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Der Herr der Lüfte

Der Herr der Lüfte

Titel: Der Herr der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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sorgen, daß die Städte sich nicht wieder in die Slums verwandeln, die sie einmal waren. Jeder zieht daraus seinen Nutzen.«
    »Es ist ein Sklavenhaltersystem«, sprach der adelige Anarchist. »Es ist ungerecht. Es führt zu weiteren Befreiungsbewegungen. Sie stützen Tyrannen, mein Freund, wenn Sie ein solches System unterstützen.«
    Ich lächelte und schüttelte den Kopf. »Fragen Sie den Inder auf der Straße nach seiner Meinung. Ich bin ganz sicher, daß er Ihnen sagen wird, wie zufrieden er ist.«
    »Weil er es nicht besser weiß. Weil die Briten sich verschworen haben, ihm gerade ein klein wenig beizubringen - genug, um sein Denken zu verwirren und ihn ihre Propaganda schlucken zu lassen, mehr nicht. Es ist doch seltsam, daß ihre Bildungsaufwendungen konstant bleiben, während für andere Formen der ›Wohlfahrt‹ ständig mehr ausgegeben wird, um den Bedürfnissen zu entsprechen. So bracht man das Rückgrat derer, die man beherrscht. Sie reden selbstzufrieden von freier Unternehmerschaft, vom Mann, der auf eigenen Füßen steht, der sich aus eigener Kraft ›verbessern‹ kann - und dann sind sie entsetzt, wenn die von ihnen Kolonisierten sich gegen ihr System der Fluktuation der Arbeitskräfte auflehnen - Pah!«
    »Ich darf Sie daran erinnern, daß diese Welt im Vergleich zu der vor siebzig Jahren eine nie geahnte Stabilität besitzt. Es hat keine größeren Kriege gegeben. Fast auf der ganzen Welt blickt man auf eine hundertjährige Zeit des Friedens zurück. Ist das denn ein Verbrechen?«
    »Ja - denn Ihre Stabilität wurde auf Kosten der Würde anderer erkauft. Sie haben die Köpfe, nicht die Leiber vernichtet, und das ist meiner Meinung nach ein Verbrechen der schlimmsten Art.«
    »Genug davon!« schrie ich ungeduldig. »Sie langweilen mich, Graf von Dutschke. Sie sollten sich damit zufrieden geben, daß Sie meine Pläne vereitelt haben. Ich will nichts mehr hören! Ich halte mich für einen anständigen Menschen - einen humanen Menschen, ja, einen liberalen Menschen, aber Typen wie Sie wecken in mir den Wunsch, daß… das will ich lieber nicht sagen…« Ich versuchte mich zu beherrschen.
    »Sehen Sie!« lachte Dutschke. »Ich bin die Stimme Ihres Gewissens. Die, die Sie nicht hören wollen. Und Sie sind so fest entschlossen, sie nicht zu hören, daß Sie jeden vernichten würden, der versucht, Sie sie hören zu lassen! Sie sind ein typischer Vertreter dieser ›anständigen‹, ›humanen‹ und ›liberalen‹ Menschen, die zwei Drittel der Weltbevölkerung versklavt haben.« Er fuchtelte mit seiner Pistole herum. »Es ist eigentümlich, wie alle Autoritäten davon ausgehen, daß der Freigeist ihnen seine eigenen Standpunkte aufzwingen möchte, wenn der nichts anderes vorhat, als an die bessere Natur des Autoritären zu appellieren. Aber wahrscheinlich können Sie autoritärer Typ nur in Ihren eigenen Kategorien denken.«
    »Sie können mich mit Ihren Argumenten nicht verwirren. Gewähren Sie mir zumindest das Vorrecht, meine letzten Stunden in Ruhe zu verleben!«
    »Wie Sie wollen.« - Bis wir vom Anlegemast ablegten, sprach er kaum etwas, außer daß er etwas von der »Würde des Menschen« murmelte, die sich am Schluß lediglich als die »Arroganz des Eroberers« entlarve. Doch ich hörte nicht länger auf seine Fantastereien. Er war doch arrogant, wenn er glaubte, mir mit seinen revolutionären Gedanken beikommen zu können.
    Während der nächsten Reiseetappe unternahm ich verzweifelte Versuche, mit Johnson in Kontakt zu treten, indem ich sagte, ich sei es leid, daß immer Barry mir mein Essen brachte und wollte einmal ein anderes Gesicht sehen.
    An Barrys Stelle schickten sie mir dann die Tochter des Kapitäns. Sie war so schön und so graziös, daß ich ihr gegenüber kaum den finsteren Blick zur Schau tragen konnte, mit dem ich die anderen begrüßt hatte. Ein paarmal versuchte ich herauszufinden, was ihr Vater mit mir vorhatte, doch sie sagte nur, er dächte sich noch etwas aus. Ich fragte sie direkt, ob sie mir helfen würde. Sie schien darüber erstaunt und gab keinerlei Antwort, verließ die Kabine jedoch in einer gewissen Hast.
    In Saigon - ich erkannte es am Schimmern der vergoldeten Tempel aus der Ferne - vernahm ich das Gebrabbel der indochinesischen Pilger, die ihre reservierten Plätze zwischen den Ballen der Ladung einnahmen. Ich beneidete sie nicht um diese heißen, engen Unterkünfte, aber falls es sich wirklich um echte buddhistische Pilger handelte, hatten sie natürlich

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