Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Ställe und nicht zuletzt die Neuigkeit, dass sich der Waldläufer Streicher den geheimnisvollen vier Hobbits angeschlossen hatte: All dies ergab eine Geschichte, mit der man sich über viele ereignislose Jahre hinwegtrösten konnte. Die meisten Bewohner von Bree und Stadel und sogar noch viele aus Schlucht und Archet drängten sich an der Straße, um den Aufbruch der Reisenden mit anzusehen. Die anderen Gäste des Tänzelnden Ponys standen an den Türen oder lehnten sich aus den Fenstern.
Streicher hatte es sich anders überlegt; er wollte Bree nun auf der Hauptstraße verlassen. Jeder Versuch, sofort querfeldein zu gehen, würde ihre Lage nur verschlimmern: Halb Bree würde ihnen nachlaufen, um zu sehen, was sie vorhätten, und um sie am unbefugten Betreten der Felder zu hindern.
Sie sagten Nob und Bob auf Wiedersehn und sprachen Herrn Butterblüm zum Abschied ihren herzlichen Dank aus. »Hoffentlich sehen wir uns eines Tages unter freundlicheren Umständen wieder«, sagte Frodo. »Nichts wäre mir lieber als eine ruhige Zeit als Gast in Ihrem vortrefflichen Haus.«
Besorgt und bedrückt marschierten sie los, unter den Blicken der Menge. Nicht alle Gesichter waren freundlich und auch nicht alle Worte, die man ihnen zurief. Aber mit Streicher schienen die meisten Breeländer sich nicht anlegen zu wollen; und alle, die er scharf ansah, hielten den Mund und wichen zurück. Er ging mit Frodovoran, dann kamen Merry und Pippin und zuletzt Sam mit dem Pony, dem sie so viel von ihrem Gepäck aufgeladen hatten, wie sie irgend übers Herz brachten; trotzdem schaute es schon nicht mehr ganz so missmutig drein und schien sich mit seinem veränderten Los abgefunden zu haben. Sam kaute nachdenklich an einem Apfel. Er hatte die Tasche voller Äpfel, ein Abschiedsgeschenk von Nob und Bob. »Äpfel im Gehen und eine Pfeife im Sitzen«, sagte er. »Aber ich schätze, beides werd ich bald sehr vermissen.«
Die Hobbits achteten nicht auf die Köpfe, die neugierig aus den halb offenen Türen lugten oder über den Mauern und Zäunen auftauchten, als sie vorübergingen. Doch als sie sich dem Südtor näherten, sah Frodo ein düsteres, verwahrlostes Gemäuer hinter einer dichten Hecke: das letzte Haus des Dorfes. In einem der Fenster erkannte er ein fahles, schlitzäugiges Gesicht, das sofort wieder verschwand.
»Hier also hält sich dieser Südländer versteckt«, dachte er. »Der sieht doch beinah wie ein Ork aus.«
Über die Hecke hinweg glotzte ein anderer Mensch sie frech an. Er hatte dichte schwarze Brauen und dunkle, verächtlich dreinblickende Augen; der breite Mund verzog sich zu einem hämischen Grinsen. Er rauchte eine kurze schwarze Pfeife. Als sie herankamen, nahm er sie aus dem Mund und spuckte aus.
»Morgen, Langstelz!«, sagte er. »So früh auf den Beinen? Endlich doch noch Freunde gefunden, was?« Streicher nickte nur und gab keine Antwort.
»Morgen, meine kleinen Freunde!«, sagte Farnrich zu den Hobbits. »Ich denke, ihr wisst ja wohl, mit wem ihr euch da einlasst? Das ist Streicher der Unerschrockene, weil er nämlich vor nichts zurückschreckt. Aber ich hab auch schon andere Namen für ihn gehört, nicht so freundliche. Passt bloß auf heute Nacht! Und du, Sammi, behandle mein armes altes Pony nicht schlecht! Pöh!« Er spuckte noch einmal aus.
Rasch drehte Sam sich zu ihm um. »Und du, Farnrich«, sagte er, »versteck deine widerliche Fratze, sonst kriegt sie was ab!« Eine blitzschnelle Handbewegung, und ein Apfel traf Farnrich voll aufdie Nase. Zu spät duckte er sich, und seine Flüche kamen hinter der Hecke vor. »Schade um den guten Apfel!«, sagte Sam bedauernd und ging weiter.
Endlich ließen sie das Dorf hinter sich. Der Schwarm von Kindern und Neugierigen, die ihnen nachgelaufen waren, wurde es müde und machte am Südtor kehrt. Nachdem sie das Tor passiert hatten, gingen sie noch ein paar Meilen weiter auf der Straße. Sie bog nach links um den Fuß des Breebergs, bis sie ihre östliche Richtung wieder gefunden hatte, und führte dann, rasch abfallend, in Waldland hinein. An den flacheren südöstlichen Berghängen zur Linken konnten sie manche der Häuser und Hobbithöhlen von Stadel sehen. Aus einer tiefen Mulde etwas nördlich von der Straße stiegen Rauchsträhnen auf, die anzeigten, wo das Dorf Schlucht lag. Archet dagegen, weiter hinten in den Wäldern, war nicht zu sehen.
Nach einem Stück bergab, als der Breeberg schon hoch und braun hinter ihnen zurückblieb, kamen sie zu einem schmalen
Weitere Kostenlose Bücher