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Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Der Herr der Ohrringe (German Edition)

Titel: Der Herr der Ohrringe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myk Jung
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dir trägst, hm?«, fragte Marathorn, die Chance nutzend, sich selber wieder in den Vordergrund zu spielen. Allmählich beschlich ihn die Furcht, seine Ambitionen auf die Anführerrolle nicht eindringlich genug zu untermauern, und er zog den Einen Armreif aus des Waldschrats Haarknäuel.
    »Ein Armreif!«, quiekte der Schrat und suchte verdattert zu wirken. »Wie kommt der denn in mein Gezweig! Ist er viel wert?« »Es ist der Eine Armreif!«, flüsterte Allround, und seine Augen schienen überzuquellen. »Ich sah ihn seit Äonen nicht! Allein vorhin, beim ersten Großen Schmeißen. Der Dunkle Herrscher verlor ihn dereinst, sehr zu seinem Leidwesen! Damals, am Ende irgendeines Zeitalters. Und übrigens: durch lange Jahrhunderte nahmen die Weisen an, der Armreif wäre eigentlich die Eine Kette! Ein dummer Übersetzungsfehler, der längst geklärt ist.«
    Ganzhalb schaute den Halb-Albernen finster an, und der murmelte nun: »Aber ein Armreif ist ja fast noch schöner… erst recht, wenn es der Eine ist, der einst Saurum gehörte.«
    » ›Und er darf ihn nicht zurückerlangen!‹ kommt jetzt, pass gut auf!«, flüsterte Macho zu Pipifax. »Diese Szene ist unserem früheren Abenteuer enorm ähnlich. Nur dass sie wohl damals die Sache mit dem Übersetzungsfehler noch nicht wussten.«
    »Und er darf ihn nicht zurückerlangen!«, schrie nun Ganzhalb, und Pipifax und Macho zwinkerten einander zu. Ganzhalb aber donnerte weiter: »Den Gunda-Nackt-Berg sollst du finden, um die Eine Kette… aeh, den Armreif in dessen klippenartigen Abgrund zu werfen! Denn allein dadurch verliert das Juwel seine Böse Macht!«
    Allround knüllte die Pergamentrollen mit zorniger Geste, so dass sie zerknitterter denn je aussahen. »Wozu halte ich die eigentlich in der Hand?«, fragte er schnaubend. »Ihr scheint ja ohnehin alles besser zu wissen, ihr Altklugen, die ihr andeutetet, aus einer Anderen Mittelmäßigen Welt zu stammen!… Der Eine Ohrring übrigens muss in den Schicksalsteich geworfen werden, am besten, wenn’s irgend geht, in einem hohen Bogen – und ich sollte vielleicht erwähnen, dass dieser Teich mitten in Saurums Reich liegt!«, fügte er hinzu und starrte Frohdoof unvermittelt an.
    »Ich weiß«, meinte der nur.
    »Wundert mich kaum«, sagte Allround.
    »Ich werd’ den Weg schon finden«, entgegnete der Döskopp leichthin. »Keine Sorge.«
    »Du scheinst mir zu gefasst für jemanden, der solcherlei zum ersten Mal vernimmt«, raunte Allround mit forschendem Blick.
    »Du argwöhnst etwas, Legendärer«, sprach Ganzhalb. »Und doch werde ich dich nicht in einer Rauchwolke verschwinden lassen! Demnächst, vielleicht. Im Augenblick aber wäre es zu auffällig.«

Dreiundzwanzigstes Kapitel:
Das Ende des Rates & Der Eine Ehering
    Es hingen Lampions des schummrigen Schimmers unter dem Gewölbe der Beratungshalle, es säuselte ein beruhigendes Seufzen um die wunderbar geformten taynarischen Säulen herum, es duftete von ylthisischen Kräutern, und die Erinnerung ans Fünftletzte Zeitalter war in Duchfal immer noch lebendig – und wahrscheinlich dank all dieser Segensgaben errangen die meisten der Versammelten verblüffend rasch ihre Fassung zurück, obgleich fast alle Nachrichten, die kundgetan worden waren, keine guten waren. Hieran mag man erkennen, dass in jenen längst vergangenen Tagen ein härteres Holz zum Schnitzen der Lebewesen benutzt wurde als heutzutage.
    Urplötzlich aber rief Ganzhalb: »Augenblick! Und Weh!« All jene, die sich gerade einigermaßen beruhigt hatten, schreckten erneut hoch.
    »Mir fällt gerade etwas ein!«, fuhr der Zauberer fort. »Und ist es nicht bezeichnend, dass ausgerechnet ich es bin, dem etwas einfällt? « Falls der Graue nun nicht in typisch selbstgefälliger Manier in die Runde schaute, so wäre dies ein verblüffend Ding; indes haben es die Schriftgelehrten nicht überliefert.
    »Was ist mit dem Einen Ehering?«, rief er schneidend. »Wohin muss der eigentlich geschmissen werden? Denn wir haben ihn nun, unerwartet, wie ich zugeben muss, am Bein – selbstverständlich nur figurativ, es ist dies eine Redewendung!«
    So beschwichtigte er diejenigen, die ihn voller Unverständnis anstarrten; und er befahl: »Unscheinbarer, es ist der Augenblick gekommen, da du den Ehering ein weiteres Mal hervorholen sollst! Du wolltest ihn doch nicht etwa für dich behalten?«
    Der Unscheinbare zitterte entschlossen, und mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck warf er das Finsterste Aller Kleinodien,

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