Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
triumphalen Siegeszug. Dreißig Kämpfe musst du überleben, dann bist du frei.« Er grinste breit und spuckte mir durch eine Zahnlücke vor die Füße. Nicht dass es einen Unterschied machte: Ich stand ohnehin in meinem eigenen Auswurf.
»Letztes Jahr hat es einer geschafft. Vor sieben Jahren auch.« Er musterte mich neugierig. »Du musst Saik Sarak beeindruckt haben, meist bringt er mir Leute für die andere Seite.«
»Wasch …«, versuchte ich zu fragen, gab es dann aber auf, meine Lippen waren zu sehr geschwollen, und ich hatte Schwierigkeiten, einen Gedanken zu fassen. Er verstand mich auch so.
»Diese Seite ist für die Kämpfer. Das bedeutet, du bekommst Waffen, wenn du in die Arena gehst. Die andere Seite … bekommt keine. Wenn du ein Agent der Emira bist und hoffst, deswegen auf andere Weise hier herauszukommen, vergiss es. Lass diese Hoffnung fahren, denn niemand weiß, wo du bist. Niemand wird nach dir fragen.«
Er nahm einen mehrkantigen Stift aus seinem Beutel, trat an mich heran und löste damit eine Art Schloss an den Manschetten, die mich in den Ketten hielten. Jeder Versuch stehen zu bleiben, war zum Scheitern verurteilt, meine Beine trugen mich nicht mehr, und ich fiel kraftlos vor ihm zu Boden.
»Du hast vier Tage Zeit, zu Kräften zu kommen«, teilte er mir mit. »Dann werden wir sehen, aus welchem Holz du geschnitzt bist.«
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging. Ich hörte, wie er einen schweren Riegel vorlegte, und das Klicken, als er abschloss.
Ich lebte noch, das war das Wichtigste. Vier Tage. So lange beabsichtigte ich nicht zu bleiben. Das war auch vorerst der letzte Gedanke, den ich hatte. Und, dass ich nun einen Namen für meinen Gastgeber hatte. Saik Sarak. Wie eine Woge brachen meine Schmerzen über mich herein, und ich leistete keinen Widerstand und ergab mich der Dunkelheit.
»Sagt, Ser Roderic, wart Ihr schon einmal in einer aussichtlosen Situation?«, fragte mich Königin Eleonora unter dem Apfelbaum. Sie war erwachsen, eine Frau etwa in dem Alter von Kasale, schlank, mit einem fein gezeichneten Gesicht und den Augen, die ich von ihr schon kannte, als sie ein Kind gewesen war, tiefsehend und klug. Ich wusste, dass es ein Traum war, seit über vierzig Jahren war sie ans Bett gefesselt, und ich war mir auch gewiss, dass ich mich nicht in den Gärten in der Kronstadt befand. Aber da, wo ich war, wollte ich nicht sein, dieser Ort gefiel mir besser.
Es war ein Traum, aber es bereitete mir Freude, sie aufrecht stehen zu sehen. Seit ihrem Sturz haderte ich mit den Göttern, dass sie ausgerechnet ihr das angetan hatten.
Sie griff in das Astwerk des Baums über sich und pflückte zwei Äpfel, einen warf sie mir zu. Ich fing ihn und biss hinein, Traum oder nicht, ich mochte Äpfel.
»Ja«, gab ich Antwort. Der Garten gefiel mir zu gut, um daran zu denken, in welcher Lage ich mich befand.
»Was tut Ihr dann?«
Ich zuckte mit den Achseln. »Es ist nicht das, was ich tue, Hoheit«, sagte ich. »Es ist eher das, was ich bin. Stur.«
»Gebt Ihr denn nie auf?«
Ich wich ihrem Blick aus und sah mich im Garten um. Er war auf allen Seiten von hohen Mauern umschlossen, kaum groß genug, um wirklich ein Garten genannt zu werden. Ein kleiner Teich, etwas Rasen, eine Bank und dieser Apfelbaum. Es gab nur einen Zugang hierher, durch eine schwere, eisenbeschlagene Tür. Ein Ort, an dem die Prinzessin spielen konnte und der sicher war. Es war kein besonders großer oder schöner Garten, aber es war ihr Garten.
»Doch, Hoheit. Ich habe oft aufgegeben. Immer dann, wenn ich keinen Sinn mehr in dem sah, was ich tat.« Ich wandte mich wieder ihr zu. »Anders ist es, wenn es sinnvoll erscheint, auszuharren. Und manchmal muss man ausharren, um dem Schicksal Gelegenheit zu geben. Oft ergeben sich Gelegenheiten, Zufälle, die man dann nutzen kann.«
Sie sank elegant auf die Bank und sah nach oben, in einen wolkenlosen, blauen, traumhaft schönen Himmel.
»Glaubt Ihr an den Zufall? Oder ist es alles Fügung?«
»Ich glaube, dass es das Gleiche ist. Ob Zufall oder Fügung, es ist das Leben, das wir haben. Es ist kein Unterschied, ob es nun vorgezeichnet ist oder Folge unserer Entscheidungen. So oder so leben wir das Leben, das das Ergebnis unserer Entscheidungen ist.« Ich ging zu ihr und sank auf ein Knie, um zu ihr hochzusehen. »Ihr habt schon immer die richtigen Entscheidungen getroffen, Hoheit.«
»Ich bin müde, Roderic. So fürchterlich müde.« Sie legte eine Hand auf meinen
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