Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
wird wegen der neuen Nachricht von der schwarzen Flotte sein. Nur ein Zehntel ihrer Leute können sie für uns abstellen. Trotzdem, jeder Mann ist willkommen.«
Und so kamen die nächsten Kompanien, wurden bejubelt und gefeiert und schritten durchs Tor, Mannen von den äußeren Lehen, die heranmarschierten, um Gondors Hauptstadt in einer finsteren Stunde zu verteidigen; doch immer waren es zu wenige: weniger als erhofft und weniger als nötig. Zu Fuß kamen Männer aus dem Tal des Ringló, angeführt von Dervorin, dem Sohn ihres Fürsten: dreihundert. Vom oberen Morthond, dem großen Schwarzgrundtal, der lange Duinhir mit seinen Söhnen Duilin und Derufin und fünfhundert Bogenschützen. Aus dem Anfalas, dem fernen Langstrand, eine lange Reihe Männer von vielerlei Art, Jäger, Hirten und Bauern aus den kleinen Dörfern, spärlich bewaffnet, bis auf das Gefolge ihres Fürsten Golasgil. Aus Lamedon einige grimmige Hochlandbewohner ohne Hauptmann. Fischer von den Anduin-Mündungen, hundert oder mehr, die man auf den Schiffen entbehren konnte. Hirluin der Schöne von den grünen Hängen, den Pinnath Gelin, mit dreihundert wackeren grün gekleideten Kriegern. Und zuletzt und am prächtigsten Fürst Imrahil von Dol Amroth, der Schwager Denethors, mit vergoldeten Fahnen, die sein Wappen zeigten, das Schiff mit dem silbernen Schwan und einer Schar Ritter in voller Rüstung auf grauen Pferden, gefolgt von siebenhundert singenden Mannen zu Fuß, grauäugig, dunkelhaarig und lang wie die Recken der Vorzeit.
Aber das war alles: keine dreitausend Mann insgesamt. Mehr würden nicht kommen. Ihre Rufe und das Stampfen der Füße verloren sich in der Stadt. Die Zuschauer standen noch eine Weile still herum. Staub schwebte in der Luft, denn der Wind hatte sich gelegt, und der Abend war stickig. Die Stunde, zu der das Tor geschlossen wurde, rückte nah, und die rote Sonne war schon hinter dem Mindolluin versunken. Schatten senkten sich über die Stadt.
Pippin blickte auf und fand, dass der Himmel aschgrau geworden war, als hinge über ihnen eine gewaltige Glocke von Staub und Rauch, durch die nur ein trübes Licht sickerte. Im Westen aber ließ die untergehende Sonne die Dünste wie ein Feuer auflodern, und nun stand der Mindolluin schwarz vor einem brodelnden Schwelbrand mit roten Flecken wie von glühenden Kohlen. »So scheidet ein schöner Tag im Zorn«, sagte Pippin, ohne an den Jungen neben ihm zu denken.
»So endet er tatsächlich, wenn ich nicht vor dem Sonnenuntergangsläuten zurück bin«, sagte Bergil. »Da hörst du schon die Trompete, die ankündigt, dass das Tor gleich geschlossen wird.«
Hand in Hand gingen sie zurück in die Stadt, als Letzte, bevor das Tor geschlossen wurde; und als sie zur Lampenmacher-Straße kamen, läuteten die Glocken feierlich von allen Türmen. In vielen Fenstern gingen Lichter an, und aus den Häusern und den Unterkünften der Soldaten an den Mauern hörte man Gesang.
»Lebe wohl einstweilen«, sagte Bergil. »Grüß meinen Vater, und ich danke ihm für den Besuch, den er mir geschickt hat. Komm bald wieder, bitte! Fast wünschte ich, wir hätten keinen Krieg, dann könnten wir zusammen allerlei drollige Sachen erleben. Wir könnten meinen Großvater in Lossarnach besuchen; dort ist es schön im Frühling, die Wälder und Felder stehn voller Blumen. Aber vielleicht ein andermal. Unseren Statthalter kriegen sie nie klein, und mein Vater ist sehr tapfer. Lebe wohl, bis bald!«
Sie trennten sich, und Pippin beeilte sich, zur Zitadelle zurückzukehren. Der Weg kam ihm lang vor, ihm wurde heiß, und er verspürte mächtigen Hunger. Rasch wurde es sehr dunkel, ohne einen Stern am Himmel. Etwas spät kam er zum Abendessen in die Schänke. Beregond begrüßte ihn freudig und bot ihm einen Platzan seiner Seite an, denn er wollte Neues von seinem Sohn hören. Nach der Mahlzeit blieb Pippin noch eine Weile, dann nahm er Abschied. Eine sonderbare Beklommenheit hatte ihn befallen, und nun wünschte er sehnlichst, Gandalf wiederzusehen.
»Findest du den Weg?«, sagte Beregond an der Tür des kleinen Saals an der Nordseite der Zitadelle, wo sie gesessen hatten. »Die Nacht ist stockfinster, umso mehr, als Befehl ergangen ist, alle Laternen auf den Straßen zu verdunkeln und kein Licht aus den Häusern nach draußen scheinen zu lassen. Und noch eine Neuigkeit von anderem Gewicht kann ich dir mitteilen: Du wirst morgen früh zu Herrn Denethor gerufen. Ich fürchte, du kommst nicht zum Dritten Bataillon.
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