Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
Grund der Einladung war.
»Natalyia ist nicht eingeladen?«
Armin schüttelte den Kopf.
»War das alles?«
Er zögerte. »Das hier noch«, sagte er dann. »Taruk fand es auf Eurem Bett.« Fast zögerlich griff er unter seine Jacke und reichte mir eine schwere silberne Münze, die aber gleichmäßig schwarz angelaufen oder lackiert war. Die eine Seite war glatt, die andere enthielt die Prägung eines Falken.
»Ist es das, was ich denke?«, fragte ich und legte die Münze auf den Tisch.
»Ja, Esseri«, bestätigte er. »Es ist genau das. Somit habt Ihr noch zwei Tage zu leben.«
»Wirklich?«, fragte ich ihn überrascht. »Wieso das?«
»Es ist Tradition, dass Ihr nach der Warnung drei Tage Zeit habt, Eure Angelegenheiten zu regeln.«
»Das ist sehr zuvorkommend.« Ich sah auf die Münze herab. »Sie lag auf meinem Bett?«
Er nickte bloß.
»Ich habe mich gewundert, warum sie mich nicht schon früher angegriffen haben«, sagte ich.
»Ihr versteht nicht, Esseri. Es sind nicht die Nachtfalken selbst, die Euren Tod wünschen. Tatsächlich bedeutet diese Münze, dass sie Euch respektieren. Es ist die alte Art. Außerdem sagt diese Münze Euch, dass sie beauftragt wurden. Das gibt Euch also genau diese drei Tage Zeit, Euren Mörder ausfindig zu machen und Euch vielleicht selbst zu rächen.« Er lächelte schief. »Es heißt, es sei ab und an geschehen, dass sowohl der Auftraggeber als auch das Opfer eine Münze erhielten.«
»Das bedeutet, dass sie den Kontrakt erfüllen werden, auch wenn ich den Auftraggeber vorher ausfindig mache und ihn selbst zur Verantwortung ziehe?«
»Wenn Ihr ihn vorher tötet?«, fragte Armin. »Es hilft nichts. Der Kontrakt ist bindend. Es ist eine Frage der Ehre für die Nachtfalken.« Er sah mich ernst an. »Ich bin froh, dass sie Euch die Münze gebracht haben. Der Mörder wird sich Euch zeigen und im Kampf stellen. Es wird Euch nichts nützen, denn dieser Kampf wird von Anfang an zugunsten des Nachtfalken gewichtet sein. Solltet Ihr ihn aber besiegen, wird es keinen neuen Kontrakt mehr geben. Zumindest nicht für zwanzig Jahre.«
Ein Nachtfalke im offenen Kampf. Ich dachte an Serafines Worte zurück, sie hatte diese Attentäter als feige bezeichnet.
»Noch etwas, Herr. Wenn Euch jemand in diesem Kampf beisteht und Ihr dann siegt, wird man einen neuen Nachtfalken schicken. Ihr müsst Euren Angreifer allein besiegen, damit Ihr zwanzig Jahre lang geschützt seid.«
»Du glaubst nicht, dass ich siegen werde?«
»Ich hoffe es. Wenn einer siegen kann, dann Ihr. Ihr seid der Engel des Todes … aber …« Er ließ den Kopf hängen. »Es gelingt kaum jemandem, einem Nachtfalken zu entkommen.«
Ich schob die Münze vor mir auf dem Tisch hin und her. »Ich frage mich gerade, ob ich wirklich entkommen will.« Die Münze war aus Silber, aber die Schwärze war überall gleichmäßig und eben. Es war kein Lack und keine Farbe. Es war gewiss nicht einfach, diese Münze zu fälschen.
»Weiß schon jemand anders davon?«, fragte ich.
»Taruk weiß es. Er ist verschwiegen und hat es nur mir mitgeteilt. Er hätte es Euch selbst gesagt, aber er wollte Euch diesmal schlafen lassen.«
»Wieso zwei Tage, wenn es doch drei sein sollten?«
»Ihr habt die Münze schon gestern erhalten.«
Wieder ging die Tür hinter mir auf, und ich nahm mir vor, mich das nächste Mal seitlich zu setzen. Ich schaute mich um, diesmal war es Leandra, und ich war erleichtert, dass wenigstens sie mich mit einem Lächeln begrüßte. »Hast du gut geschlafen, Havald?«, fragte sie, beugte sich herab, um mir einen Kuss zu geben, und erstarrte in der Bewegung.
»Was hast du da in der Hand?«, fragte sie.
»Eine Münze«, antwortete ich und steckte sie möglichst nebensächlich ein. »Nichts weiter von Belang.«
Sie sah mich seltsam an, gab mir dann doch den Kuss und strich mir mit den Fingerspitzen über die Wange, als sie sich setzte.
Sie nestelte an ihrem Hals herum, zog ihren Geldbeutel aus dem Kragen hervor, öffnete ihn und entnahm ihm eine schwarze Münze. Sie legte sie vor sich auf den Tisch.
Einen Moment lang dachte ich, mir würde Herz und Atem stocken, dann spürte ich, wie mein Puls zu galoppieren anfing. Götter! Nicht auch Leandra!
»Ich glaube, Havald, du bist Heimlichkeit wirklich nicht gewohnt«, sagte sie und lächelte mich an, auch wenn es etwas traurig wirkte. »Wenn du etwas verstecken willst, merkt es jeder.«
Ich starrte auf die Münze vor ihr. Irgendwie hatte ich nicht damit gerechnet, dass
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