Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
Zokora und er nicht alles, was geschehen war, dazu hatte die Zeit gefehlt.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte ich. »Ich kam nicht auf die Idee. Irgendwie dachte ich, ein Botschafter der Reichsstadt sei unberührbar. Aber er ist auch nur ein Mensch, und dieser Herr der Puppen besitzt ein ungewöhnliches Talent. Gestern fiel mir auf, dass von Gering unseren Feinden geradewegs in die Hände spielt. Und das brachte mich zum Nachdenken.«
Ich nahm einen dieser Lebkuchen und biss ein Stück ab, sie waren auch gut. Nicht so gut wie die Honigkuchen, aber gut genug. Ich schaute zu Zokora hinüber. »Es ist wertvoll für uns, dass Ihr verfluchte Dinge erkennt. Trägt jemand von uns etwas, das verflucht ist?«
Sie deutete auf Seelenreißer, der neben meinem Stuhl stand. »Er und Steinherz. Sonst nichts.«
»Steinherz ist verflucht?«, fragte Leandra überrascht, sie war in Gedanken versunken gewesen.
»Ja«, meinte Zokora und wirkte erstaunt. »Dachtest du, es wäre anders?«
Ich wusste, dass Leandra das nicht erwartet hatte.
»Sagt, Zokora, was bedeutet Ar’in’faed?«, fragte ich.
»So wie du es ausgesprochen hast ›Hüter gegen die Dunkelheit‹. So verwenden es unsere hellen Brüder und Schwestern. Aber es ist ein Wort aus meiner Sprache. Bei uns bedeutet es ›Herr der Schatten‹. Das ist ein Unterschied.« Das war es in der Tat.
Sie sah mich mit unergründlichen Augen an. »Das ist ein sehr altes Wort, Havald. Woher kennst du es?«
»Ein Priester hat davon gesprochen«, sagte ich und nahm mir noch einen Lebkuchen.
»Hast du getan, was ich wollte?«, fragte sie.
»Ja«, antwortete ich ihr. »Ich sprach mit einem Eurer hellen Brüder darüber. Die dunklen Brüder und Schwestern sind vergangen, bis auf die, die dem dienen, den du feige nennst.« Ihre Augen zogen sich ganz leicht zusammen. »Die zählen nicht. Also gibt es nur noch mein Volk«, stellte sie scheinbar ungerührt fest.
»Die Weltenscheibe ist groß. Es gibt an anderen Stellen vielleicht noch mehr von euch.«
»Die Welt ist eine Kugel«, korrigierte sie. »Finde die anderen, wenn es sie gibt.«
Es war von Wortlaut und Tonfall her keine Bitte. Aber tief in diesen Augen, die so selten eine Regung offenbarten, sah ich diesmal mehr.
Es war, wie ich später erfuhr, das erste Mal seit Jahrhunderten, dass imperiale Truppen durch Gasalabad marschierten. Sie gingen nur von der einen Seite des Platzes der Ferne zur anderen, wo der Palast des Mondes lag. Eine Tenet Bullen der Sechsten Legion in Ehrenformation, angeführt von einem Schwertkorporal, der stolz vorneweg ging, hinter ihm ein Spielmannszug, der mit Schellen und Trommeln den Weg begleitete. Es erregte reichlich Aufmerksamkeit, ganz Gasalabad schien gaffen zu wollen.
Zentrum dieser Ehrenformation war Faihlyd – und damit auch wir. Links und rechts von uns schritten Soldaten, die große Schilde trugen.
»Das ist ein deutliches Ergebnis Eurer Verhandlungen«, sagte Leandra beeindruckt.
Faihlyd hatte wieder ihren Schleier vorgelegt, doch unter dem dünnen Stoff sah ich sie lächeln. »Meine Untertanen denken, dass Ihr es seid, die eskortiert werden, denn ich bin ja nur eine Leibwächterin. Dennoch habt Ihr recht.«
Sie warf mir einen kurzen Blick zu, bevor sie weitersprach. »Es konnte vieles geklärt werden. Es gilt nun als sicher, dass es eine Verschwörung gegen den Thron des Löwen und gegen die Reichsstadt gab. Botschafter von Gering wertet das, was ihm widerfahren ist, als einen Beweis dafür. Die Soldaten des Löwen und die Legionen stehen nun Schulter an Schulter.«
Sie schaute zu mir hoch, diesmal war ihr Blick nachdenklich.
»Ich vertraue Euch wirklich, Havald. Auch wenn ich nicht erfreut bin zu erfahren, welche Geheimnisse Ihr vor mir verborgen habt, Lanzengeneral von Thurgau! Ihr werdet Eure Legion bekommen, die Arbeiten an der Garnison werden beginnen, sobald ich den Palast erreicht habe.« Sie blieb stehen und brachte damit die gesamte Formation in Verlegenheit. Die Bullen der Sechsten Legion handelten dennoch mit erstaunlicher Präzision. Es sah fast aus wie geplant.
»Ich erkenne, was Ihr Armin aufgetragen habt, mir zu zeigen«, sprach sie ernst weiter. »Ich habe nur eine Bitte, nein, eine Forderung.« Selten hatte ich sie so ernst gesehen. Im Moment war sie ganz die Emira, die Löwin von Gasalabad. »Ich fordere von Euch, dass die Legion nicht verloren geht.«
»Ich werde mich bemühen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ihr werdet es tun, hört Ihr, Havald? Es darf
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