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Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Roberts
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angeschaut hatte, wann immer er sich ablenken wollte. Er besaß die Kassette nun schon seit Jahren, und obgleich er nicht mitzählte, wusste er doch, dass er sie schon mindestens zweihundert Mal von Anfang bis Ende angesehen haben musste.
    Für mein Kind erzählte einen Tag im Leben von Laura Ashe, einer alleinerziehenden Mutter aus Glasgow, und ihrer Tochter Dannie, einer doppelseitig gelähmten Achtjährigen mit schweren und vielfältigen Lernschwierigkeiten. Dannie, deren unabhängige Lebensäußerungen sich darauf beschränkten, zu blinzeln, zu schlucken, ihre Windeln zu füllen und – manchmal – zu lächeln, wenn ihre Mutter sang, munterte den Herodes-Killer auf.
    Um Dannie zu baden, benutzte Laura einen Patientenlifter von Faaborg, einem dankenswerten Wunder norwegischer Ingenieurskunst. Der Faaborglifter war sicher und stabil. Er war ideal für Pflegende, die zu alt, zu jung oder zu krank waren, um schwere Geräte oder die Last menschlicher Körper zu heben. Diese Arbeit nahm der Lifter ihnen ab.
    Der Dokumentarfilm war ein geschmackvolles Werk, es gab darin keine Nacktaufnahmen. Der Patientenlifter funktionierte ganz ähnlich wie der Greifarm bei einem dieser Schnapp-dir-einen-Preis-Spielen auf dem Rummelplatz. Wenn der Arm des Lifters nach unten gefahren war, breitete Laura das Tragetuch, das mit vier Klammern an dem Arm befestigt war, unter Dannies Körper aus. Mit Hilfe des Lifters konnte Dannie von ihrer an Ischias leidenden Mutter vom Rollstuhl ins Bad und von dort ins Pflegebett gehoben werden.
    Als ihm der Wille Satans enthüllt wurde, war sein erster Schritt auf dem Pfad des Glaubens, sich einen Patientenlifter von Faaborg zu bestellen, genau wie der, den Dannies selbstverleugnende Mutter benutzt hatte.
    Bei einem Auslandsgespräch mit Faaborg-Medizintechnik in Oslo nannte er seine Mastercard-Nummer und wurde zum Zwecke der Marktforschung gefragt: «Brauchen Sie den Lifter für eine ältere Verwandte? Ihre Mutter vielleicht?»
    Er rollte den Lifter längsseits neben den Isolationstank und klappte die Verschlüsse an der Deckelseite auf. Er fragte sich, ob die dadurch erzeugte Vibration die Tragende im Tank aufschrecken würde.
    Auf das Tragetuch hatte er eine Einwegspritze gelegt, deren Injektionskammer mit Rohypnol gefüllt war. Seine Absicherung gegen nutzlosen, aber ermüdenden Widerstand.
    Er wartete einen Moment, um zu sehen, ob es zu einem sinnlosen, erschöpften Versuch kommen würde, den Deckel des Tanks anzuheben, aber es rührte sich nichts, absolut gar nichts, und für einen Augenblick überfiel ihn blinde Panik: Die Tragende ist tot, die Seele des Babys ist weg.
    Rasch klappte er den Deckel auf, und etwas brach ab.
    Einer der Verschlüsse war nicht ganz offen gewesen. Es war, als hallte sein Zerbrechen im Raum wider. Der untere Teil des Verschlusses wölbte sich, und ein Stück des Schnäppers flog weg und landete mit einem Klirren auf dem Boden.
    Er hob den Deckel an und blickte auf sie hinunter.
    Eine Hand lag auf ihrem runden Bauch, und die andere streckte sie aus. Wozu, fragte er sich. Die Finger ihrer ausgestreckten Hand ballten sich in der Stille, und ihr Mund öffnete sich, doch kein Laut kam heraus.
    Ihre Lippen bewegten sich weiter, aber die tastend ausgestreckte Hand sank in die Salzlösung zurück. Sie war weit von der Welt entfernt, von dem Wissen, wo sie sich befand und was geschah, noch weiter als die anderen, und so fragte er sich, ob das Sprachzentrum ihres Gehirns bereits teilweise verfallen und sie allmählich nur noch eine lebende Tote war.
    Jedes Mal wurde er besser darin, immer weniger Sauerstoff in den Tank einzuleiten, sodass der Körper zwar weiterlebte, der Geist aber zugrunde ging.
    Sie brauchte nicht alle Funktionen ihres Gehirns, um die Seele des Lebens in ihrem Bauch zu erhalten. Sobald sie tot war, hatte er mehrere Minuten, um das Kind herauszuschneiden, Minuten, in denen die bewahrte Seele – die von der Erbsünde noch unberührt war – im Fleisch des Babys schwamm.
    Der Herodes-Killer nahm die Schlaufen des Tragetuchs aus den Halterungen und schob das Tuch unter Julias Körper.
    «Bh-rhh!» Es war nur ein geistiger Nieser ihres zerstörten Gehirns, aber sie war die Erste, die etwas äußerte, ob nun bewusst oder nicht. Die Schwangerschaft war bei ihr weiter fortgeschritten als bei den anderen, und es war schwierig, das Tuch unter ihren dicken Bauch zu manövrieren.
    Er hakte die Schlaufen des Tragetuchs am Arm des Lifters ein.
    Unter ihrer Haut bewegte

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