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Der Herr der Finsternis

Der Herr der Finsternis

Titel: Der Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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du hast uns Gesellschaft geleistet!«, sagte ich verblüfft.
    »Du staunst?«, erwiderte der Kater mürrisch, nachdem er auf den Boden gesprungen war. »Ich habe auch gestaunt – als jemand ohne mein Einverständnis in die Luft stieg und mich dabei immer noch im Overall trug. Mir blieb nichts anderes übrig, als euch zu begleiten, mich an der Landschaft zu ergötzen, an den sumpfigen Düften und eurem rasanten Rückflug.«
    »Tut mir leid«, murmelte Len verlegen. »Aber was sollen wir denn jetzt machen?«
    »Genau das, was der Händler euch befohlen hat. Schließlich steht ihr in seinen Diensten. Und mir gönnt unterdessen das Vergnügen, mich ein wenig aus eigener Kraft zu bewegen.«
    Der Sonnenkater schlängelte sich zwischen den gemütlich trottenden Tieren hindurch und verschwand in die Berge. Doch wie sehr er sich auch anstrengen mochte, sein Fell leuchtete immer noch ein wenig. Nur gut, dass im Moment alle beschäftigt waren.
    »Gehen wir, Junior«, sagte ich. »Kümmern wir uns um den Schutz von Frauen und Kindern!«
    »Du hast gut reden«, zischte Len. »Diese … Händlertusse … die wird dich nicht mal anschauen! Aber die Tochter wird mir schon nach fünf Minuten zum Hals raushängen.«
    Doch da sollte Len sich irren. Keine Ahnung, wie schnell er von dem Mädchen die Nase voll hatte, aber mir raubte die Frau des Hän d lers in kürzester Zeit den letzten Nerv.
    Als ich zu ihr kam, legte sie gerade ihre Waffen an. Aus einem Be u tel hatte sie ein kurzes, breites Schwert ohne Scheide gezogen, das sie an einer Schlaufe ihres Gürtels befestigte. Anschließend betrachtete sie nachdenklich zwei Dolche. Offenbar wog sie ab, welches der be s sere sei.
    »Ich werde für Ihren Schutz sorgen«, erklärte ich ihr, wobei ich selbst merkte, wie dämlich meine Worte klangen.
    Die Händlerin sah mich an, knüpfte beide Dolche an ihren Gürtel und antwortete: »Wenn du meinst.«
    Wie ein absoluter Vollidiot trottete ich hinter ihr her. Nach ein paar Schritten drehte sich die Frau noch mal zu mir um. »Wie alt bist du, mein Junge?«, fragte sie.
    »Dreizehn.«
    »Da musst du ja schon eine ungeheure Kampferfahrung haben, o der?«
    »Nein, noch nicht so viel.«
    »Gibt es denn nicht etwas, das du lieber machen möchtest als käm p fen?«
    »Ja, den Befehl verweigern!«, stieß ich hervor.
    »Oho!« Die Händlerin brach in Gelächter aus. »Du bist nicht ohne, junger Mann. Hat Reata auch so einen Beschützer?«
    »Was?« Ich begriff nicht, wovon sie redete.
    »Reata. Meine Tochter. Hat sie auch Schutz bekommen?«, wiede r holte die Frau, als spreche sie mit einem Schwachkopf.
    »Ja. Len passt auf sie auf.«
    »Kinder … «, seufzte sie mitleidig. »Dabei müsste man doch eigen t lich auf euch aufpassen … Lassen eure Mütter euch denn einfach so ziehen?«
    »Was geht Sie das an?«, giftete ich. »Spielen Sie hier nicht die große Wohltäterin! Unser Blut, das ist es doch, wovon ihr Händler dick und fett werdet! Am liebsten würde ich euch allen ins Gesicht spucken!«
    »Du armer Junge!«, sagte die Frau. »Keine Sorge, ich nehme dir das nicht übel.«
    Sie ging weiter, ich stapfte ihr nach, wobei ich auf sie, mich selbst und sogar auf Len wütend war. Es dauerte ewig, bis die Karawane die Schlucht durchquert hatte und endlich am Rand des Sumpfs haltmac h te. Freiflieger waren nirgends zu entdecken. Wir warteten.
    »Warum trägst du eine so merkwürdige Brille?«, fragte mich die Frau plötzlich. Im ersten Moment begriff ich nicht mal, dass sie das schwarze Tuch meinte, das ich mir vor die Augen gebunden hatte. Es erinnerte wirklich an die Brillen der Flügelträger, nur dass du eben nichts dadurch siehst.
    »Das ist das neueste Modell«, behauptete ich. »Das haben wir selbst entwickelt, ohne eure Hilfe.«
    »Und kann man damit gut in der Dunkelheit sehen?«
    »Ganz hervorragend! Wie können Sie eigentlich ohne Ihre schwarze Brille sehen?«
    »Ich trage Linsen«, erklärte mir die Frau. »Sie funktionieren wie e i ne Brille, werden aber direkt auf das Auge gesetzt.«
    »Ich weiß, was Kontaktlinsen sind«, erwiderte ich. Insgeheim war ich etwas enttäuscht: Mehr steckte also nicht hinter dem Sehvermögen der Händler!
    Die Frau sah mich verwundert an, sagte jedoch kein Wort. Schlie ß lich wandte sie sich dem Turm zu.
    »Offenbar kommen sie jetzt zu uns … Siehst du sie auch?«
    Das tat ich. Die verschwommenen Schatten der Freiflieger ließen sich von der Turmspitze in die Tiefe fallen, breiteten die Flügel aus und

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