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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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versucht’s woanders!«
    »Ja, wo denn bloß?«, fragte Samenweis laut, bevor ihm irgendeiner mitten ins Gesicht hauen konnte, um die Konversation zu verhindern. Er hielt dabei die Hände wie einen Trichter an den Mund. Dies ist ein alter Trick, wenn man laut zu rufen gedenkt: Aber ob er wirklich hilfreich ist, darüber streiten die Gelehrten.
    »Keine Ahnung!«, rief der Knork-Wächter. »Vielleicht weiter nordwärts? Versucht’s doch mal mit dem Geisterpass bei Gierig-Unwohl!«
    »Y-au!«, rief Frohdoof und winkte. »Vielen Dank für den Ratschlag! « Und schnell wandten sie sich um und verschwanden hektisch zwischen den elenden Schlackebergen.
    »Wer waren denn die?«, fragte ein anderer Knork den Hässlichsten.
    »Keine Ahnung«, brummte der.
    »Du bist ein Döspaddel!«, sagte jetzt wieder der andere. »Schickst sie einfach nach Gierig-Unwohl! Und… wenn das jetzt Spione waren? Feinde des Rotorangenen Auges, he?!«
    Da patschte sich der als Döspaddel Geschmähte an die Stirn. »Vay-ah 17 ! Bin ich noch zu retten? Sie müssen ja gefangengenommen werden, oder etwa nich’?!«
    Bis zu den Zähnen Bewaffnete sprangen nun los, aber als sie bei den Schlackebergen ankamen, fanden sie die drei Wanderer nicht mehr vor, die sich geschickt in den Dreck duckten. Guelle duckte sich sogar in den Staub. »Ssstaub!«, zischte er und wischte mit seinen Fingern auf dem Boden herum.
    »Am besten, wir geben unsere kleine Panne nicht nach Isschnurz 18 weiter, was?«, schlug der Hässlichste Knork vor. »Was meint ihr – wär’ das nicht besser?« Und er kaute unsicher auf seinen Lippen herum.
    Aber ein anderer, der nur unwesentlich hübscher war, grinste grimmig, als er entgegnete: »Zu spät. Da ist schon ein Bote unterwegs, um dich in den Häusern der Klagen anzumelden. Tut mir leid.« Aber es tat ihm nicht leid; stattdessen offenbarte seine Mimik Merkmale knorktypischer Schadenfreude.

Siebzehntes Kapitel:
Die Treppen von Gierig-Unwohl
    Frohdoof und Samenweis und ihr seltsamer Begleiter, der sich ihnen unterdessen unter dem falschen, aber Sympathie heischenden Namen Shmirigh vorgestellt hatte, waren inzwischen tapfer weitergelaufen unter den Gestirnen, die ihnen unfreundlich aufs Haupt schienen.
    »Du, Shmirigh«, sagte Frohdoof. »Gibt’s den eigentlich wirklich – diesen Geisterpass?«
    »Einmal ich da gewesen«, gab Guelle-Schmirigh zurück, und wieder war ein grünlicher Schimmer in seinen Augen. »Einmal da gewesen, oh ja, Schätzken. Dunkler Weg, lange Treppe – schauerlich und schrecklich dort, vor allem für arme kleine Dösköppe. Könnten eingehen. Aber kein anderer Weg möglich, nein, kein anderer. Schade.«
    »Gibt’s da eigentlich wirklich Geister?«, fragte Samenweis bibbernd.
    »Och«, knirschte Guelle. »Geister, oh ja ja, Schätzken. Und Gespenster. Und Totenköpfe. Und tote Köpfe. Schlimm schlimm. Aber kein anderer Weg, oh nein. Jetzt laufen los die kleinen Dösköppe, hm? Und immer gut achtgeben auf Schätzken, und dann ab zum dunklen Pass, wo Sie euch dann frisst… und der arme Shmirigh zwischen euren Knochen den Baumel-Schatz findet. Ja ja.«
    Diese Rede erschien den zweien irgendwie beunruhigend; und eigentlich wollten sie schon fragen, wer Sie wäre, und was das mit dem Auffressen sollte, und ob Guelle tatsächlich von ihren Knochen gesprochen hätte, denn so war es ihnen erschienen – aber je länger sie nachdachten, desto weniger fiel ihnen ein, wie sie denn ihre Fragen formulieren sollten. Doch das passierte ihnen ja andauernd: dass ihnen nichts einfiel.
    Lange wanderten sie, und falls sie jemanden auf der Reise trafen, so ist das woanders verzeichnet, oder sogar nirgends. Unnötigerweise sangen sie Lieder während ihrer Wanderschaft, aber auf die Wortwahl konnten sie sich nicht einigen, so dass die Texte nichts anderes waren als ein heilloses Durcheinander, dessen Überlieferung sich nicht lohnt. Linker Hand türmte sich jetzt das Schattenrissgebirge, das Murderor nach Osten hin abschirmte.
    »Bald Dösköppe werden Leichenlichtstadt sehen«, sagte Guelle irgendwann. »Grauselige Sache. Aber nicht weinen, ja? Und nicht wieder reden!«
    An einem Abend ging die Sonne glühend unter, und danach wurde es dunkler. Um einen Felsen herum wankten sie, und dann sahen sie sie, ganz genau wie Guelle es gesagt hatte: die Leichenlichtstadt, auf einem pferdelosen Sattel in einem Einschnitt zwischen den Bergen: Vidas Moduul, den Turm der Ohrringgespenster. Er glühte von fahlem Licht, aber als die

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