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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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die Sonne noch nicht untergegangen war. »Ich denke, hier könnten wir’s schaffen«, sagte er gleich darauf. »Wenigstens ich könnte es, und du auch, wenn du nicht den Kopf verlierst und mir vorsichtig nachsteigst.«
    »Ich weiß nicht, wie du so sicher sein kannst«, sagte Sam. »Schau, du kannst doch bei diesem Licht gar nicht bis auf den Grund sehn! Was machst du, wenn du an eine Stelle kommst, wo du für Hände und Füße nirgends mehr Halt findest?«
    »Wieder raufklettern vermutlich«, sagte Frodo.
    »Leicht gesagt! Warten wir lieber bis zum Morgen, wenn das Licht besser ist.«
    »Nein, nicht, wenn’s nicht sein muss«, sagte Frodo, plötzlich sonderbar heftig. »Schade um jede Stunde, jede Minute! Ich versuch es jetzt. Du bleibst hier und wartest, bis ich zurückkomme oder dich rufe!«
    Mit den Fingern die steinerne Kante der Wand umklammernd, ließ er sich langsam hinab. Als seine Arme fast ganz ausgestreckt waren, berührte er mit den Zehen einen Vorsprung. »Das wäre ein Schritt hinunter«, sagte er. »Und dieser Vorsprung wird nach rechts zu breiter. Da könnte ich sogar stehen, ohne mich festzuhalten. Ich will mal …« Das Wort wurde ihm abgeschnitten.
    Die Dunkelheit stürmte nun immer schneller von Osten herauf und verschlang den ganzen Himmel. Ein trockener, splitternder Donner krachte über ihnen; sengende Blitze stießen auf die Berge herab. Dann kam ein rasender Windstoß, und durch sein Brausen hindurch gellte ein schriller Schrei. Genau so einen Schrei hatten die Hobbits schon einmal gehört, im fernen Bruchland, kurz nachihrer Flucht aus Hobbingen, und selbst dort in den auenländischen Wäldern war es ihnen dabei kalt über den Rücken gelaufen. Hier draußen in der Ödnis nun klang er noch weit schrecklicher, durchbohrte sie mit den eisigen Klingen des Grauens und der Verzweiflung, dass ihnen Atem und Herzschlag stockten. Sam fiel flach auf den Bauch. Frodo ließ unwillkürlich seinen Halt los und legte die Hände über Kopf und Ohren. Er schwankte, glitt mit den Füßen ab und rutschte schreiend die Wand hinunter.
    Sam hörte ihn, nahm allen Mut zusammen und kroch bis dicht an den Rand. »Master! Master!«, rief er. »Master Frodo!«
    Es kam keine Antwort. Er merkte, dass er am ganzen Leibe zitterte, aber er holte tief Luft und brüllte noch einmal: »Master Frodo!« Der Wind schien ihm die Stimme in den Hals zurückzuwehen, aber als er vorüber war, die Rinne hinauf und über die Berge davonbrausend, kam ein leiser Antwortruf von unten:
    »Schon gut, schon gut! Ich bin hier. Aber ich kann nichts sehen.«
    Frodos Stimme war schwach. Tatsächlich war er nicht allzu weit weg. Er war nur gerutscht, nicht gestürzt, und nur wenige Meter tiefer mit den Füßen auf einen etwas breiteren Sims geprallt. Zum Glück war die Felswand an dieser Stelle schräg zurückgelehnt, und der Wind hatte ihn dagegengedrückt; darum war er nicht hintenübergefallen. Das Gesicht an den kalten Stein gelegt, fand er ein wenig Halt und spürte, wie sein Herz laut klopfte. Aber entweder war es plötzlich stockfinster geworden, oder seine Augen hatten Schaden genommen. Ringsum war alles schwarz. War er erblindet? Er holte tief Luft.
    »Komm zurück! Komm zurück!« Aus der Dunkelheit über ihm kam Sams Stimme.
    »Ich kann nicht«, sagte er. »Ich kann nichts sehen. Ich finde keinen Halt. Ich kann mich noch nicht rühren.«
    »Was kann ich tun, Herr Frodo? Was kann ich tun?«, rief Sam und beugte sich gefährlich weit hinaus. Warum konnte sein Herr nichts sehen? Es war zwar schummerig, aber so dunkel nun doch nicht.Er konnte Frodo unter sich sehen, eine graue, hilflose Gestalt, die sich an den Felsen drückte. Aber er war viel zu weit unten für jede ausgestreckte Hand.
    Wieder krachte ein Donnerschlag, und der Regen setzte ein. Vermischt mit Hagel und bitterkalt, in einem Guss, der auch Sam die Sicht nahm, peitschte er gegen die Felswand.
    »Ich komme runter zu dir«, brüllte Sam, obwohl er nicht hätte sagen können, was das nützen sollte.
    »Nicht doch, warte!«, rief Frodo hinauf, nun mit festerer Stimme. »Mir geht es gleich wieder besser, ich spür es jetzt schon. Warte ab! Ohne ein Seil kannst du jetzt gar nichts machen.«
    »Ein Seil!«, rief Sam, vor Aufregung und Erleichterung ins Selbstgespräch verfallend. »Na, wenn ich’s nicht verdient hätte, an einem aufgehängt zu werden, als Warnung für alle Holzköpfe, wer dann? ›Was bist du doch für ein Dummbeitel, Sam Gamdschie!‹ – das hat der Ohm

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