Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
dem er in seine Obhut gelangte. Zu jeder Etappe seiner Reise von Hobbingen bis zur Bruinenfurt wurden Fragen und Überlegungen vorgebracht, und alles, woran er sich in Bezug auf die Schwarzen Reiter erinnern konnte, wurde eingehend besprochen. Endlich setzte er sich wieder hin.
»Nicht schlecht!«, sagte Bilbo zu ihm. »Es wäre eine gute Geschichte geworden, wenn sie dich nicht immerzu unterbrochen hätten. Ich hab versucht, mir Notizen zu machen, aber irgendwann müssen wir zusammen alles noch mal durchgehen, wenn ich es aufschreiben soll. Da haben wir Stoff für mehrere Kapitel, bis du auch nur hierher kommst.«
»Ja, sie wurde schon ein bisschen lang, die Geschichte«, sagte Frodo. »Trotzdem kommt sie mir noch nicht vollständig vor. Ich möchte noch einiges mehr wissen, besonders über Gandalf.«
Galdor von den Anfurten, der nahebei saß, hörte mit, was er sagte. »Du sprichst mir aus dem Herzen!«, rief er. Dann wandte ersich an Elrond: »Aus gutem Grund mögen die Gelehrten glauben, dass des Halblings Fund wirklich der viel besprochene große Ring sei, so wenig wahrscheinlich dies den minder Kundigen anmutet. Doch können wir nicht die Beweise hören? Und noch eines wüsste ich gern: Was sagt Saruman? Ringkundig ist er wie wenige sonst und doch nicht unter uns. Welches ist sein Ratschluss – wenn er von alledem weiß, was wir soeben hörten?«
»Miteinander verbunden sind deine Fragen, Galdor«, sagte Elrond. »Ich hatte sie nicht übersehen, und sie sollen beantwortet werden. Doch dies zu erklären, ist Gandalfs Sache, und ihn rufe ich nun als Letzten auf, denn dies ist der Ehrenplatz, und in dem ganzen Geschäft ist er der Leiter und Lenker gewesen.«
»Manche würden meinen, Galdor«, sagte Gandalf, »dass Glóins Nachricht und Frodos Verfolgung zur Genüge beweisen, dass der Fund des Halblings für den Feind ein Gegenstand von hohem Wert ist. Und zwar ein Ring. Doch welcher? Die Neun haben die Nazgûl. Die Sieben wurden den Zwergen abgenommen oder vernichtet.« Bei diesen Worten rührte sich Glóin, sagte aber nichts. »Über die Drei sind wir im Bilde. Welcher also ist dieser eine, den er so heiß begehrt?
Zwischen dem Strom und dem Gebirge, zwischen dem Verlust des Ringes und dem Wiederfinden erstreckt sich freilich in der Zeit eine weite Leere. Doch die Lücke im Wissen der Gelehrten wurde nun endlich geschlossen. Leider erst sehr spät. Denn der Feind war uns dicht auf den Fersen, dichter, als ich befürchtet hatte. Und wir haben Glück, dass er erst in diesem Jahr, in diesem Sommer nämlich, wie es scheint, die volle Wahrheit erfahren hat.
Manche hier werden sich erinnern, dass ich selbst mich vor vielen Jahren einmal über die Schwelle des Nekromanten in Dol Guldur gewagt und sein Treiben dort heimlich erforscht habe. Dabei fand ich heraus, dass unsere Befürchtungen zutrafen: Er war niemand anders als Sauron, unser alter Feind, der nun wieder zu einer Gestalt und zu Kräften kam. Einige werden sich auch erinnern, dass Saruman uns von offenen Feindseligkeiten gegen ihn abriet, und langehaben wir ihn nur beobachtet. Doch endlich, als sein Schatten wuchs, gab Saruman nach, und der Rat bot seine Kraft auf und vertrieb das Übel aus dem Düsterwald – und zwar im gleichen Jahr, in dem auch dieser Ring gefunden wurde: ein merkwürdiger Zufall, wenn es denn einer war.
Aber, wie Elrond vorausgesehen hatte, kamen wir zu spät. Sauron hatte seinerseits uns beobachtet und sich auf unseren Schlag lange vorbereitet. Mordor regierte er, bevor dort alles bereit war, schon aus der Ferne über Minas Morgul, wo seine neun Diener saßen. Dann floh er vor uns, aber nur zum Schein, und bald darauf nahm er den Dunklen Turm wieder in Besitz und gab sich offen zu erkennen. Darauf trat der Rat zum letzten Mal zusammen, denn nun hatten wir erfahren, dass Sauron immer emsiger nach dem Einen suchen ließ. Wir befürchteten, er könne irgendeine Nachricht über ihn haben, von der wir nichts wussten. Saruman aber versicherte, daran sei nichts, und wiederholte, was er uns schon früher gesagt hatte: dass der Eine niemals wieder in Mittelerde zu finden sein werde.
›Im schlimmsten Falle‹, sagte er, ›weiß unser Feind, dass wir ihn nicht haben und dass er noch immer vermisst wird. Doch was verloren ging, mag wieder gefunden werden, denkt er. Fürchtet nichts! Trügen wird ihn die Hoffnung. Habe nicht ich diese Sache ernstlich erforscht? In den großen Anduin ist der Ring gefallen, und längst, während Sauron noch
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