Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
stirnrunzelnd an mir vorbei ins Leere.
»Böse, weil sie Helis am Anfang das Kind entriss?«, fragte ich leise nach, doch Serafine schüttelte den Kopf.
»Nein, als Helis verstand, dass es die Mama war, war das richtig, sie konnte nicht mehr denken, aber fühlen, und es fühlt sich richtig an, dass eine Mutter ihr Kind will.« Sie sah entschuldigend in Essera Falahs Richtung. »Sie … ich … es war einfach so. Es sind keine rechten Gedanken oder Gefühle, an die ich mich heute erinnere und die ich in Worte fassen kann, Helis … ich … ich konnte es damals nicht.« Serafines Augen weiteten sich. »In der Nacht kamen zwei Männer und die böse Mama und nahmen die richtige Mama mit, und die böse Mama blieb … Als Faraisa schrie, schlug die böse Mama Faraisa … deshalb war sie ja böse.« Sie lächelte etwas wehmütig. »Es wird Armin vielleicht freuen zu hören, dass viel von ihr geblieben ist. Sie spürte den Unterschied zwischen Gut und Böse, und es war ihr wichtig genug, dass sie von selbst hinging und Faraisa der bösen Mama abnahm.«
Einfache, seltsam klingende Worte aus Serafines Mund, aber zu schwierig für das, was Ordun von Armins Schwester übrig gelassen hatte. Dennoch …
Es war nun Serafine, die vor mir stand. Ihre Erfahrung, ihr Leben, ihr Charakter zeigten sich in Helis’ Gesicht. Aber ich erinnerte mich auch noch an die Helis, die immer mit einem Lächeln für Faraisa da war, immer glücklich schien, wenn sie das Kind in den Armen halten konnte, wortlos Lieder summte, deren Text sie vergessen hatte, und ihr über das Haar strich und sie liebkoste. Ich hätte Helis gerne kennengelernt.
»Ich glaube«, sagte ich laut, »dass die Seele doch mehr ist, als selbst diese Nekromanten ahnen können.«
»Aber niemals hat jemand, der ihnen zum Opfer fiel, seine Seele zurückgewonnen«, sagte der Priester Soltars leise und trat vor Serafine, die unwillkürlich zurückschreckte. »Ihr seid Helis, Armins Schwester, der von Ordun dem Nekromanten in Fahrds Hof die Seele geraubt wurde, nicht wahr?«, fragte er sanft.
»Ja«, antwortete Serafine, aber ihre Augen waren geweitet und hilfesuchend auf mich gerichtet.
»Diener des Soltar, ich …«, begann ich.
»Ihr braucht nicht einzugreifen, Ser Havald«, unterbrach mich der Priester sanft, ohne den Blick von Serafine zu nehmen. »Ich versuche nur das Wunder zu erahnen, das vor mir steht.«
»Es gibt eine Erklärung …«, begann ich erneut, denn ich spürte Serafines Angst. Auch ich befürchtete, dass der Priester in Serafines Wiedergeburt Blasphemie sehen würde, und wenn das geschah, waren die Folgen nicht auszudenken.
»Haltet still, mein Kind, vertraut mir und Soltar«, sagte der Priester leise und legte sanft seine Hände auf Serafines Schläfen. Ihre Augen weiteten sich erst, dann schlossen sie sich. Ganz still stand sie zwischen seinen Händen.
Ich hatte wenig Vertrauen in Soltars Gnade und verfluchte meine Idee, Serafine als meine Begleitung auszuwählen.
»Priester …«, begann ich wieder, doch in diesem Moment ließ er die Hände sinken und trat einen Schritt zurück. Serafine öffnete die Augen und sah erst ihn, dann mich erleichtert an. Sie war noch da. Einen Moment lang hatte ich die verrückte Idee, dass der Priester ihre Seele aus dem Körper lösen und in Soltars Reich schicken könnte …
Der Priester atmete tief durch, während Serafine uns alle unsicher anblickte. Essera Falah und der Gelehrte da Halat sahen aufmerksam zu, der Leibarzt eher neugierig, die Essera mit einem Funkeln in den Augen, das mir gar nicht gefiel.
»Es ist wahrlich ein Wunder.« Er trat zurück, sodass er uns nun alle betrachten konnte. »Es ist eine alte Seele in diesen jungen Leib zurückgekehrt. Zurückgekehrt, sage ich, denn es ist die gleiche Seele, die Ordun diesem Körper entriss, es ist in jede Faser ihres Seins geschrieben, diese Seele ist dafür bestimmt, in dieser Hülle zu leuchten.« Der Priester sprach so leise, dass wir ihn selbst in diesem stillen Raum kaum verstehen konnten. Tränen liefen über seine Wangen, und er sah so ergriffen aus, als habe er das Antlitz seines Gottes selbst gesehen.
»Ich verstehe nicht«, stammelte Serafine. Damit war sie nicht allein.
»Mein Gott erwies mir die unendliche Gnade, die Größe seines Wirkens zu sehen«, flüsterte der Priester. »Ihr habt eine weite Reise hinter Euch gebracht, Helis«, fuhr er dann sanft fort. »Ordun entriss Euch Eure Seele und knechtete sie, Havald entließ sie aus Orduns
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