Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
hing eines der hier üblichen Krummschwerter.
Er musterte mich mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck. Ich hatte sein Gesicht oft genug studiert, denn bis vor Kurzem besaß ich noch eine Zeichnung von ihm, die nach Zokoras Beschreibung angefertigt worden war. Es war der Anführer der Bande, die Marinaes Reisegesellschaft auf dem Weg nach Gasalabad überfallen hatte.
Offensichtlich hatte ich den gefunden, den ich suchte. Ich zog es vor, es so zu sehen, anders herum gefiel mir der Gedanke weniger.
Ich wischte mir mit der Schulter den stinkenden Urin aus dem Gesicht, spuckte hastig aus, was mir davon in den Mund gelangt war, und nahm mir vor, dem Aufseher bei nächster Gelegenheit deutlich zu machen, was ich von solcherart Behandlung hielt.
Vorher jedoch gab es einige Widrigkeiten zu bekämpfen – zum Beispiel meinen dröhnenden Schädel und die Übelkeit, die mich mit einem Brechreiz kämpfen ließ. Der letzte Schlag hatte mich hart getroffen. Auch wenn ich meine Schläfe nicht erreichen konnte, ich fühlte doch das Pochen, zudem blutete ich noch immer, denn meine Schulter war rot von meinem eigenen Lebenssaft. Ich konnte den Göttern wohl für meinen harten Schädel dankbar sein.
»Ihr seid ein dummer Mann, so offen herumzuschnüffeln«, sagte mein hagerer Gast und wog eine dünne Ledermappe in seiner Hand, die ich sehr wohl kannte. »Aber nicht halb der Tölpel, für den ich Euch hielt. Das ist Euer Glück.« Er lächelte leicht. »Jemand, der sich so hart seiner Haut wehren kann, verdient es, sich in der Arena zu beweisen.« Er deutete eine kleine ironische Verbeugung an. »Die zwei Goldstücke und vier Silberstücke sowie die Edelsteine in Eurer Börse werden mir ein angenehmes Leben ermöglichen.« Er beugte sich vor. »Wer seid Ihr, dass Ihr ein solches Vermögen mit Euch herumtragt? Woher sind die Zeichnungen in dieser Mappe, und was wollt Ihr von mir?«
»Die Steine sind verflucht, ein angenehmes Leben steht Euch also nicht bevor. Ich suche Euch, weil Ihr im Auftrag des Turms Karawanen überfallt – und weil es Zeit wird, Euch am Tor der Reue zur Schau zu stellen.«
»Ein Agent der Emira also. Allerdings ein ungeschickter. Willst du mir mehr sagen?«
»Nur, dass Ihr mir nicht entkommen werdet.«
Ich verfluchte mich schon für meine Worte. Es war nicht so, dass ich nicht wusste, in welcher Lage ich mich befand, und wenn ich ehrlich war, hatte ich so meine Zweifel, ob ich das hier überleben würde. Doch in solchen Fällen – gerade dann, wenn mir die Angst den Magen zuzog und mir davon fast übel wurde – neigte ich dazu, es am wenigsten zu zeigen. Aber unter manchen Umständen war es einfach dumm, zu trotzig zu sein. Mein Gegenüber hingegen schien es nur zu amüsieren.
Sein Zeichen war unmerklich, die Handlung des Aufsehers dafür umso deutlicher. Er grinste breit, schlug sich mit der Faust in die offene Handfläche, nahm Aufstellung vor mir und tat dann das, was ihm am meisten Freude bereitete.
Diesmal war es Wasser. Fauliges Wasser, aber immerhin Wasser. Zwei meiner Zähne waren lose, mein linkes Auge war zugeschwollen. Hätte ich gekonnt, hätte ich mich wimmernd auf dem Boden gewunden, die schweren Stiefel des Schlägers hatten auch ihren Weg zwischen meine Beine gefunden. Also gab ich einfach nur seltsame Geräusche von mir. Ja, der Aufseher hatte mich sorgfältig geschunden, die metallenen Dornen an seinen Handschuhen hatten geglänzt vor frischem Blut, und es gab wenig Stellen, die er ausgelassen hatte. Der Mann verstand sein Handwerk wirklich gut, ich war kaum mehr imstande, mich zu regen oder auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Diese Art von Schmerz, dumpf und im wahrsten Sinne des Wortes zerschlagend, hatte ich bislang nicht gekannt. Und wenn doch, dann nicht in dieser beeindruckenden Vollständigkeit. Es war eine wirksame Lektion, und wäre mein Gast noch zugegen gewesen, wäre ich wohl bereit gewesen, die meisten seiner Fragen zu beantworten.
Aber er war es nicht. So neugierig schien er auf meine Antworten doch nicht zu sein.
Der Aufseher war allerdings noch da, und wieder hielt er einen leeren Holzeimer in der Hand.
»Hör zu, Bursche«, sagte er mit rauer Stimme. »Merk dir eins: Du hast Glück gehabt. Du bist zäh und gesund, und deine Knochen sind noch so, wie die Götter sie gefügt haben. Wenn du mir keinen Ärger machst, war das die letzte Unterhaltung dieser Art. Du gehst in die Arena, und es gibt genau zwei Arten, wie man sie verlässt: entweder tot oder in einem
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