Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung

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Marathorn von einer freitodgefährdeten Blondine angeschmachtet, womit er bedauerlicherweise nicht umzugehen wusste, da er solche Interessensbekundung von früher aus der Waldläufer-Schule nicht kannte.
    Schließlich aber erreichten sie Vidas Tierlyth, die Hochburg Gondels, wo sich kurz nach ihrer Ankunft, und vielleicht als direkte Reaktion auf sie, der Vergnatzte Truchsess Daemelthor versehentlich anzündete.
    »Nicht alles ist stringent parallel zu unseren vorhergehenden Erlebnissen «, erwähnte Ganzhalb. »Zum Beispiel stellten sich auf unserer ersten Reise weniger Leute mit ihrem Namen vor. Jedoch, was soll’s? Ab auf die Couch! Nun haben wir uns eine Pause verdient!« Die Steinsofas aber gab es noch gar nicht.
    »Stimmt ja! Sie werden erst nach dem Ohrringkrieg gemeißelt!«, rief Pipifax.
    »Und wir haben uns so beeilt!«, klagte Macho.

Dreiunddreissigstes Kapitel:
An den Ufern des Schicksalsteiches
    Frohdoof und Samenweis torkelten, mittlerweile weniger wonneproppig denn je, durch die Wüsteneien Murderors, und wenn sie auf Knorks trafen, stellten sie fest, dass jene ihnen mitnichten auflauerten oder den Weg verstellten oder sie anfielen oder zu verhaften suchten. Stattdessen kicherten sie. Das erschien den Dösköppen wie ein verwundernswertes Verhaltensmuster, und kurz besprachen sie, ob sie sich darüber Gedanken machen sollten.
    »Seltsam, wie sich die Knorks benehmen, was?«, flüsterte Frohdoof. »Sollten wir uns nicht Gedanken darüber machen?«
    »Wir sind nicht so gut in solchen Dingen, Gedankenmachen«, erinnerte Samenweis.
    »So lassen wir es denn sein«, beschloss Frohdoof. »Guter Einwurf, Samenweis.«
    Später fiel ihnen ein, dass sie vergessen hatten, beim Knorkturm von Gierig-Unwohl vorbeizuwandern: genau wie es ihnen bei ihrer ersten Abenteuerfahrt passiert war.
    »Da gibt’s doch angeblich diese lustige Klingel!«, murrte Samenweis. »Und wir Schussel laufen dauernd dran vorbei!«
    So flohen sie weiter in eine pfadlose Düsternis hinein, und später in ein Knäuel sich auftürmender Nebelwolken, wo ihnen alsbald die letzten Reste ihres geistlosen Frohmuts und der Albernen-Kuchen abhanden kamen. Sie folgten immerzu derjenigen Richtung, die sie für die falsche hielten, denn sie hatten schon herausbekommen, dass sie mit dieser Methode am besten fuhren. Und so näherten sie sich dem Endpunkt ihrer Queste.
    Als sie jedoch den Schicksalsteich erreichten, da stockte ihnen der Atem – nicht nur weil ihre Füße nass geworden waren. Von Schrecken und Furcht übermannt, brachen sie zusammen und sanken tapfer zu Boden. Denn unter infernalisch glimmenden Wolkenfetzen, am Ufer der dunklen Gewässer, waren da Zwei Throne aufgebaut, schwarzfarbig wie die Nacht und hoch wie Zwei Türme, und Feuer loderten um sie herum, und ganz oben auf behaglich wirkenden, detailreich gestickten Totenkopfkissen sahen sie Zwei Schatten sitzen, die sich in ihrer unaussprechlichen Hässlichkeit enorm ähnelten. Und die Zwei Dösköppe erstarrten bis ins Mark.
    So gewahrten sie den Dunklen Herrscher Saurum, und neben ihm saß ein zweiter Schattenkönig, sein Ebenbild, ihr Saurum wohlgemerkt, den sie aus ihrer eigenen Mittelmäßigen Welt mitgebracht hatten, und der sich dem Bösen zugewandt hatte. Die Zwei Finsterfürsten grinsten in schierer Abgründigkeit und unerträglichem Unsympathentum.
    Und es sprach nun tosend der Linke der Dunklen Herrscher: »Da seid ihr ja, ihr Jämmerlichen. Wie war die Wanderung? Vielleicht lang und entbehrungsreich und fruchtlos? Ärgert euch nicht: so ist es dauernd in der Mittelmäßigen Welt – und in Zukunft, falls ihr es wissen wollt, immer. Doch sprecht! Ihr plant doch wohl nicht, in dieser Gegend klammheimlich irgendwelche Ohrringe zu entsorgen?«
    »Eigentlich nur einen«, murmelte Samenweis, doch sein Murmeln ging unter in einem grauenhaften Gelächter der Zwei Schattenkönige, einem hohnvollen Gegacker, das bis zu allen Horizonten gellte, und im Südwesten sogar noch ein wenig über sie hinausschwappte.
    Da! sprang Frohdoof etwas von der Seite an, und dieses Etwas war Guelle, der, nunmehr leicht deformiert, von Kranka in hohem Bogen aus der Höhle geschmissen worden war: einem Bogen, dessen Scheitelpunkt mit Sicherheit die Höhe von Fee Amors Bogen erreicht hätte, wenn der denn jemals zum Wegwerfen der Stillmarie gekommen wäre.
    Und Guelle wollte sich des Ohrrings bemächtigen, und Frohdoof mochte ihn nicht hergeben: beide Reaktionen waren nach dem Wissensstand der Weisen