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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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geben.
    »Lebt wohl«, wünschte ich Garet oder der ganzen Karawane, das wusste ich nicht genau. Vielleicht auch meiner eigenen Kindheit.
    »Leb wohl«, erwiderte Garet. »Wir werden uns unter diesem Hi m mel nicht Wiedersehen.«
    Meine Flügel schmerzten, als ich in den Himmel hinaufstieg – den blauen Himmel mit der puscheligen orangefarbenen Sonne. Die Flügel schrien nach einer Pause, aber ich musste jetzt einfach in Bewegung bleiben.
    Zum Glück stellten weder Len noch Shoky eine Frage. Wir flogen weiter, weg über die nackten Berge, über kleine Flüsse und die Türme der Freiflieger, die sich in Trümmerhaufen verwandelt hatten, über die Städte der Flügelträger, durch deren Straßen eine bunte Mensche n menge zog, weil alle Leute aus ihren Häusern strömten.
    Über Lens Stadt war der Himmel allerdings leer, in den Straßen en t deckte ich nur ganz kleine Kinder. Hier waren fast alle in den Krieg gezogen.
    »Ich fliege zum Platz«, informierte Shoky mich, als wir tiefer gi n gen. »Wir müssen allen Bescheid sagen … «
    »Ich fliege da nicht hin, tut mir leid.« Ich sah Shoky herausfordernd an – er akzeptierte meine Entscheidung jedoch. Fast körperlich spürte ich den Schmerz in Shokys Flügeln, als er da so in der Luft schwebte.
    »Das war mein letzter Ausflug, Danka«, sagte Shoky seltsam feie r lich. »Ich bin zu schwer, ich werde nicht mehr fliegen können. Aber ich bin froh, dass wir diesen Kampf gemeinsam durchgestanden h a ben … Schade, dass ich es nicht war, der dich gefunden hat.«
    Was sollte ich ihm darauf antworten?
    Shoky streckte mir die Hand hin, was sehr schwer ist, wenn du auf der Stelle flatterst, und berührte meine Schulter.
    »Die Frau des Händlers hat gesagt, ihr würdet euch unter diesem Himmel nicht Wiedersehen. Auch wir werden uns nie Wiedersehen. Das fühle ich. Vielen Dank, dass wir den Himmel sehen können. Leb wohl.«
    Er legte die Flügel an und schoss im Sturzflug nach unten. Erst knapp über den Boden bremste er ab.
    »Was ist mit ihm?«, krächzte Len.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Fliegen wir nach Hause, Len.«
    Wir landeten auf unserem Turm und gingen über die Wendeltreppe runter ins Haus. Als Erstes zog ich den Flügeloverall aus, warf ihn aufs Bett, ließ mir Badewasser ein, blieb zwanzig Minuten in der Wanne und wusch mir den süßen Brandgeruch und den staubfeinen Sand ab. Danach duschte ich mich eine gute Minute mit eisigem Wa s ser und schrubbte mich mit dem Handtuch trocken, bis es schmerzte.
    Jetzt war mein Kopf wieder klar, sogar meine Laune hatte sich g e bessert. Die Müdigkeit war jedoch nicht verflogen, sie hatte sich bloß tief in mein Inneres verkrochen. Ich zog mir Shorts an und ging rüber in mein Zimmer.
    In meinem Bett schlief Len. Den Flügeloverall hatte er noch immer an, und die schwarze Membran der Flügel zitterte leicht, als reagiere sie auf seine Träume. Vermutlich hatte Len auf mich gewartet, um mit mir zu reden, doch dann hatte ihn die Müdigkeit überwältigt.
    Ich legte mich neben ihn, verschränkte die Arme unterm Kopf und starrte stumpf an die Decke. Ich glaubte, nicht einschlafen zu können, denn der Turm des Herrn der Finsternis, der Wahre Feind, der tote Len und der Sonnenkater beschäftigten mich noch viel zu sehr. Aber Len atmete im Schlaf absolut gleichmäßig, außerdem fiel ein schmaler Lichtstrahl durch die nur halb vorgezogene Gardine herein und stre i chelte mit seiner Wärme meine Hand.
    Da schlief ich dann doch ein.
    Ich wachte so ruckartig auf, als hätte mich jemand angestoßen. Mein ganzer Körper tat weh, wahrscheinlich hatte ich dermaßen tief g e schlafen, dass ich mich nicht ein einziges Mal gerührt hatte. Len hatte sich auf die Seite gedreht, sein Gesicht bohrte sich in meine Schulter.
    Vorsichtig, um meinen Junior nicht zu wecken, stand ich auf, ging rüber zum Fenster und zog die Gardinen ganz zurück. Wie schön, dass Lens Haus fast am Stadtrand lag. Die Sonne ging gerade am Horizont unter, nur der obere Rand lugte noch funkelnd über den Bergen he r vor. Kein einziges Haus nahm mir die Sicht auf die Sonne, und we i ches Abendlicht strömte ins Zimmer.
    »Gibt es nachts Sterne?«, fragte Len verschlafen, während er sich im Bett aufsetzte.
    Ich hatte nicht bedacht, dass man die Flügelträger wohl leichter mit Licht weckt als mit einem Knuff in die Seite oder einem Eimer kaltem Wasser.
    »Mit absoluter Sicherheit«, verkündete ich.
    Len kam zu mir ans Fenster, eine Weile standen wir Hand in Hand

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