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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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passiert?«, fragte ich.
    »Reata wäre beinahe entführt worden!«, schimpfte der Händler.
    Ich ging sofort zum Gegenangriff über: »Aber sie ist nicht entführt worden! Also können Sie uns nichts vorwerfen!«
    Der Händler erwiderte kein Wort, seine Tochter schniefte bloß. In dem Moment fiel bei mir der Groschen.
    »Wo ist Len?«, zischte ich, auf einmal starr vor Wut.
    »Erzähl ’ s ihm!«, verlangte der Händler von seiner Tochter, indem er ihr auf die Schulter klopfte. Er behielt mich fest im Auge und fuhr fort: »Es tut mir sehr leid, das kannst du mir glauben. Ich weiß, was es heißt, einen Freund zu haben, vor allem für euch Flügelträger.«
    Schweigend sah ich Reata an.
    »Wir haben uns ganz ruhig verhalten«, brummte diese, ohne aufz u sehen, »und Len hat mich die ganze Zeit genervt, dass ich vorsichtig sein soll. Ich war so wütend auf ihn und bin weggelaufen … «
    »Wo ist er, du blöde Kuh?«, brüllte ich.
    »Die Freiflieger haben ihn mitgenommen, Danka«, sagte das Mä d chen. Seufzend gestand sie mit einem merkwürdigen Stolz: »Er hat mich wirklich tapfer verteidigt.«
    »Woher weißt du, wie ich heiße?«, wollte ich wissen.
    »Er hat deinen Namen gerufen, als sie ihn weggeschleppt haben«, antwortete Reata. Und mit einem weiteren Seufzer fuhr sie fort: »Ich hätte mich nicht von der Karawane entfernen dürfen … «
    Ich spürte, wie alles in mir drin gefror. Ich legte eine Hand auf mein Schwert und baute mich vor dem Mädchen auf. Was das eigentlich sollte, wusste ich selbst nicht.
    »Nimm dich in Acht, Flügelträger«, warnte mich der Händler leise. »Mach jetzt keinen Fehler.«
    Ich starrte ihn an. In dem Moment leuchtete zwischen uns ein ble n dender Fleck auf. Der Sonnenkater war auf einen Felsbrocken vor mir gesprungen.
    »Er hat recht«, ermahnte er mich. »Mach jetzt keinen Fehler.«
    Reata schrie auf und der Händler wich einen Schritt zurück. Selbst wenn ihnen der Kater schon vorher aufgefallen sein sollte, dann hatte er da bestimmt nicht geleuchtet oder gesprochen. Aber die beiden i n teressierten mich gerade überhaupt nicht.
    »Du wagst es noch, mir gute Ratschläge zu geben?«, fuhr ich den Kater an. »Wo hast du eigentlich gesteckt? Warum hast du Len im Stich gelassen?«
    Der Kater fuhr sich mit der Pfote über die Schnauze und nickte. »Ich akzeptiere den Vorwurf. Ja, es ist meine Schuld. Also bestrafe mich – und nicht dieses dumme Mädchen. Vor allem da ihr Vater dir wohl kaum gestatten würde, handgreiflich zu werden.«
    Ich setzte mich auf einen Felsblock und fing an zu weinen. Da mich das Tuch störte, nahm ich es einfach ab und warf es auf den morast i gen Boden. Nie wieder würde ich mich vor jemandem verstecken! Nie wieder! Ich hasste sie alle, sowohl die Freiflieger als auch die Flüge l träger und die Händler!
    Außerdem begriff ich überhaupt erst jetzt, dass ich einen Freund ha t te. Einen Wahren Freund, denn wir hatten gemeinsam unser Leben riskiert … Wir waren wie Brüder, denn Brüder können sich auch stre i ten und prügeln, aber sie werden sich immer lieben.
    Und jetzt hatte ich keinen Freund mehr.
    »Mein Junge … « Der Händler strich mir mit der Hand über den Kopf, den ich nicht mal wegzog – so traurig war ich. »Weine nicht. Ich weiß, was du durchmachst.«
    »Was können wir bloß tun?«, fragte ich.
    »Sie werden kommen, um ihre Waren gegen meine einzutauschen«, erklärte der Händler zuversichtlich. »Ich werde versuchen, deinen Freund freizukaufen.«
    Ich hörte auf zu weinen. Kaum winkte diese Hoffnung, wollte ich sofort etwas unternehmen. »Haben sie ihn denn nicht umgebracht?«, fragte ich leise.
    »Nein«, antwortete der Händler nach kurzem Zögern. »Weißt du e t wa nicht, was die Freiflieger mit Len vorhaben?«
    »Nein … «
    »Sie machen einen Freiflieger aus ihm.«
    Sämtliche Alarmglocken schrillten. Mein Traum fiel mir wieder ein, von Len, der mit dem Schwert auf mich zukam. Ich stellte mir vor, wie die Finsternis ihn einhüllte und seine Augen sich in schwarze Schluchten verwandelten. Mir wurde angst und bange.
    »Kater … «, hauchte ich.
    »Was denn, Danka?«
    »Stimmt das wirklich?«
    »Ja, der Händler hat recht«, sagte der Sonnenkater brummig.
    »Und wenn wir ihn befreien?«, fragte ich. »Das könnten wir doch bestimmt schaffen, oder?«
    »Sie besitzen die Schwerter der Finsternis«, erklärte der Kater mit sehr leiser Stimme. »Mit einem solchen Schwert kann man das Wahre Licht problemlos löschen. Und ich

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