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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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senkte sich dem Flachland entgegen.
    Schließlich mussten sie anhalten. Der Grat bog hier schärfer nach Norden ab, und eine besonders tiefe Rinne versperrte ihnen denWeg. Auf der anderen Seite stieg sie steil wieder auf, viele Faden hoch in einem einzigen Schwung: eine große graue Wand, glatt wie mit dem Messer geschnitten. In dieser Richtung ging es nicht weiter; sie mussten sich entweder nach Westen oder Osten wenden. Aber wenn sie nach Westen gingen, zurück ins Innere des Berglands, sahen sie nur weiteren Mühen und Verzögerungen entgegen; nach Osten kämen sie zum Rand des äußeren Steilhangs.
    »Da bleibt uns nichts übrig, als in diese Schlucht hinunterzusteigen«, sagte Frodo. »Sehn wir mal, wo sie hinführt!«
    »An den Rand eines Abgrunds, wohin sonst?«, sagte Sam.
    Die Rinne erwies sich als länger und tiefer, als sie gedacht hatten. Ein Stück weiter unten wuchsen ein paar krumme und verkümmerte Bäume, seit Tagen die ersten, die sie sahen, zumeist verkrüppelte Birken und hier und da eine Kiefer. Viele waren dürr und tot, bis ins Mark von den Ostwinden zernagt. In milderen Zeiten musste einmal ein ansehnliches Wäldchen hier gestanden haben; jetzt aber hörten die Bäume nach fünfzig Schritten wieder auf, obwohl die alten, abgebrochenen Stümpfe noch fast bis zum Rand der Felswand zu sehen waren. Der Boden der Rinne, die an einer Felsverwerfung entlangführte, war holprig von Geröll und fiel steil ab. Als sie endlich an der Felswand standen, bückte sich Frodo und sah hinunter.
    »Schau!«, sagte er. »Wir müssen ein großes Stück tiefer gekommen sein, oder aber die Felswand hat sich abgeflacht. Hier ist sie viel niedriger als zuletzt, und der Abstieg sieht leichter aus.«
    Sam kniete sich neben ihm hin und lugte widerstrebend über den Rand. Dann blickte er an der großen Wand hoch, die links von ihnen aufragte. »Leichter!«, knurrte er. »Na ja, runter kommt man immer leichter als rauf. Wer nicht fliegen kann, muss eben springen.«
    »Für einen Sprung ist es zwar noch ein bisschen zu hoch«, sagte Frodo. »Ungefähr, na« – er stand einen Moment still und schätzte die Höhe ab – »ungefähr achtzehn Faden, würde ich sagen. Nicht mehr.«
    »Was ja wohl genügt!«, sagte Sam. »Uch! Wie ich das hasse, von so hoch hinunterzusehen! Aber sehen ist immer noch besser als klettern.«
    »Trotzdem«, sagte Frodo, »meine ich, wir könnten hier absteigen, und ich meine auch, wir müssen’s versuchen. Schau, der Fels ist hier ganz anders als vor ein paar Meilen. Er hat etwas Neigung und ist rissig.«
    Tatsächlich war die Wand nicht mehr glatt und senkrecht, sondern nach außen hin ein wenig abgeschrägt. Sie sah aus wie ein Wall oder Deich, dessen Grundsteine sich verschoben hatten, sodass sie krumm und schief zueinander lagen, mit großen Spalten zwischen ihnen und schrägen Vorsprüngen, die an manchen Stellen breit wie Treppenstufen waren.
    »Und wenn wir versuchen wollen, hier abzusteigen, dann besser gleich. Es wird früh dunkel. Ich glaube, es wird ein Gewitter geben.«
    Der Qualm um die Berge im Osten ballte sich zu tiefschwarzen Wolken, die nun schon mit langen Armen nach Westen ausgriffen. Der Wind wurde schärfer und trug von fern ein Donnergrollen heran. Frodo zog die Luft ein und blickte voll Zweifel zum Himmel auf. Er schnallte sich den Gürtel außen um den Mantel und zog ihn fest, lud sich seinen leichten Rucksack auf und trat an den Rand. »Ich versuch es«, sagte er.
    »Wunderbar!«, sagte Sam finster. »Aber ich geh voran.«
    »Du?«, sagte Frodo. »Wieso, hat sich deine Meinung über das Klettern geändert?«
    »Meine Meinung hat sich nicht geändert. Aber das ist doch nur logisch: wer wahrscheinlich zuerst abrutscht, sollte zuunterst sein. Sonst fall ich auf dich drauf und reiße dich mit – zwei Tote bei nur einem Sturz!«
    Bevor Frodo ihn zurückhalten konnte, hatte er sich hingesetzt, die Beine über den Rand hängend, drehte sich herum und suchte mit den Zehen Halt. Es ist zweifelhaft, ob er bei klarem Verstand je etwas Mutigeres und Unvernünftigeres getan hat.
    »Nein, nein, Sam, du alter Esel!«, sagte Frodo. »Das ist doch dein sicherer Tod, wenn du dich da runterlässt, ohne wenigstens vorher zu gucken, wo du hinwillst. Zurück!« Er packte Sam unter den Achseln und zog ihn wieder herauf. »Nun warte mal einen Moment und hab Geduld!« Dann legte er sich auf den Boden, streckte den Kopf hinaus und blickte hinunter; aber das Licht schien rasch zu schwinden, obwohl

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