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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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anstellen«, murmelte der Düsterkönig vor sich hin, und dann schaute er wieder eine Weile auf das Tor, das er gemacht hatte. 14

Fünfzehntes Kapitel:
Vom Auseinanderfallen
    Die Gefährten um Frohdoof und die Gemeinschaft des Einen Armreifs hatten einander müde angelächelt, sich gegenseitig auf die Schultern geklopft. Hernach beschlossen sie, einen Begrüßungstrunk zu sich nehmen, aus dem ihnen, wie sie hofften, ein wenig Hoffnung erwachsen würde. Denn des frohen Mutes waren sie während ihrer bislang fruchtlosen Questen verlustig gegangen, wie ihnen urplötzlich auffiel.
    »Wie steht’s mit dem Schicksalsteich?«, fragte der Waldschrat, derweil er den nirgendwo genauer definierten Trunk hinuntergurgelte. »Seid ihr ihm nahe?«
    »Wie geht’s dem Abgrund am Gunda-Nackt-Berg?«, hielt Frohdoof dagegen. »Schon was von ihm gehört?«
    Richtig froh wurden sie alle nicht, denn sie mussten einander gestehen, dass sie keinen blassen Schimmer hatten, wie alles weitergehen würde und wohin sie sich wenden sollten und wo sie überhaupt wären, und ob die Bemühungen, die sie gerade investierten, wie auch jene ihrer früheren Jahre, irgendeinen Sinn ergäben. Und die Kartenträger beider Gemeinschaften breiteten voreinander ihre schon jetzt vergilbten Pergamente aus, auf denen so gut wie nichts zu erkennen war. Vor Kummer tranken dann alle Beteiligten zu viel, und so ward offenbar, dass der Begrüßungstrunk seinen ursprünglichen Charakter verloren hatte.
    Später zogen sie sich zu zweit oder zu dritt in nahegelegene Sträucher zurück. Womöglich um zu schmusen. Oder um sich zu beratschlagen. Oder um sich gegenseitig Ohrfeigen angedeihen zu lassen, wenn möglich halbwegs von der Seite geschlagen.
    Pipifax und Macho aber liefen in ein Wäldchen hinein, das ihnen aus später nicht mehr zu eruierenden Gründen verlockend schien. Und unvorhergesehen tappten sie in einen Haufen betrunkener Knorks, die gerade am Ufer des vielbesungenen, aber niemals mit Namen belegten Flusses kampierten, und die die zwei Dösköppe zum Tanz von Kh-Nuelle aufforderten, einem uralten Ritual, gewidmet der Beduseltheit. Pipifax und Macho tanzten taumelnd mit.
    Bollobier jedoch, der den zweien gefolgt war, tieftrunken im Übrigen, kam hinzugestolpert und grölte währenddessen unflätige Lieder, die er aus seinen Jugendtagen kannte. Bedauerlicherweise bestanden diese hauptsächlich aus Hasstiraden gegen Knorks; und so wurde offenbar, dass Bollobier nicht die rechte Vorsicht hatte walten lassen – einer der üblichen Fehler Tieftrunkener. Das daraufhin erschallende Wutgeschrei der Knorks untermalte eindrucksvoll deren Empörung. Sie schlugen Bollobier mitten auf den Mund und verschossen all ihre Pfeile. Dies bedeutete das Ende des wackeren Kriegers, und nie wurde ein Lied draus gemacht.
    Frohdoof und Samenweis jedoch hatten sich in der Zwischenzeit westwärts gewandt, um all dem Trubel zu entfliehen; und ehe sie sich versahen, saßen sie in einem Boot, das sie über den Fluss ohne Namen und ohne Wiederkehr trug, und sie verschwanden in Nebelbänken, die grau waren wie die Tristesse in ihren Köpfen. Als Samenweis versehentlich eine Flasche mit Hochprozentigem über Bord gehen ließ, äußerte Frohdoof seinen Unmut mit Wortkonstellationen, die Samenweis von ihm bislang nicht kannte.
    Marathorn, Legospass und Pymli hockten alldieweil schaukelnd beim Lagerfeuer, bis ihnen auffiel, dass sie ganz allein waren. Da prosteten sie einander zu und prahlten mit Heldengeschichten, die sie sich allesamt aus den Fingern gesaugt hatten.
    »Ich bin übrigens Elendsstiels Erbe!«, lallte Marathorn. Die anderen nickten und waren überzeugter denn je, dass er sich auch das aus den Fingern gesaugt hatte.
    »Seltsam nur, dass du so abgewrackt aussiehst«, meinte Pymli, beteiligte sich aber kaum an den nun folgenden Erörterungen, die die Legitimität von zerlumptem Aussehen solcher, die Herrscherhäusern entsprangen, zu durchleuchten suchten.
    Als die drei am nächsten Morgen erwachten, klagten Marathorn und Pymli über Schädelbrummen. Nicht so Legospass, der dem Edlen Volk angehörte und also gefeit war gegen die Unbill der Sauferei. Die alte Segensgabe. Ähnlich problemlos konnte er übrigens über tiefsten Schnee hinweg eilen, ohne einzusinken, oder vermochte Hunderte von Meilen zu rennen, ohne erschöpft zu sein.
    »Ihr seid echt beneidenswert, ihr Albernen!«, grummelte Pymli, doch was er dachte, war: »Ich würd’ ihn nicht ungern mit meinem Beilchen

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