Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
Wirt musterte mich einen ewig währenden Moment, streckte schließlich einen langen Arm aus und nahm einen großen Holzhumpen in die eine Hand. Er trat an ein kleineres schwarzes Fässchen heran, dessen Zapfhahn er öffnete und eine dunkle schaumige Flüssigkeit in den Humpen laufen ließ. Sachte schloss er den Hahn und stellte den Humpen mit der aufwachsenden braunen Schaumkrone ganz sanft genau vor mir ab. Dass der Schaum überlief, machte nichts, die Theke zeigte mehr als genug Spuren von ähnlichen vergangenen Geschehnissen. Er sah mich an, sogar seine Augen schienen einen Moment lang gelb. Seine Zähne waren es jedenfalls. Die zwischen den Lücken.
Ich nahm den Humpen in eine Hand, sah dem Wirt in die Augen, setzte an und trank. Ich wusste, ich würde es bereuen, aber, bei den Göttern, genau das hatte ich gebraucht. Ich trank weiter. Es war Jahre her, dass ich so getrunken hatte, einen lachenden Ragnar neben mir, der sich bei jedem Schluck, den ich nahm, klatschend auf die Schenkel schlug, während er ein Trinklied sang, das niemand außer ihm kannte. Hier kannten sie wahrscheinlich jeden Vers davon. Ich trank weiter. Der Humpen wollte nicht leer werden, aber dies war jetzt eine Frage des Stolzes. Dummheit gehörte bestraft. Dennoch, das Dunkelbier tat seinen Zweck, der bittere Geschmack und der Blick in diesen gelben Augen schoben alle Gedanken an den kalten Schrein Soltars zur Seite. Ich trank weiter. Der Boden hob sich, ich nahm einen letzten tiefen Schluck …
Und setzte den Humpen mit einem Knall ab.
»Das ist ein richtiges Bier!«, sagte ich so breit grinsend, wie es mir nur möglich war, und wischte mir den Schaum vom Mund ab. Der Wirt nickte.
»Kronskrager. Ein halbes Silberstück.«
Neben mir hörte ich, wie Serafine sich verschluckte.
»Und das ist es allemal wert«, antwortete ich und warf eine Silbermünze auf die Theke.
Stille.
»Und jetzt?«, flüsterte Serafine.
»Gehen wir«, sagte ich, und wir taten genau das. Niemand stellte sich uns in den Weg, keiner sagte etwas. Wir gingen einfach.
»Warst du zu lange in der Sonne?«, fragte Serafine empört, als wir weit genug weg waren, um sicher zu sein, dass nicht doch noch etwas geschehen würde. »Die hätten uns umgebracht!«
»Wahrscheinlich«, sagte ich und blinzelte hinauf zu dem gleißenden Ball, der noch immer hoch am Himmel stand. »Sehr wahrscheinlich sogar.«
»Dass sie uns umbringen würden, oder dass du zu lange in der Sonne warst?«, fragte sie spitz.
»Beides«, antwortete ich. »Jetzt sollten wir sehen, dass wir nach Hause kommen, bevor du mich tragen musst.«
Sie schüttelte den Kopf und lachte. »Als ob ich das könnte!«
Ich fühlte mich nicht besonders schwer. Eher leicht. Ich hielt die Hand vor den Mund und rülpste so dezent wie möglich. Auch etwas, das manchmal nicht ging. Es war ein Fehler gewesen, ja. Aber … bei den Göttern, wie hatte ich anständiges Bier vermisst.
Sie sah mich sprachlos an und wirkte sogar leicht bewundernd.
»Selbst schuld, wenn du umfällst«, sagte sie dann und lächelte, um gleichzeitig den Kopf zu schütteln. »Ihr Männer seid alle gleich. Der Sergeant hat manchmal auch verrückte Dinge getan.«
»Ich bin immer vernünftig«, gab ich zurück und ging schneller. So weit war es ja nicht zum Platz des Korns. »Nur manchmal nicht. Sag es nicht weiter.«
»O doch. Ich sage es einfach Leandra. Sie wird dann schon die richtigen Worte finden.« Serafine lachte. »Hast du das Gesicht des Wirts gesehen? Er hätte nie geglaubt, dass du den Humpen leerst!«
»Ich auch nicht«, sagte ich und ging noch etwas schneller. Ich merkte, wie ich anfing zu schwitzen. »Es war ein Fehler, Serafine, eine Dummheit.«
»Ich weiß nicht, ob es wirklich ein Fehler war«, sagte sie.
Ich sah sie überrascht an und wäre beinahe gestolpert. »Warum?«
»Hast du nicht erwähnt, dass ihr auch bei den Nordmännern vorstellig werden müsst?«
Ich nickte nur. Da vorn war der Platz der Ferne. Es war nicht mehr weit. Ich ging wieder schneller.
»Es wird sich herumsprechen. So etwas spricht sich immer herum. Und wenn herauskommt, dass du es gewesen bist, ist es ein Anfang.«
»Ein Anfang für wasch … was?«
»Ein Gespräch, Havald, ein Gespräch.« Serafine lachte erneut. »Du bist jetzt ein Diplomat. Und ich muss sagen, dass ich deine Art der Diplomatie für überzeugend halte.«
»Und das soll gut sein? Leandra reisch … reißt mir den Kopf ab!«
Sie lachte jetzt offen. »Diese Nordmänner werden
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