Der Herr der Finsternis
Ich hatte das Schwert bekommen und das war gut. Noch besser war, dass Len mir nicht ins Labyrinth g e folgt war. Und dass ich tief in meiner Seele erwachsen und rücksicht s los war, was hieß das schon? Mein Wesen und ich, wir würden uns mit den Jahren aneinander annähern.
»Ich habe dich im Labyrinth getroffen, Len«, berichtete ich, wä h rend ich mich wusch. »Also nicht dich, sondern eine Figur, die mir vom Labyrinth vorgegaukelt wurde.«
Meine Worte brachten Len ziemlich aus der Fassung. »Was heißt das, Danka?«, fragte er, wobei er aufhörte, sich Wasser ins Gesicht zu spritzen. »Hast du etwa Angst vor mir?«
»Nicht vor dir, sondern um dich, du Blödmann«, maulte ich genervt. »Da, im Labyrinth, haben dich … also nicht wirklich dich … die Fre i flieger geschnappt. Wer denkt sich denn so einen Schwachsinn aus, dass das meine Wahre Angst sein soll?«
»Aber … du hast mich doch bestimmt gerettet?«, meinte Len klei n laut. »Und ich war gestern sauer, weil du … «
»Nein, ich hab dich nicht gerettet, denn das war ja eben nicht meine Wahre Angst«, erklärte ich. »Die sieht anders aus. Gehen wir frühst ü cken?«
»Ja«, antwortete Len gedehnt.
Wir gingen die Treppe runter. Die beiden Scheiden schlugen gegen meine Beine, eine schwere, mit dem Schwert des Tuak, und eine ganz leichte, die Scheide für das Wahre Schwert.
In der Gaststätte hatten sich heute noch mehr Gäste versammelt. Magda schwirrte nicht mehr allein zwischen den Tischen herum, so n dern zusammen mit einer unbekannten Frau. Ständig rief man die be i den und bestellte Wein.
Der Kater schwebte über einer Schüssel mit Sahne und leckte sie genüsslich aus.
»Was soll diese akrobatische Vorführung?«, flüsterte ich, während ich mich an den Tisch setzte.
»Warum denn nicht?«, erwiderte der Kater, wobei er sich mit ehrl i chem Bedauern von der immer leerer werdenden Schüssel losriss. »Mittlerweile können wir uns doch einen kleinen Spaß gönnen … Len, was ist mit dir, was machst du für eine düstere Miene?«
Len brummte etwas, während er mit der Gabel in seinem Teller he r umstocherte. Es gab gebratenen Fisch und Kartoffeln.
»Offenbar halten uns schon alle für Katzen«, sagte ich. »Die ganze Zeit kriegen wir nur Fisch. Findest du das nicht auch blöd, Len?«
Bevor Len antworten konnte, kam eine Frau zu uns. Als ich au f schaute, erkannte ich sie. Garet, die Frau des Händlers! Ich suchte die anderen Tische ab, konnte Gabor jedoch nicht entdecken. Dafür saß ihre rotblonde Tochter fünf Meter entfernt und grinste mich an!
»Hallo, Flügelträger«, begrüßte Garet uns munter. »Darf ich mich zu euch setzen?«
»Selbstverständlich.« Prompt schob ihr Len einen Stuhl hin. Was für ein Gentleman der auf einmal sein konnte!
Garet maß uns mit einem prüfenden Blick. »Als ich von zwei Fl ü gelträgern mit einem Kater gehört habe, war mir klar, dass es sich nur um euch handeln konnte. Ihr seid ja das Tagesgespräch! Bei uns hat sich der Kater nicht so redselig gezeigt.«
»Es gab ja auch nichts, über das wir uns hätten unterhalten können«, erklärte der Kater mürrisch und sprang auf meinen Schoß. Ich stre i chelte ihn. Welche Laus war ihm denn jetzt über die Leber gelaufen?
»Reata hat euch unsere Adresse gegeben«, fuhr Garet fort, ohne im Geringsten auf den sprechenden Kater zu achten. »Ihr hättet uns doch mal besuchen können … «
»Wir waren anderweitig beschäftigt«, erklärte ich und beugte mich zum Kater runter. »Was ist denn los?«, flüsterte ich.
»Ich mag solche Leute nicht«, murmelte er. »Die … die haut einfach nichts um. Alles haben sie schon gesehen, alles kennen sie … «
Beinahe hätte ich laut losgelacht. Der Kater war eingeschnappt, weil er zum ersten Mal einem Menschen begegnet war, der sich nicht für ihn interessierte! Garet wunderte sich nicht über ihn, bestaunte ihn nicht und fürchtete ihn nicht. Und das nahm er ihr übel.
So ein eitler Fatzke!
»Ich möchte euch einen Vorschlag machen«, meinte Garet, deren Blick zwischen mir und Len hin- und herging. »Einen geschäftl i chen.«
»Hm«, antwortete ich bloß, denn ich kämpfte immer noch gegen mein Lachen an. Der Kater tat so, als schliefe er. Die anderen Gäste platzten fast vor Neugier.
»Meine Tochter und ich wollen einen kleinen Segeltörn machen. Wollt ihr uns auf unserem Boot begleiten?«
»Wozu?«
Garet schwieg einen kurzen Moment. »Erstens weil wir es beza h len«, meinte sie schließlich
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