Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
gefallen war, hatte ich ihn im vollem Licht des Monds noch einmal angeschaut. Ich hatte in das entsetzte Antlitz eines Mannes geblickt, das ganz anders war, als man es mir beschrieben hatte. Wer auch immer da auf dem Schiff gestorben war, ich wusste, es war nicht der Herr der Puppen.
13. Des Dieners neue Kleider
Diesmal weckte mich tatsächlich niemand, und ich schlief wie ein Stein, so lange, bis mir der Rücken wehtat und ich wirklich und wahrhaftig ausgeschlafen war. Ich hatte fast vergessen, wie sich das anfühlte. Nur mit einem Laken um die Hüften tapste ich zum Balkon und schaute zum Himmel. Es war deutlich nach Mittag.
Dann sah ich hinunter in den Hof, dort stand Armin, aber er wandte sich ab und ging ins Haus. Irgendetwas war nicht, wie es sein sollte. Ich kleidete mich an, wieder in die einfachen Leinengewänder, die ich im Haus bevorzugte, und ging in die Küche.
Dort fand ich, wie erwartet, Armin. Afala verbeugte sich leicht, stellte mir einen Becher Kafje hin, so wie ich ihn mochte, eilte davon und zog lautlos die Tür hinter sich zu. Sonst war niemand in der Küche.
»Armin«, begann ich. »Was ist eigentlich …«
»Ihr brecht mein Herz, Esseri«, unterbrach er mich, was selten genug vorkam. »Wie könnt Ihr das tun? Vor allem wird es ihr Herz brechen, denn Ihr liebt sie nicht!«
Ich begann zu verstehen. »Armin, ich …«
»Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie sehr ich Euch bewundere. Und, ja, noch immer nenne ich Euch einen Freund, aber habt Ihr Euch das überlegt? Das kann doch nicht Euer Wille sein!« Es fehlte nicht viel, und er hätte verzweifelt die Hände gerungen.
»Armin, schau …«
»Es wäre eine Sünde, Herr!«, unterbrach er mich zum dritten Mal und schaute mich flehend an. »Ein Mann spricht einem anderen nicht in solche Angelegenheiten hinein. Aber sie ist meine Schwester, Herr! Wie wollt Ihr vor den Götten stehen und …«
»Armin!«
Er zuckte zusammen und öffnete den Mund.
Ich hob einen Finger. »Still! Wenn du mich jetzt nicht ausreden lässt, werde ich wirklich laut! Ich liebe Leandra. Ich werde sie in den Tempel führen. Keine andere.« Er öffnete den Mund erneut, und ich hob wieder den Finger. »Deine Löwin hatte diese Idee. Sie allein kam darauf und hat damit schon genug Verwirrung gestiftet. Ich habe nicht die Absicht, Serafine … Helis, meine ich … in den Tempel zu führen, noch wird sie meine Konkubine sein. Bevor auch das wieder falsch verstanden wird: Ja, es wäre eine Ehre für mich, und nein, ich habe sie nicht entehrt, und ja, ich mag sie auch.«
»Aber Esseri …«
Ich sah ihn mit gerunzelter Stirn an, und er schwieg tatsächlich.
»Richte deiner Löwin aus, dass ich auch sie mag und bewundere und dass ich jeden Respekt vor ihr habe, persönlich und als Herrin von Gasalabad. Aber richte ihr auch aus, dass sie genügend andere zu regieren hat und es ihr nicht zusteht, mein Leben zu beherrschen.« Ich holte Luft. »Du kannst ihr auch ausrichten, dass ich dich bitten werde, sie übers Knie zu legen, wenn sie damit nicht aufhört.«
Armin blinzelte zweimal, dann spielte ein Lächeln um seine Lippen und ich sah den gewohnten Schalk in seinen Augen blitzen.
»Es war die Idee meiner Löwin?«, fragte er deutlich erleichtert. Diesmal rieb er seine Hände in offensichtlicher Vorfreude. »Ihr könnt mir glauben, Herr, ich werde ihr mit Genuss Eure Botschaft ausrichten! Ich bin versucht, ihr deutlich zu machen, dass ich ebenfalls nicht zufrieden damit bin, zu erfahren, dass sie meine Schwester verkuppeln wollte. Obwohl …« Er seufzte. »Sie könnte argumentieren, dass sie das Recht dazu hat. Esseri, Ihr wisst nicht, wie geschickt sie mit ihren Worten ist.« Er hielt inne, schien zu merken, was er gesagt hatte, und lachte. »Manchmal muss sogar ich aufpassen, dass sie mir die Worte nicht verdreht.«
Hinter mir öffnete sich die Tür, und ich ahnte schon, wer da hereinkam. Ich sah hin und behielt recht, es war Serafine. Ich nickte ihr freundlich zu.
»Armin«, sagte sie, als sie sich zu uns an den Tisch setzte, allerdings ohne mich weiter zu würdigen. »Es wäre gut gewesen, mit mir darüber zu sprechen!«
»Das wollte ich doch, Helis«, entgegnete er. »Aber …«
»Ich bin Helis. Das sagte mir der Diener Soltars, und ich glaube ihm. Aber ich bin nicht mehr deine kleine Schwester, Armin. Eher ist es jetzt anders herum.« Sie stand auf und berührte ihn leicht an der Wange. »Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.« Sie schaute mich an, und ihr
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