Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
junge Mann mit. »Der Mann wurde einfach nur erschlagen, die Frau erlitt, so sagte man mir, ein schlimmeres Schicksal. Sie sei lange gefoltert worden und man habe sich an ihr vergangen. War sie wichtig?«
»Ja«, sagte ich, und der Hüter der Fragen wirkte erstaunt.
Ja. Sie war bestimmt jemandem wichtig gewesen. Ihren Eltern oder Geschwistern, vielleicht auch nur sich selbst. Sie hatte nichts verbrochen, außer mir eine Geschichte zu erzählen. Letztlich war sie es gewesen, die es uns ermöglicht hatte, Prinzessin Marinae zu befreien. Sie hätte uns – mir – wichtig sein sollen.
»Danke«, sagte ich.
»Gibt es noch etwas, mit dem ich Euch behilflich sein kann?«
»Ja, allerdings weiß ich nicht, ob Ihr das wollt. Ich habe gehört, dass schon einmal ein Gast des Hauses von Nachtfalken bedroht wurde.«
»Das ist richtig. Er starb.«
Natürlich.
»Hat das Haus versucht, ihn zu schützen?«
Der Mann wurde nun vorsichtig. »Ja, doch ohne Erfolg. Aber es musste versucht werden. Wir verloren gute Männer, das weiß ich.«
»Wisst Ihr vielleicht auch etwas über die Nachtfalken, das nicht jeder weiß? Wo sie sich verstecken?«
»Sie dienen dem Namenlosen, Esseri. Sie verstecken sich nicht, sie sind nur nicht zu sehen. Ich denke, sie werden sich im Tempel des namenlosen Gottes versammeln.«
»Wisst Ihr, wo man diesen Tempel finden kann?«
Er schüttelte leicht den Kopf. »Nein, Esseri. Es heißt allerdings, er liege tief unten in der alten Kanalisation, in der finstersten Dunkelheit, so weit wie möglich vom Licht entfernt.«
»Hhm«, sagte ich. »An der tiefsten Stelle der Kanalisation?«
»Das würde ich vermuten. Niemand weiß mehr darüber, auch ich nicht.« Er zögerte. »Ich kann versuchen, mehr zu erfahren, aber es ist zweifelhaft, ob es gelingt. Wenn Ihr wünscht, werde ich …«
Ich schüttelte den Kopf. »Das wird nicht nötig sein. Habt Ihr eine Vorstellung davon, wie viele Nachtfalken es gibt?«
»Es werden dreizehn sein. Es sind immer dreizehn für jeden Tempel. Das ist bekannt. Sie sind seine Priester.«
»Ich danke Euch.«
Er erhob sich, verbeugte sich einmal tief und verließ wortlos den Raum.
»Das wird Euch viel Gold kosten, Esseri«, meinte Armin leise.
»Mehr hast du nicht zu sagen?«
»Nur, dass Ihr ein Fuchs seid, Herr.«
»Weißt du, Armin, da irrst du. Ich bin kein Fuchs. Aber ich weiß, was auch Füchse wissen: Der Bau hat immer mehr als einen Ausgang.«
»Das ist bekannt, Esseri.«
»Weißt du auch, dass man niemals einen Fuchsbau am Wasser findet?«, fragte ich ihn.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, Esseri, das wusste ich nicht. Wir haben Füchse in der Wüste, aber nicht viel Wasser. Warum meiden sie das Wasser?«
»Weil Füchse schlau sind.« Ich trank meinen Becher leer. »Es wird Zeit für einen weiteren Besuch.«
Wir kamen zu spät, die Tore der Bibliothek waren schon geschlossen. Ich hatte zu lange geschlafen und die Zeit vertrödelt, die Abenddämmerung nahte schon.
»Ich darf niemanden mehr einlassen«, erklärte der Wachsoldat vor den großen Toren des imposanten Baus mit großer Wichtigkeit. »Es ist auch niemand mehr dort, außer weiteren Wachen«, fügte er hinzu. Sein Blick machte deutlich, dass wir das bedenken sollten, bevor wir auf absonderliche Ideen kämen.
»Ist der Hüter des Wissens noch zugegen?«, fragte ich höflich und ließ ein Silberstück zwischen meinen Fingern glänzen.
Der Wachsoldat sah mich nur verächtlich an. »Es ist in den Archiven kein offenes Licht erlaubt, nur die Spiegel. Jedes Kind weiß das! Wenn die Sonne untergeht, wird die Bibliothek fest verschlossen und gesichert. Das Wissen von Jahrhunderten und ganzen Herrschergeschlechtern lagert hier, und Ihr denkt wirklich, dass jemand, der die Ehre hat, das Wissen des Reichs zu bewachen, empfänglich ist für eine Bestechung?« Seine Stimme hob sich während der letzten Worte immer mehr, und seine Augen funkelten mich mit dem Zorn des Gerechten an.
»Aber …«, begann ich.
»Ihr versteht das falsch!«, unterbrach mich Armin etwas hastig. »O Beispiel der Tugend, mein Herr wünscht Euch nur dafür zu belohnen, dass Ihr Eure Pflicht so vorbildlich erfüllt, denn seht, er weiß, dass das Wissen, das er sucht, hier liegt und somit auch von Euch geschützt wird. Also tut Ihr auch ihm einen Dienst, nichts anderes will er zum Ausdruck bringen.« Armin nahm mir das Silberstück aus den Fingern und drückte es dem Soldaten in die Hand. »Seht, mein Herr ist jemand, der Wissen achtet.
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