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Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
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Hat man dir nicht vielmehr erlaubt zu gehen, nämlich mit einem Auftrag? Das wenigstens glaubte Aragorn, der dich vor einigen Jahren bei den Totensümpfen fand.«
    »Das ist eine Lüge!«, zischte Gollum, und ein böses Funkeln trat in seine Augen, als er den Namen Aragorn hörte. »Lügen hat er über mich verbreitet, ja, hat er. Ich bin entflohen, ganz von allein. Freilich wurde mir befohlen, nach dem Schatz zu suchen, und ich hab gesucht und gesucht, natürlich hab ich das! Aber nicht für den Schwarzen Herrscher. Der Schatz gehörte uns, er gehörte mir, kann ich dir sagen. Ich bin entflohen.«
    Frodo spürte eine sonderbare Gewissheit, dass Gollum in diesem Punkt von der Wahrheit nicht so weit abwich, wie man argwöhnen konnte; er musste wohl irgendwie aus Mordor herausgefunden haben und glaubte zumindest, dies nur der eigenen Schläue zu verdanken. So fiel ihm auf, dass Gollum hier das Wörtchen ich gebrauchte, was er selten tat und was gewöhnlich ein Anzeichen zu sein schien, dass gewisse Reste einer früheren Redlichkeit und Wahrheitsliebe im Augenblick die Oberhand hatten. Doch selbst wenn er Gollum in dieser Hinsicht trauen konnte, vergaß Frodo doch nicht, welcher Hintergedanken der Feind fähig sein mochte. Dass Gollum »entflohen« war, konnte heißen, dass man ihm die Flucht erlaubt oder ihm sogar den Weg geebnet hatte, während man im Dunklen Turm über alle seine Schritte genau im Bilde war. Und auf jeden Fall behielt Gollum von dem, was er wusste, einiges für sich.
    »Ich frage dich noch mal«, sagte Frodo: »Wird dieser geheime Weg nicht bewacht?«
    Aber die Erwähnung Aragorns hatte Gollum die Laune verdorben. Er machte die gekränkte Miene eines berüchtigten Lügners, dem man auch dann nicht glaubt, wenn er ausnahmsweise der Wahrheit oder einem Zipfel von ihr die Ehre gegeben hat. Er antwortete nicht.
    »Ist er bewacht oder nicht?«, wiederholte Frodo.
    »Ja, ja, vielleicht. Gibt keine sicheren Wege in diesem Land«, sagte Gollum mürrisch. »Nirgendwo sicher. Aber der Herr muss es irgendwo versuchen oder heimgehn. Gibt keinen andern Weg.« Mehr bekamen sie nicht aus ihm heraus. Den Namen des gefährlichen Ortes oder des Gebirgspasses konnte oder wollte er ihnen nicht sagen.
    Es war ein verrufener Ort, und er hieß Cirith Ungol. Aragorn hätte es ihnen vielleicht sagen und die Bedeutung des Namens erklären können; Gandalf hätte sie gewarnt. Aber sie waren allein. Aragorn war weit, und Gandalf stand zwischen den Trümmern von Isengard und stritt mit Saruman, aufgehalten durch Verrat. Doch eben, als er die letzten Worte zu Saruman sprach und der Palantír auf die Stufen des Orthanc krachte, weilten seine Gedanken bei Frodo und Samweis, nahmen Anteil an ihren Nöten und versuchten, ihnen über die langen Wegstunden hinweg Hoffnung zu geben.
    Vielleicht spürte es Frodo, ohne es zu wissen, so wie auf dem Amon Hen, obwohl er doch glaubte, dass Gandalf für immer hingegangen sei, in den Schatten getreten im fernen Moria. Er blieb lange am Boden sitzen, stumm und den Kopf gesenkt, und versuchte sich an alles zu erinnern, was Gandalf ihm gesagt hatte. Aber für diese Entscheidung nun konnte er sich an keinen Rat erinnern. Überhaupt hatten sie ihren Führer zu früh verloren, allzu früh, als esbis zum dunklen Land noch ein weiter Weg war. Wie sie schließlich dort hineingelangen könnten, dazu hatte Gandalf nichts gesagt. Vielleicht hätte er es nicht sagen können. In die nördliche Feste des Feindes, nach Dol Guldur, hatte er sich einmal hineingewagt. Aber ob er jemals, seit der Dunkle Herrscher wieder an der Macht war, auf seinen Reisen nach Mordor hinein, zum Flammenberg und nach Barad-dûr gekommen war? Frodo glaubte es nicht. Und nun sollte er, ein kleiner Halbling aus dem Auenland, ein friedlicher Hobbit von ländlicher Herkunft, einen Weg finden, den die Großen der Welt nicht gehen konnten oder nicht zu gehen wagten. Ein übles Schicksal! Aber er hatte es auf sich genommen, daheim in seinem Wohnzimmer im längst vergangenen Frühling eines anderen Jahres, das nun so weit zurücklag, dass es ihm wie ein Kapitel aus einem Buch von der Jugend der Welt vorkam, der Zeit, als die Bäume von Silber und Gold noch in Blüte standen. Eine schwierige Wahl musste er treffen. Welchen Weg sollte er nehmen? Und wenn beide in Schrecken und Tod führten, was nützte eine Entscheidung überhaupt?
    Der Tag schritt fort. Tiefe Stille breitete sich über die kleine graue Mulde, wo sie lagen, so nah an der

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