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Der Herr der Lüfte

Der Herr der Lüfte

Titel: Der Herr der Lüfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Gebiet kamen, eine so unmäßige Summe als »Zoll«, daß der Handel und Verkehr zwischen den beiden Städten fast nur noch per Luftschiff erfolgte - und nicht jedes Luftschiff war sicher, wenn es niedrig genug flog, um von Shaws Kanonen beschossen zu werden. Die Zentralregierung war machtlos gegen ihn und zu ängstlich, um die Unterstützung der Fremdmächte zu erbitten, die weite Teile Chinas außerhalb der Republik verwalteten. Denn diese Fremdmächte - vorwiegend Russen und Japaner - hätten dann endlich den ersehnten Vorwand gehabt, in das Land einzumarschieren und würden nicht mehr abziehen. Dies war es, was Shaw - und ähnlichen Kriegsherren - so gewaltige Macht verlieh.
    Ich war verblüfft gewesen, eine so berühmte und legendäre Person in Fleisch und Blut kennenzulernen. Doch jetzt fand ich die Sprache wieder.
    »Aus welchem Grund… aus welchem Grund sollten Sie den Wunsch hegen, daß ich das Schiff fliege?«
    Der große Eurasier strich über sein glattes, schwarzes Haar und ähnelte nun mehr denn je einem Teufel, als er leise antwortete: »Ich muß leider sagen, daß Mr. Barry tot ist. Kapitän Korzeniowski ist verwundet. Sie sind als einziger an Bord in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen.«
    »Barry ist tot?« Ich hätte frohlocken sollen, doch statt dessen hatte ich das Gefühl, einen großen Verlust erlitten zu haben.
    »Meine Männer haben schnell reagiert, als sie sahen, daß er eine Waffe hatte. Wissen Sie, sie haben Angst so hoch in der Luft. Sie glauben, daß sich, wenn sie sterben, die Geister der oberen Regionen - allesamt Dämonen - ihrer Seelen bemächtigten. Meine Anhänger sind unwissende, abergläubische Menschen.«
    »Und wie schwer ist Kapitän Korzeniowski verwundet?«
    »Eine Kopfverletzung. Nichts Ernstes. Aber er ist natürlich zu benommen und nicht in der Lage, das Schiff zu kommandieren.«
    »Und seine Tochter, und Graf Dutschke?«
    »Die sind zusammen mit dem Kapitän in ihre Kabine eingesperrt.«
    »Johnson?«
    »Der wurde zuletzt auf dem äußeren Inspektionsgang gesehen. Tut mir leid, aber ich glaube, er ist beim Kampf mit einem meiner Leute über Bord gefallen.«
    »Mein Gott!« murmelte ich. »Mein Gott!« Mir war hundeelend. »Das ist Piraterei! Mord! Ich kann es kaum glauben.«
    »Vermutlich trifft das alles zu, wie ich bedauernd feststellen muß«, sagte Shaw. Nun erkannte ich natürlich die leise Stimme. Ich hatte sie vorher beim Streit in der gegenüberliegenden Kabine gehört. »Doch wir wollen keinen mehr töten, nun, da wir das Schiff in unserer Gewalt haben und nach Shantung fliegen können. Das alles wäre nicht geschehen, hätte Graf Dutschke nicht darauf bestanden, nach Brunei zu fliegen, obwohl ich ihn gewarnt habe, denn die Briten wußten, daß er sich an Bord der Rover befand, und erwarteten ihn.«
    »Woher wußten Sie das?«
    »Es ist die Pflicht eines Führers, alles nur Mögliche zu wissen, daß dieses Wissen seinem Volk zugute kommt«, lautete seine ziemlich zweideutige Antwort.
    »Und was wollen Sie für mich tun, wenn ich bereit bin, das Schiff zu fliegen?« wollte ich wissen.
    »Was wir mit den anderen machen, dürfte Sie mehr interessieren. Wir werden davon absehen, sie langsam zu Tode zu foltern. Das wird Sie vielleicht nicht sonderlich beeindrucken, da es sich ja um Ihre Feinde handelt. Aber es sind immerhin… « - und hierbei hob er zynisch eine Augenbraue - »Mitmenschen Ihrer weißen Rasse.«
    »Was immer sie auch sein mögen - und ich bringe ihnen nur Abscheu entgegen -, ich möchte nicht, daß Ihre Rohlinge sie foltern!«
    »Wenn alles gutgeht, wird niemandem etwas zustoßen.« Shaw sicherte seinen Revolver, ließ ihn sinken, steckte ihn aber noch nicht in das Halfter zurück. »Ich versichere Ihnen, daß ich nicht gerne jemanden töte, und ich gebe Ihnen mein Wort, daß das Leben aller an Bord der Rover geschont wird - falls wir das Tal der Morgendämmerung wohlauf erreichen.«
    »Wo liegt dieses Tal?«
    »In Shantung. Es ist mein Hauptquartier. Wir werden Ihnen den Weg erklären, wenn wir in Wuchang sind. Es ist von Vorteil, wenn wir schnell dorthin gelangen. Ursprünglich hatten wir vor, nach Kanton zu reisen und von dort aus den Landweg zu nehmen, aber jemand hat über Funk durchgegeben, daß wir uns an Bord befinden - Johnson, nehme ich an -, und es war klar, daß wir ohne Verzug den direkten Weg zu unserer Operationsbasis einschlagen mußten. Wenn Graf Dutschke sich diesem Plan nicht widersetzt hätte, wäre es zu den ganzen

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