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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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Fünftletzten Zeitalters, jene, die auch Tunichviel genannt wurde, weil sie als verwöhnte Prinzessin des Müßiggangs zu frönen gewohnt war. Da Ästel glaubte, in ein Zeit-Raum-Loch gefallen zu sein, rief er: »Tunichviel! Tunichviel!« – so wie es Beeren vor Urzeiten getan hatte, mit dem sich selbst zu vergleichen Marathorn es in jenem Augenblick gefiel.
    Das Alberne Mädchen indes hielt inne mitten im halbnackten Tanzen und sah ihn und sprach: »Warum nennst du mich so, du törichter Knecht? Und wieso siehst du so aus, als wäre dir wenig Helligkeit gegeben im Geist?«
    Und Ästel-Marathorn antwortete, die zweite Frage, deren Sinngehalt er nicht verstanden hatte, beiseite lassend: »Ich nannte dich so, weil ich dachte, du wärst in der Tat Ludien Tunichviel! Denn fiel ich nicht in ein Zeit-Raum-Kontinuum?«
    Da entgegnete sie: »Ich kopiere lediglich stilsicher das Aussehen Ludiens, und schon viele sind drauf reingefallen. Mein Name ist Awon, und ich kenne mich in Stylingfragen aus. Ich versteh’ mich darauf, den Männern die Köpfe zu verdrehen, weißt du.«
    »So ist es auch bei mir!«, rief Marathorn begeistert, und Awon wusste nicht so recht, ob er damit meinte, dass auch er ihrem Liebreiz erlegen wäre, oder dass es ihm ebenfalls gelingen würde, den Männern die Köpfe zu verdrehen. Doch bevor sie ihn fragen konnte, sprach er weiter: »Und ich bin ein direkter Nachkomme Elendsstiels, und sicherlich habe ich ein hohes Schicksal vor mir! Was hältst du davon, dich in mich zu verlieben?«
    »Ich könnt’s versuchen«, antwortete Awon lächelnd, und beschloss im nämlichen Augenblick, nicht eine einzige Sekunde daran zu denken. Und fortan spielte sie Marathorn, der nicht viel später zum zerschlissenen Walddauerläufer mutierte, etwas vor und gab ihm das Gefühl, mit ihm zusammen und verliebt zu sein. Wieso sie das tat, wusste sie wahrscheinlich selber nicht. Die Weisen eines Zwischenzeitalters vermuteten, dass purer Übermut im Spiel war, wie er oftmals zu beobachten ist im Gebaren gutaussehender, hofiert zu werden gewohnter Mitglieder des Schönen Geschlechts.
    Und so begann die lange Geschichte von Marathorn und Awon, in deren Verlauf sie virtuos auf der Klaviatur seiner geschundenen Seele spielte, ihm schallende Ohrfeigen verpasste, sich seinen Annäherungsversuchen geschickt entzog, ihn wegen seiner Zerschlissenheit mit Häme bedachte und vor seinen Augen mit allen möglichen Nebenbuhlern anbandelte, bis Marathorn schließlich vor lauter Eifersucht der Schwarzen Wut (ohne Hoffnung) verfiel und eines Tages voller Verzweiflung sein Schwert zerknickte.
    Die beeindruckende Art und Weise dieses Zerknickens aber ließ alle in Duchfal anwesenden Gelehrten verwundert aufschrecken und machte sie vermuten, dass Marathorn tatsächlich jener Langerwartete war, von dem der Seher gesprochen hatte. Allrounds Herz aber war sorgenvoll; denn der Zerknicker des Schwertes sollte laut Prophezeiung derjenige sein, der ihm dereinst seine Tochter Awon abspenstig machen würde. Und er nahm Marathorn zur Seite und sprach ernst: »Ästel, ein großes Schicksal wird dir zuteil werden! Entweder wirst du in tiefste Dunkelheit fallen oder an der Weltenrettung beteiligt sein, so unwahrscheinlich dies angesichts deiner Dusseligkeit erscheinen mag. Und ein langer Weg liegt vor dir, den du gehen sollst, ohne auf betörende Mädchen zu achten, die sich vielleicht am Wegesrand auftun werden…«
    Allrounds missglückter Metaphorik zum Trotz, und obgleich Marathorn nicht besonders begabt im Denken war, verstand er sofort den Zusammenhang der Anspielungen. Und es war dies sein einziges Mal von Sinnzusammenhängeverstehen.
    »Kann es sein, dass du von Awon sprichst, o Allround?«, fragte er unsicher.
    »Dass du ja die Finger von ihr lässt!«, rief Allround geifernd, seine Maske fallen lassend. »Ihr Vater, das bin ich, gebietet, dass sie sich fern zu halten hat von jenen, die da ohnehin nur die Vereinigung suchen! Vor allem wenn sie dem Sterblichen Geschlecht angehören, so wie du, mein kleiner Dhaem-lak!«
    »Aber sie ist jetzt fast dreitausend«, entgegnete Marathorn. »Kann sie da nicht selber entscheiden, mit wem sie durch die Wälder wandelt?«
    »Sie ist eine Alberne Prinzessin!«, mahnte Allround, und es war gut, dass er drauf hinwies, denn das mit dem Prinzessinnendasein ließ Awon in ihren Verhaltensweisen vermissen, und Marathorn hatte gar nicht mehr daran gedacht. »Und sie steht weit über dir! Sie ist eines Königs wert, wenn

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