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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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Gandalf der Weiße, vom Tode wiedergekehrt. Du hast nun keine Farbe mehr. Ich verstoße dich aus dem Orden und aus dem Rat.«
    Er hob die Hand und sprach nun mit kalter, deutlicher Stimme. »Saruman, dein Stab ist zerbrochen.« Man hörte ein Knacken, der Stab in Sarumans Hand brach entzwei, und das obere Ende fiel Gandalf vor die Füße. »Geh!«, sagte Gandalf. Mit einem Aufschrei taumelte Saruman rückwärts und schlich davon. Im gleichen Augenblick kam ein schwerer, glänzender Gegenstand von oben herabgeflogen. Er sprang von dem eisernen Geländer ab, wo Saruman es soeben verlassen hatte, sauste dicht an Gandalfs Kopf vorüber und prallte auf die Treppenstufe, auf der er stand. Mit einem dröhnenden Knall zerbrach das Geländer, und die Stufe knackte und barst in funkelnde Splitter. Der Gegenstand selbst aber hüpfte unbeschädigt die Stufen hinab: eine Kugel aus dunklem Kristall, doch aus einem feurigen Kern heraus glühend. Als sie zum Rand eines Tümpels hin weiterrollte, rannte Pippin ihr nach und hob sie auf.
    »Dieser Mordbube!«, rief Éomer. Gandalf aber blieb unbewegt. »Nein, das Ding wurde nicht von Saruman heruntergeworfen«, sagte er, »auch nicht auf seinen Befehl, glaube ich. Es kam aus einem Fenster hoch oben. Ein Abschiedsgruß von Herrn Schlangenzunge, stell ich mir vor. Er hat schlecht gezielt.«
    »Vielleicht deshalb, weil er sich nicht entschließen konnte, ob er dich oder Saruman treffen wollte«, sagte Aragorn.
    »Mag wohl sein«, sagte Gandalf. »Viel Trost werden die beiden einander nicht spenden können; sie werden sich nun gegenseitig mit Worten zerfleischen. Geschieht ihnen recht. Wenn Schlangenzunge aus dem Orthanc je wieder lebendig herauskommt, kann er von Glück sagen.«
    Dann machte er scharf kehrt und sah Pippin die Treppe heraufkommen, langsam, als hätte er schwer zu tragen. »Her damit, mein Junge!«, rief er. »Das bekomme ich. Ich hab dich nicht aufgefordert, es anzufassen.« Rasch stieg er hinab, dem Hobbit entgegen, riss ihm die dunkle Kugel aus der Hand und steckte sie tief in die Falten seines Mantels. »Das nehme ich in Verwahrung«, sagte er. »Es ist etwas, das Saruman bestimmt nicht weggeworfen hätte.«
    »Aber wer weiß, womit er noch werfen könnte?«, sagte Gimli. »Wenn das Gespräch damit beendet ist, dann lasst uns wenigstens außer Reichweite weiterer Steinwürfe gehen.«
    »Es ist beendet«, sagte Gandalf. »Gehn wir!«
    Sie kehrten der Tür des Orthanc den Rücken und stiegen die Treppe hinunter. Die Reiter jubelten ihrem König zu und salutierten vor Gandalf. Sarumans Bann war gebrochen: Sie hatten gesehen, wie er auf Befehl herbeikam und wie er davonschlich, als er weggeschickt wurde.
    »So, das wär erledigt«, sagte Gandalf. »Jetzt muss ich mit Baumbart sprechen und ihm berichten, wie alles verlaufen ist.«
    »Das kann er sich doch gewiss denken«, sagte Merry. »War es denn sehr wahrscheinlich, dass es hätte anders verlaufen können?«
    »Sehr wahrscheinlich nicht«, sagte Gandalf. »Trotzdem hing für einen Moment alles am seidenen Faden. Aber ich hatte meine Gründe, dies zu versuchen: Mitleid, aber auch weniger uneigennützige Absichten. Zunächst einmal wurde Saruman gezeigt, dass die Macht seiner Stimme nachlässt. Er kann nicht Tyrann und Ratgeber zugleich sein. Wenn ein Plan einmal ausgereift ist, kann er nichtlänger geheim bleiben. Dennoch ist er in die Falle getappt und hat versucht, jedes seiner Opfer einzeln zu umgarnen, während andere zuhörten. Dann habe ich ihn vor eine letzte Wahl gestellt, ein Angebot, das recht und billig war: sich mit uns zu versöhnen, indem er Mordor und seinen persönlichen Machenschaften absagt und uns in unseren Nöten hilft. Wie schlimm unsere Lage ist, weiß niemand besser als er. Gute Dienste hätte er uns leisten können. Aber er hat beschlossen, sie uns zu verweigern und die Macht über den Orthanc zu behalten. Er will nicht dienen, nur gebieten. Nun lebt er in Angst vor dem Schatten Mordors, und doch träumt er noch immer davon, den Sturm zu lenken. Der unselige Narr! Er wird verschlungen werden, wenn die Macht im Osten erst die Arme nach Isengard ausstreckt. Wir können den Orthanc von außen nicht zerstören, aber Sauron – wer weiß, was der kann?«
    »Aber wenn Sauron nicht die Oberhand behält, was machst du dann mit Saruman?«, fragte Pippin.
    »Ich? Nichts!«, sagte Gandalf. »Ich werde nichts mit ihm machen. Ich will nicht herrschen. Aber was aus ihm dann werden mag? Das kann ich nicht sagen.

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