Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
zuvor gesehen. Ich steckte die Zeichnungen wieder sorgfältig ein.
»Warum hilfst du mir?«
Angus ließ zwei Kupfermünzen auf den Tisch neben seine leere Teeschale fallen, stand auf, griff seine Axt und hängte sie mit einer geübten Bewegung auf seinem Rücken ein. Er wandte sich zum Gehen, hielt aber kurz inne. »Mir fällt kein Grund ein, es nicht zu tun.«
Wären nicht sein geflochtener blonder Bart und seine fast schon stechend blauen Augen gewesen, hätte man Rork leicht für jemanden aus Bessarein halten können. Zumindest kleidete er sich so. Er war nicht besonders groß, dafür aber breitschultrig unter seinem Burnus, und sein Blick war durchdringend. Er wirkte nicht erfreut darüber, dass jemand am Tor klopfte.
»Wir haben noch geschlossen, Esseri«, knurrte er. »Kommt später wieder.«
»Angus schickt mich.«
»Angus?« Er musterte mich unverhohlen. »Wirklich?«
»Wirklich«, sagte ich und ließ Gold zwischen meinen Fingerspitzen glänzen. »Das gehört dir, wenn du mir helfen kannst. Wenn nicht, ist immer noch ein Silberstück für dich drin.«
»Gold und Silber sind alte Freunde.« Er grinste. »Dann tretet ein und sagt mir, was ich tun muss.«
Er ließ mich passieren und führte mich über einen sorgsam angelegten Weg durch den kleinen Garten zum Haupthaus, wo es durch eine Halle in ein kleines Zimmer neben dem Eingang ging. Die Halle allein versetzte mich in Staunen. Alles war kostbar eingerichtet, goldene Lampen hingen an silbernen Ketten von der hohen Decke. Überall standen niedrige, gut gepolsterte Sessel und Liegen, sowohl Wand als auch Fußboden und Decken zeigten verschiedene, zum Teil unglaubwürdige Szenen, in denen meist leicht bekleidete Frauen und Männer vorkamen. Obwohl, dort drüben waren auch zwei Orks und eine Elfe bei etwas zu bestaunen, das ich nicht näher ausführen sollte.
»Ist das möglich?«, fragte ich fassungslos, als ich mir eine der pikanten Szenen genauer ansah.
Er warf einen kurzen Blick auf das Mosaik und lachte. »Was weiß ich, aber ich denke, mein Rücken wäre mir zu schade dafür.« Er ging in das Zimmer vor, ich folgte ihm kopfschüttelnd. Dieses Zimmer, weitaus schmuckloser, war wohl seines, denn hier befanden sich ein ungemachtes Bett, ein Schrank, eine Anrichte mit einer Waschschüssel darauf, ein Stuhl und ein kleiner Tisch, sonst nichts. Er schloss die Tür hinter uns.
»Ich werde niemanden für Euch erschlagen«, sagte er dann. »Aber wenn wir über einen Denkzettel reden, bin ich Euer Mann.«
»Das ist es nicht«, teilte ich ihm mit und zeigte ihm das Bild von dem Mann mit dem angebissenen Kinn. »Kennst du den?«
Er warf nur einen kurzen Blick darauf. »Ja. Kein Zweifel. Er wollte Reka drohen, da hab ich ihn rausgeschmissen.« Er musterte mich und meine Kleider zweifelnd. »Was hat ein feiner Herr wie Ihr mit so einem Halunken zu tun?«
»Ist er das? Ein Halunke?«
»Jedenfalls ist er niemand, den ich Freund nennen will«, sagte er trocken. »Ich hoffe, dass er früher oder später ein Bad im Gazar nimmt und die Flussdrachen speist.«
»Erzähl mir, was geschehen ist«, sagte ich und legte ein Goldstück auf die kleine Anrichte neben dem ungemachten Bett.
»Reka ist eine schöne Frau mit gewissen … Fertigkeiten«, berichtete er. »Gerade in feineren Kreisen ist sie gern gesehen, denn sie weiß sich zu benehmen. Sie ist eine der wenigen, die außer Haus arbeiten, und vor drei Tagen war sie Gast bei einem kleinen Fest im Haus des Turms. Als sie zurückkam, wirkte sie verängstigt. Sie wollte nicht sagen, warum, aber da man sie nicht misshandelt hatte, ließ ich es auf sich beruhen. Noch in der gleichen Nacht tauchte dieser Kerl auf, unter dem Vorwand, sie zu besuchen, und drohte ihr die übelsten Dinge an, wenn sie jemals jemandem etwas von dem erzählen würde, was sie in jener Nacht dort gesehen hat.« Er hielt kurz inne. »Der Kerl war zum ersten Mal hier, deshalb war ich wachsam. Als Rekas Zeichen ausblieb, ging ich rein und warf ihn aus dem Fenster. Er versuchte sogar mit einem Dolch nach mir zu stechen.« Er sah mich empört an. »So etwas macht mich wütend.«
»Hat Reka erzählt, was sie gesehen hatte?«, fragte ich, und er schüttelte den Kopf.
»Es gibt eine Regel hier«, erklärte er mir. »Man kann fragen, aber wenn man keine Antwort bekommt, lässt man es auf sich beruhen.«
Ich legte ein weiteres Goldstück zu dem ersten. »Meinst du, man kann Reka überreden, die Geschichte zu erzählen?«
Er schaute auf die
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