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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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hatte die Wache. Er streckte sich aus, mit dem Rücken gegen den Grubenhang, aber das erleichterte ihn nicht von dem Gefühl der drückenden Last, die er zu tragen hatte. Er schaute zum rauchgesträhnten Himmel auf und sah seltsame Phantome, dunkle, berittene Gestalten und Gesichter aus der Vergangenheit. Er verlor den Zeitsinn, schwebte noch ein wenig zwischen Schlaf und Wachen, bis das Vergessen ihn übermannte.
    Sam erwachte plötzlich; er glaubte, Frodo habe gerufen. Es war Abend. Frodo konnte nicht gerufen haben; er war eingeschlafen und den Hang fast bis auf den Grund hinabgerutscht. Gollum war bei ihm. Einen Moment lang dachte Sam, er versuche, Frodo zu wecken; dann merkte er, dass er mit etwas anderem beschäftigt war. Gollum hielt ein Selbstgespräch. Sméagol trug einen Streit mit jemandem aus, der anderen Sinnes war, sich aber derselben Stimme bediente, obgleich mit mehr Pfeif- und Zischlauten. In seinen Augen wechselte, während er sprach, ein fahles mit einem grünlichen Licht.
    »Sméagol hat versprochen«, äußerte sich der Erste.
    »Ja, ja, mein Schatz«, kam die Antwort, »wir haben versprochen: unsern Schatz zu retten, damit ER ihn nicht bekommt – nie und nimmer! Aber er ist auf dem Weg zu IHM , ja, kommt ihm näher mit jedem Schritt. Was hat der Hobbit damit vor, das möchten wir wissen, ja, möchten wir wissen!«
    »Ich weiß nicht. Kann’s nicht ändern. Der Herr hat ihn. Sméagol hat versprochen, dem Herrn zu helfen.«
    »Ja, ja, dem Herrn zu helfen – dem Herrn des Schatzes. Aber wenn wir der Herr wären, dann könnten wir uns selbst helfen, ja, und das Versprechen wäre gehalten.«
    »Aber Sméagol hat gesagt, er will sehr, sehr gut sein. Der liebe Hobbit! Hat Sméagol das böse Seil vom Bein abgenommen. Behandelt mich freundlich.«
    »Sehr, sehr gut, was, mein Schatz? Sei’n wir doch gut, gut wie ein Fisch, Herzchen, aber zu uns selbst! Dem lieben Hobbit tun wir nichts, natürlich nicht, nein.«
    »Aber der Schatz bindet an das Versprechen«, wandte Sméagols Stimme ein.
    »Dann nimm ihn doch«, sagte die andere Stimme, »und wir halten es selbst! Dann sind wir der Herr, gollum! Und der andere Hobbit, der gemeine, misstrauische, der soll vor uns kriechen, ja, gollum! «
    »Aber nicht der liebe Hobbit?«
    »Ach nein, wenn es uns nicht beliebt. Trotzdem, er ist ein Beutlin, mein Schatz, ja, ein Beutlin. Ein Beutlin hat ihn gestohlen. Hat ihn gefunden und nichts gesagt, kein Wort. Wir hassen Beutlins.«
    »Nein, nicht diesen Beutlin.«
    »Doch, jeden Beutlin. Alle, die den Schatz haben. Wir müssen ihn haben!«
    »Aber ER wird es sehn, ER wird’s erfahren. ER wird ihn uns wegnehmen!«
    » ER sieht es. ER weiß es. ER hat gehört, wie wir das dumme Versprechen gegeben haben – gegen SEINEN Befehl, ja. Müssen ihn nehmen. Geister suchen schon. Müssen ihn nehmen.«
    »Aber nicht für IHN !«
    »Nein, Herzchen! Siehst du, mein Schatz: Wenn wir ihn haben, können wir entkommen, sogar IHM , was? Vielleicht werden wir sehr stark, stärker als die Geister. Fürst Sméagol? Gollum der Große? Der Gollum! Dreimal täglich Fisch essen, frisch aus dem Meer. Durchlauchtigster Gollum! Müssen ihn haben. Wir wollen ihn, wollen ihn, wollen ihn!«
    »Aber sie sind zu zweit. Sie werden zu schnell erwachen und uns töten«, jammerte Sméagol in einem letzten Aufbäumen. »Nicht jetzt, noch nicht!«
    »Wir wollen ihn! Aber…«, und hier trat eine lange Pause ein, als wäre ein neuer Gedanke aufgetaucht. »Noch nicht, wie? Vielleicht besser. SIE könnte helfen. Könnte SIE , ja.«
    »Nein, nein, so nicht!«, jammerte Sméagol.
    »Doch! Wir wollen ihn! Wollen ihn!«
    Jedes Mal, wenn die zweite Stimme sprach, kroch Gollums langer Arm behutsam tastend zu Frodo hin, wurde aber mit einem Ruck wieder zurückgezogen, wenn Sméagol das Wort nahm. Schließlich schob er beide Arme, die langen Finger zuckend gekrümmt, zu Frodos Hals hin.
    Sam hatte ganz still gelegen, fasziniert von diesem Selbstgespräch, dabei aber mit halb geschlossenen Augen jede Bewegung Gollums genau beobachtet. In seinem schlichten Gemüt hatte er geglaubt, das Gefährlichste an Gollum sei gewöhnlicher Hunger, Appetit auf Hobbitfleisch. Nun begriff er, dass es nicht das war: Gollum spürte die entsetzliche Macht des Ringes. ER war natürlich der DunkleHerrscher; wer aber war SIE , fragte sich Sam. Vermutlich irgendeine üble Kreatur, mit der sich der kleine Halunke auf seinen Wanderungen angefreundet hatte. Dann vergaß er die Frage, denn er

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