Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Lüfte

Der Herr der Lüfte

Titel: Der Herr der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
Vom Netzwerk:
sogleich. »Selbst wir kennen nicht jeden Teil des Labyrinths, welches den Tempel des Kommenden Buddha bildet. Einige behaupten, daß einige Teile davon nicht einmal in unserer Zeit existieren…«
    »Schweigen Sie!« befahl ich, und richtete erneut meine Pistole auf ihn. »Ich werde nicht länger auf Ihre Lügen hören.«
    Wir begannen, vor Sharan King und den restlichen Priestern zurückzuweichen und hielten die Revolver bereit, während wir uns nach der Tür umsahen, durch welche wir gekommen waren. Doch alle Türen sahen gleich aus. Schließlich entschieden wir uns für eine und taumelten hindurch, worauf wir uns in fast völliger Dunkelheit befanden.
    Als wir so umhertappten und nach der Tür suchten, die uns herausgeführt hatte, fragte ich mich erneut, aus welchem Grund Sharan Kang uns unter Drogen gesetzt hatte. Doch ich werde wohl niemals erfahren, welche Pläne er genau hatte.
    Plötzlich stieß einer unserer Männer einen Schrei aus und feuerte ins Dunkel. Zuerst sah ich nur eine kahle Wand, doch dann kamen wie aus der Luft zwei Priester auf uns zugelaufen, die offensichtlich unbewaffnet - doch auch unverletzlich für die Kugeln des Mannes waren.
    »Hören Sie auf zu schießen!« keuchte ich in der Überzeugung, daß es sich um eine optische Täuschung handelte. »Folgt mir!« Ich stolperte eine Treppenflucht hinab, schob mich durch eine Plane und befand mich in einem anderen Raum, wo ebenfalls Speisen angerichtet waren - doch es war nicht der gleiche Raum, in dem wir gegessen hatten. Ich zögerte. Befand ich mich bereits in der Umklammerung des Drogenrausches? Ich durchquerte den Raum, trat einen kleinen Schemel um, als ich am Tisch vorüberkam und schlug eine Reihe seidener Vorhänge zurück, bis ich einen Ausgang entdeckte. Ich trat durch den Bogen und stieß mich böse an der Schulter, als ich im Korridor von einer Seite zur anderen taumelte. Noch ein Raum, genau wie der erste mit angerichteten Speisen. Ein anderer Ausgang und wieder eine Treppenflucht nach unten. Ein Durchgang.
    Ich weiß nicht, wie lange ich so ziellos umherschwankte, doch ich hatte den Eindruck, daß es eine Ewigkeit war. Wir verirrten uns völlig, und unser einziger Trost bestand darin, daß unsere Feinde offenbar unsere Verfolgung aufgegeben hatten. Wir befanden uns tief in einem nicht erleuchteten Teil des Tempels des Kommenden Buddhas. Hier hing nicht der Duft nach Rauchkerzen - hier war nur kalte, dumpfe Luft. Alles, was ich berührte, fühlte sich kalt an; aus dem Fels gemeißelt und mit rohen Juwelen und Edelsteinen besetzt schien jeder Zentimeter der Wände von Wasserspeiern bedeckt. Manchmal strichen meine Finger über Teile einer solchen Skulptur, und ich zuckte vor der schrecklichen Vision zurück, die diese Berührung in mir auslöste.
    Die Droge steckte immer noch in uns, doch die körperliche Anstrengung hatte ihre Wirkung gemindert. Mein Kopf wurde klarer, als ich schließlich keuchend stehenblieb und auszumachen versuchte, wo wir uns befanden.
    »Ich denke, wir befinden uns in einem nicht genutzten Teil des Tempels«, sagte ich, »und nach all den Treppen; die wir hinabgelaufen sind, vermutlich tief unter der Erde Ich frage mich, warum sie uns nicht verfolgt haben. Wenn wir hier eine Weile warten und versuchen, unbemerkt den Rückweg anzutreten, haben wir eine Chance, zu unseren Leuten zu gelangen und sie vor Sharan Kangs Betrügereien zu warnen. Irgendwelche anderen Vorschläge, Risaldar?«
    Es herrschte Stille.
    Ich spähte in die Dunkelheit. »Risaldar?«
    Keine Antwort.
    Ich langte in meine Tasche und holte eine Schachtel Streichhölzer heraus. Ich strich eines an.
    Alles, was ich sah, waren die schrecklichen Skulpturen - weit scheußlicher als jene in den oberen Teilen des Bauwerks. Sie wirkten zugleich unmenschlich und unvorstellbar alt. Ich begriff nun, warum man uns nicht gefolgt war. Mit einem Keuchen ließ ich das Streichholz fallen. Wo waren meine Leute?
    Ich wagte, nach ihnen zu rufen. »Risaldar? Jenab Shah?«
    Nur Stille.
    Ich schauderte und glaubte allmählich alles, was man mir über Sharan Kangs Macht erzählt hatte. Kopflos stolperte ich weiter, versuchte zu rennen, halb wahnsinnig vor Entsetzen, bis ich völlig erschöpft auf den tödlich kalten Boden des Tempels des Kommenden Buddha niederfiel.
    Ich mag wohl für eine kurze Zeit die Besinnung verloren haben, aber das nächste, an das ich mich erinnern kann, war ein ganz eigentümliches Geräusch - unverkennbar ein entferntes, gackerndes

Weitere Kostenlose Bücher