Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Gerstel, sagt er, ich muss morgen früh fort. Tust du mir einen Gefallen? Musst nur sagen, welchen, sag ich. Ich bin in Eile, sagt er, und hab keine Zeit, hinzugehn, aber ich möchte eine Nachricht ins Auenland schicken. Weißt du jemanden, der sie hinbringen kann und auf den Verlass ist? Ich werde schon jemanden finden, sag ich, vielleicht morgen oder übermorgen. Bitte morgen! sagt er, und dann hat er mit einen Brief gegeben.
Die Adresse steht ganz deutlich drauf«, sagte Herr Butterblüm und zog den Brief aus der Tasche. Langsam und genüsslich las er die Adresse vor (er legte
viel Wert auf seinen Ruf als lesekundiger Mensch):
HERRN FRODO BEUTLIN
BEUTELSEND
HOBBINGEN/AUENLAND
»Ein Brief von Gandalf an mich!«, rief Frodo.
»Aha!«, sagte Herr Butterblüm. »Also ist Beutlin Ihr richtiger Name?«
»Jawohl«, sagte Frodo, »und nun geben Sie den Brief aber sofort her, und erklären Sie mir, warum Sie ihn nicht abgeschickt haben! Das ist es doch wohl, was Sie mir sagen wollten – obwohl es elend lange gedauert hat, bis Sie zur Sache kamen.«
Der arme Herr Butterblüm schaute sehr betrübt drein. »Sie haben ganz Recht«, sagte er, »und ich bitte um Verzeihung. Und ich habe eine Sterbensangst, was Gandalf wohl sagen wird, wenn ein Schaden daraus entsteht. Aber ich hab den Brief nicht mit Absicht zurückgehalten. Ich hab ihn erst mal sicher verwahrt, und dann fand ich niemanden, der bereit war, gleich am nächsten Tag ins Auenland zu gehn, am übernächsten auch nicht, und von meinen Leuten konnte ich niemand entbehren, und so kam eins ums andere dazwischen, bis ich’s ganz vergessen hatte. Ich hab ja so viel um die Ohren! Ich will tun, was ich kann, um es wieder gutzumachen, und wenn ich Ihnen mit irgendwas behilflich sein kann, müssen Sie’s nur sagen.
Das hatte ich Gandalf sowieso versprochen, ganz abgesehen von dem Brief. Gerstel, hat er zu mir gesagt, dieser Freund von mir aus dem Auenland, der kommt vielleicht schon bald hier vorbei, er und noch einer. Er wird sagen, er heißt Unterberg, denk daran! Aber du brauchst keine Fragen zu stellen. Und wenn ich nicht bei ihm bin, kann es sein, dass er Probleme hat und Hilfe braucht. Tu für ihn, was du kannst, und ich werde dir’s danken, hat er gesagt. Und da seid ihr nun, und die Probleme scheinen auch nicht weit weg zu sein.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Frodo.
»Diese schwarzen Männer«, sagte der Wirt und senkte die Stimme. »Die suchen nach Beutlin, und wenn die was Gutes im Schilde führen, dann will ich ein Hobbit sein. Das war am Montag,da fingen plötzlich die Hunde alle zu winseln an, und die Gänse haben gezischt. Unheimlich! hab ich gesagt. Nob, der kommt rein und sagt mir, da sind zwei schwarze Männer an der Tür und fragen nach einem Hobbit namens Beutlin. Nob standen die Haare zu Berge. Ich hab zu den schwarzen Kerlen gesagt, macht, dass ihr fortkommt! und ihnen die Tür vor der Nase zugeknallt; aber dann, hab ich gehört, haben sie auf dem ganzen Weg bis Archet immer wieder nach Beutlin gefragt. Und der Streicher, dieser Waldläufer, der ist mir auch schon mit solchen Fragen gekommen. Wollte hier rein und mit Ihnen reden, bevor Sie auch nur einen Happen gegessen hatten, hat er verlangt!«
»Das hat er verlangt!«, sagte Streicher und trat unversehens ins Licht vor. »Und viel Ärger wäre uns erspart geblieben, wenn du ihn eingelassen hättest, Gerstenmann.«
Der Wirt zuckte vor Schreck zusammen. »Du!«, rief er. »Überall musst du deine Nase reinstecken! Was willst du denn hier?«
»Herr Streicher ist mit meiner Erlaubnis hier«, sagte Frodo. »Er ist gekommen, um mir seine Hilfe anzubieten.«
»Na, Sie müssen ja wissen, was Sie wollen«, sagte Herr Butterblüm und sah Streicher misstrauisch an. »Aber ich an Ihrer Stelle, wenn ich solche Probleme am Hals hätte, da würde ich mich nicht mit so einem Waldläufer einlassen.«
»Mit wem würdest du dich denn einlassen?«, fragte Streicher. »Mit einem dicken Gastwirt, der seinen eigenen Namen vergessen würde, wenn ihn die Leute nicht den ganzen Tag riefen? Sie können doch nicht für immer hier im Pony bleiben, und nach Hause gehn können sie auch nicht. Sie haben noch einen langen Weg vor sich. Willst du mit ihnen gehn und ihnen die schwarzen Kerle vom Leib halten?«
»Ich aus Bree fortgehn? Nicht für alles Geld!«, sagte Herr Butterblüm, dem der Schreck nun wirklich in die Glieder fuhr. »Aber warum können Sie nicht einfach in aller Ruhe eine Weile hier bleiben, Herr
Weitere Kostenlose Bücher