Der Herr der Puppen: Das Geheimnis von Askir 4 (German Edition)
ich den obersten Punkt der Kuppel erreicht hatte, denn hier gab es eine ebene Plattform und ein umlaufendes Geländer aus Metall, das zwar leicht verrostet schien, aber stabil wirkte. Ich war dankbar darum. Unter einer schweren, aber zum größten Teil verrotteten Plane befand sich das, was der Spiegel sein musste, doch zuerst verstand ich die Konstruktion nicht. Ich hatte mir irgendetwas vorgestellt, aber nichts so Beeindruckendes wie das, was sich hier an der höchsten Stelle Bessareins befand. Nur die Säule auf dem Platz der Ferne war höher.
Das Klima in Bessarein behinderte Rost eigentlich, dennoch brauchte es ordentlich Öl und grobe und feine Pinsel, harte Bürsten und jede Menge Lappen und Wasser – und reichlich Schweiß. Die beiden Soldaten erklommen immer wieder klaglos die schmale Stiege, um uns das zu bringen, was wir benötigten.
Der Spiegel maß bestimmt fünf Schritt im Durchmesser und war entsprechend schwer, auch wenn er nicht so massiv war, wie ich angenommen hatte. Es war eigentlich nur dünnes Goldblech auf einer Trägerkonstruktion. Diese war eingelassen in einen schweren eisernen Rahmen, der in einem weiteren Rahmen hing, der wiederum mit zwei Kurbeln aufgerichtet werden konnte. Eine weitere Kurbel konnte ihn dann innerhalb des Rahmens auf der stehenden Achse drehen, mit einer vierten konnte man den Spiegel innerhalb des inneren Rahmens auch auf der waagerechten Achse kippen.
Am Rahmen selbst gab es eiserne Tritte, die zu einer Art Hochsitz am oberen Rand führten, wo es eine Latte mit Riefen gab und einen Schlitten mit zwei Löchern darin, der auf dieser Latte hoch und runter bewegt werden konnte.
Sofern man reichlich Öl hinzugab und den Staub und Dreck von Jahrhunderten entfernte. Das war es, was uns noch zu tun blieb. Vor dem Spiegel konnte eine weitere Konstruktion mit großen Lamellen aufgerichtet werden.
Alles klemmte, alles war verdreckt, keine der Kurbeln war auf Anhieb zu bewegen. Es war verwunderlich, wie viel Sand den Weg hierher, so hoch über die Dächer der Stadt, gefunden hatte. Sogar einige zähe Pflanzen wuchsen in den Fugen.
Die Arbeit war schweißtreibend und mühsam. Ich half, wir alle halfen, aber letztlich dauerte es so lange, dass die Essera Kissen hochbringen ließ, einen niedrigen Tisch, zudem noch Krüge mit frischem Saft und zusätzlich noch ein Sonnendach, sodass es sich ergab, dass wir zum Schluss bequem hier oben saßen und einen unglaublichen Ausblick über die Goldene Stadt genossen, die sich mir zum ersten Mal in ihrer Gesamtanlage erschloss.
Die Soldaten dagegen hatten sich längst ihrer Rüstungen entledigt und schufteten mit nacktem Oberkörper weiter. Die Damen sahen durchaus aufmerksam zu, ich betrachtete währenddessen die Stadt.
Die vielen Tore und Mauern offenbarten plötzlich ihren Sinn, so groß, wie die Stadt war. Sie war wehrhaft angelegt, die Plätze hatten ihren Nutzen als Aufmarschgebiet für die Reserven der Verteidigung oder als offene Schussfelder für die Armbrustschützen. Das Muster war hier und da durchbrochen, neuere Anlagen oder Plätze und Gärten kümmerten sich nicht mehr um das alte Prinzip der Wehrhaftigkeit. Dennoch war es sicherlich ein militärischer Albtraum, Gasalabad erobern zu wollen, vor allem, wenn die Bevölkerung es nicht wollte.
Bei so vielen Menschen würde es reichen, wenn jeder Einwohner nur einen Stein warf, um Angreifer abzuschrecken. Es sei denn, der Angreifer wäre schon in der Stadt. Von hier aus konnte ich sowohl die Botschaft der Reichsstadt mit ihren kräftigen Mauern sehen als auch den Palast des verräterischen Turms.
Kurz vor Mittag gesellte sich auch Faihlyd für eine Weile zu uns. Sie wirkte noch immer mitgenommen, die Tropfen, die ihr den Schlaf gebracht hatten, hatten nicht viel zu ihrer Erholung beigetragen. Unsere Blicke trafen sich, ich wusste ja, warum ihr der Schlaf fern geblieben war. Sie fragte mich leise, ob ich wisse, wo sich Armin befand, aber ich konnte es ihr nicht sagen.
Als sie erfuhr, was wir hier taten, blühte die Emira richtiggehend auf und befahl den Soldaten, uns frischen gekühlten Saft zu bringen und ein paar weitere Kissen. Hätten mehr als vier gleichzeitig an dem Mechanismus arbeiten können, hätte sie uns wohl auch noch eine Armee auf die Kuppel geschickt. Doch so waren es nur vier Soldaten der Palastwache, die mit freiem Oberkörper unter der sengenden Sonne schufteten, während wir im Schatten des Sonnensegels saßen und kühlen Saft tranken. Auch die Soldaten
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