der Nähe der St Georges Road, bestellte Rosen für Alice Stanley ein großes Glas Rotwein und für sich selbst ein sprudelndes Mineralwasser. Er setzte sich ihr an einem kleinen, wackeligen Tisch gegenüber.
    «Wie lange arbeiten Sie schon für die Diözese, Alice?»
    «Dreißig Jahre, als Sekretärin, Empfangsdame und Mädchen für alles.»
    Dreißig Jahre. Lange genug, um unendliche Loyalität oder tiefsten Groll zu entwickeln.
    «Warum wollen Sie mir von Father Flint erzählen, Alice?», bohrte Rosen.
    «Weil Father Frazer sich in keiner Position befindet, in der er mit der Wahrheit wirklich … freigebig sein könnte, und wenn es eine Polizeiangelegenheit ist, muss es etwas Ernstes sein. Es ist das Mindeste, was ich mit dem Wissen tun kann, das ich besitze.»
    In Rosens Augen stieg ihre Glaubwürdigkeit gleich um vier Stufen auf einmal.
    «Lassen Sie mich raten, was Father Frazer Ihnen über Flint erzählt hat.»
    Sie wiederholte Frazers kurzen Bericht beinahe wörtlich.
    «Sind Sie bereit, Mr. Rosen?»
    «Ich höre zu.»
    «Father Frazer hat Ihnen bereits mitgeteilt, dass Flint so eine Art Superstudent war. Den Vatikan hat er nicht erwähnt, oder? Von Cambridge ging Flint ans Priesterseminar im Vatikan, wo er der beste Student war, was zeigt, wie brillant er war. Er empfing die Priesterweihe, verbrachte sechs Wochen in einer ganz normalen Gemeinde, um dort eine ein wenig oberflächliche Arbeitserfahrung zu sammeln, und kehrte dann in den Vatikan zurück. Damals war er sechsundzwanzig oder siebenundzwanzig Jahre alt und zu Großem berufen. Aber nach zwölf Monaten in den Korridoren der Macht stellte er ein Gesuch für den Missionarsdienst in Ostafrika. Ein Gesuch also, um von ganz oben nach ganz unten versetzt zu werden. Es wurde nicht gut aufgenommen.» Alice nippte an ihrem Wein.
    «Ich hätte gedacht, das kennzeichnet ihn als wahren Priester», meinte Rosen.
    «Ein wahrer Priester, ja, aber keiner, der den Interessen der Kirche besonders gut dient. Um eine Analogie aus dem Sport heranzuziehen: Es war, als bäte ein Erstliga-Star um den Wechsel in eine Feierabendmannschaft. Also übten alle möglichen Leute allen möglichen Druck auf Flint aus, damit er sein Gesuch zurückzog, aber er ließ sich nicht umstimmen, und dann hatte er einen Termin beim Heiligen Vater. Unter vier Augen. Das Gespräch sollte zehn Minuten dauern, aber es zog sich über eine Stunde hin, und als Flint herauskam, sagte der Heilige Vater:

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