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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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den Mulden. Die Reiter sprachen nicht mehr. Vielen kamen Zweifel und trübe Gedanken, wie dieser Ritt wohl ausgehen werde.
    Nach einigen Meilen wurde die Straße zu einer breiten Allee, gepflastert mit großen viereckigen Steinen, die so eng aneinanderschlossen, dass nirgendwo in einer Fuge für ein Hälmchen Gras Platz war. Zu beiden Seiten verliefen tiefe Rinnen, in denen ein wenig Wasser abfloss. Plötzlich sahen die Reiter eine hohe Säule vor sich. Sie war schwarz und trug einen großen, weiß gestrichenen Stein in der Form einer langen Hand. Der ausgestreckte Zeigefinger wies nach Norden. Sie wussten, dass es bis zum Tor von Isengard nicht mehr weit sein konnte, und ihnen wurde beklommen zumute; aber ihre Augen konnten den Nebel vor ihnen nicht durchdringen.
    Am Fuß der Bergkette stand im Tal des Zauberers seit ungezählten Jahren die alte Festung, die bei den Menschen nun Isengard hieß. Zum Teil war sie so alt wie das Gebirge, aber auch die Menschen von Westernis hatten dort mächtige Bauten errichtet; und Saruman, der seit langem dort wohnte, war nicht untätig gewesen.
    So sah es dort aus, als Saruman auf dem Gipfel seiner Macht war und von vielen als Oberster der Zauberer angesehen wurde: Ein großer Ringwall sprang wie eine hohe Felswand vom Hang des Berges vor, an den er sich anlehnte, und kehrte in weitem Bogen wieder zurück. Nur ein Tor gewährte Einlass, unter einem hohen Bogen an der Südseite. Hier war ein langer Tunnel durch den schwarzen Fels gehauen und an beiden Enden mit mächtigen eisernen Türen versperrt. Die Türen waren so gearbeitet und hingen so ausgewogen in großen Angeln an den ins natürliche Gestein versenkten Stahlpfosten, dass sie, wenn nicht verriegelt, mit einer leichten Armbewegung lautlos geöffnet werden konnten. Wer eingetreten war und den hallenden Tunnel durchschritten hatte, sah vor sich eine große kreisrunde Ebene, innen etwas vertieft wie ein riesiger flacher Teller, eine Meile weit, von Rand zu Rand gemessen. Einst war dies ein grüner Bezirk mit Straßen und Obstgärten gewesen, bewässert von Bergbächen, die hier zu einem kleinen See zusammenflossen. Aber in Sarumans späteren Tagen wuchs dort nichts Grünes mehr. Die Straßen waren mit harten, dunklen Steinplatten gepflastert, und an ihren Rändern standen keine Bäume, sondern lange Reihenvon Säulen, manche aus Marmor, manche aus Kupfer oder Stein, verbunden durch schwere Ketten.
    An der Innenseite des Walls standen viele Häuser. Hallen, Kammern und Gänge waren in den Wall selbst eingelassen, sodass die ganze offene Kreisfläche von unzähligen Fenstern und dunklen Türen umgeben war. Tausende konnten dort unterkommen: Arbeiter, Diener, Sklaven und Krieger mit großen Waffenlagern; und in unterirdischen Ställen wurden Wölfe gehalten. Auch die Ebene war durchlöchert und unterwühlt. Schächte waren tief in den Boden hineingetrieben und am Einstieg mit flachen Hügeln oder steinernen Kuppeln bedeckt: Im Mondschein sah der Ring von Isengard wie ein Friedhof mit unruhig schlafenden Toten aus. Denn der Boden bebte. Die Schächte führten über viele Stollen und Wendeltreppen in tiefe Verliese hinab; und dort hatte Saruman seine Schatzkammern, Vorrats- und Waffenlager, Schmieden und Schmelzöfen. Eiserne Räder drehten sich unablässig, und Hämmer dröhnten. Dampfwolken, auf die von unten rotes, blaues oder giftgrünes Licht fiel, strömten nachts aus den Abzugsschächten.
    Alle Straßen liefen zwischen ihren Ketten auf die Mitte zu. Dort stand ein Turm von herrlicher Gestalt. Er war von den alten Baumeistern geschaffen, die den Ring von Isengard eingeebnet hatten, und doch sah er nicht wie von Menschenhand gebildet aus, sondern wie in den urzeitlichen Geburtswehen der Berge aus dem Gebein der Erde herausgerissen. Wie ein gezackter Berggipfel und zugleich wie eine Felseninsel war er, schwarz und glänzend hart: Vier mächtige Pfeiler aus vielkantigem Stein waren zu einem einzigen zusammengeschweißt, doch nah unter dem Gipfel trennten sie sich und liefen in vier Zacken aus, die Zinnen des Turms, spitz wie Speere und die Kanten messerscharf. In dem engen Raum zwischen ihnen, auf einer Plattform aus glatt geschliffenem Stein, die mit seltsamen Zeichen beschriftet war, konnte man aus fünfhundert Fuß Höhe über die Ebene hinsehen. Dies war Orthanc, Sarumans Zitadelle, und der Name hatte (zufällig oder auch nicht) eine zweifache Bedeutung; denn im Elbischen bedeutet orthanc »Gabelberg«, in der alten Sprache

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