Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
herumfragen.«
»Ja«, sagte Streicher zögernd, »das wäre nicht schlecht. Ich fürchte, wir müssen versuchen, wenigstens ein Pony zu bekommen. Aber damit entfällt jede Hoffnung, früh aufzubrechen und unbemerkt zu verschwinden. Ebenso gut könnten wir mit einem Hornruf unsere Abreise verkünden. Das gehört sicher mit zum Plan unserer Verfolger.«
»Ein Gutes hat die Sache immerhin«, sagte Merry. »Nicht viel, aber doch etwas: Während wir warten müssen, können wir frühstücken – und nicht im Stehen! Nob soll sich gleich darum kümmern.«
Am Ende verloren sie über drei Stunden. Bob kam zurück und meldete, in der Nachbarschaft sei kein Pony aufzutreiben, weder für Geld noch für gute Worte – bis auf eines, das Lutz Farnrich gehöre, der es unter Umständen verkaufen würde. »Ein elendes Tier«, sagte Bob, »alt und halb verhungert, aber wie ich den Farnrich kenne, gibt er es nicht unter dem Dreifachen seines Wertes her, weil er ja weiß, in welcher Lage ihr seid.«
»Lutz Farnrich?«, sagte Frodo. »Steckt da nicht etwas dahinter? Ob uns das Tier nicht ausreißt und mit allen unseren Sachen zu ihm zurückrennt? Oder es könnte irgendwie helfen, uns aufzuspüren oder so etwas?«
»Frag ich mich auch«, sagte Streicher. »Aber ich kann mir kein Tier vorstellen, das freiwillig zu dem zurückkehren würde, wenn es einmal weg ist. Ich denke mir, dem lieben Herrn Farnrich geht es nur um die Nebeneinnahme: Er will bei der Sache einfach noch ein bisschen Extraprofit machen. Mein größtes Bedenken ist, dass das arme Vieh womöglich dem Tode nah ist. Aber es scheint, wir haben keine Wahl. Wie viel verlangt er denn?«
Der Preis war zwölf Silberpfennige: tatsächlich mindestens dreimal so viel, wie das Pony in dieser Gegend wert war. Es erwies sich als ein knochiges, unterernährtes und verdrossenes Tier, sah aber nicht so aus, als stünde sein Ende unmittelbar bevor. Herr Butterblüm bezahlte es aus seiner Tasche und gab Merry weitere achtzehn Pfennige als Entschädigung für die verschwundenen Ponys. Er war ein Ehrenmann und nach breeländischen Maßstäben wohlhabend; dennoch waren dreißig Silberpfennige ein schwerer Verlust für ihn, und ausgerechnet von Lutz Farnrich darum geprellt zu werden, machte alles noch schwerer erträglich.
Tatsächlich kam er am Ende gar nicht so schlecht weg. Wie sich später herausstellte, war nur ein Pferd wirklich gestohlen worden. Die anderen waren nur weggetrieben oder so erschreckt worden, dass sie durchgingen; sie wurden in allerlei Winkeln des Breelandes wiedergefunden. Merrys Ponys waren alle zusammen entkommen und fanden (dank ihrem gesunden Ponyverstand) den Weg zu den Höhen, auf der Suche nach dem dicken Plumpel. So kamen sie für einige Zeit in Tom Bombadils Obhut, wo sie gut dran waren. Doch als Tom von den Ereignissen in Bree hörte, schickte er sie zu Herrn Butterblüm, der letztlich also für fünf gute Tiere einen sehr mäßigen Preis bezahlt hatte. In Bree mussten sie schwerer arbeiten, aber Bob behandelte sie anständig. Alles in allem hatten sie Glück gehabt: Sie versäumten eine unheimliche und gefährliche Reise. Aber nach Bruchtal kamen sie nie.
Einstweilen aber musste Herr Butterblüm annehmen, dass er sein Geld in den Rauch schreiben konnte. Und er bekam noch mehr Probleme. Denn es gab einen großen Aufruhr, als die anderen Gäste morgens von dem nächtlichen Überfall auf das Gasthaus erfuhren. Die Reisenden aus dem Süden hatten mehrere Pferde eingebüßt und gaben lauthals dem Wirt die Schuld, bis bekannt wurde, dass einer der ihren ebenfalls in der Nacht verschwunden war, und zwar niemand anders als Lutz Farnrichs schieläugiger Kumpan. Sogleich fiel der Verdacht auf ihn.
»Wenn ihr euch mit einem Pferdedieb zusammentut und ihn inmein Haus mitbringt«, sagte Herr Butterblüm wütend, »dann solltet ihr auch für den Schaden selbst geradestehen und nicht kommen und mir etwas vorzetern. Geht doch zu Farnrich und fragt ihn, wo euer schöner Freund ist!« Aber anscheinend war der Mann niemandes Freund, und niemand konnte sich erinnern, wann und wie er zu der Reisegesellschaft gestoßen war.
Nach dem Frühstück mussten die Hobbits umpacken und ihre Vorräte für die längere Reise ergänzen, auf die sie sich nun einrichten mussten. Erst kurz vor zehn Uhr waren sie fertig. Inzwischen war ganz Bree in heller Aufregung. Frodos unerklärliches Verschwinden beim Tanz auf einem Biertisch, das Auftauchen der Schwarzen Reiter, die Plünderung der
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