Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
sich unsere Hoffnung, oder aller Hoffnung Ende ist nah. Daher send ich dir, was ich für dich gewirkt. Lebe wohl, Elbenstein! «
Und Aragorn sagte: »Nun weiß ich, was du da trägst. Trag es mir noch eine Weile!« Er wandte sich um und blickte zu den hohen Sternen im Norden auf. Dann verstummte er und sprach kein Wort mehr, solange der nächtliche Ritt dauerte.
Die Nacht war fortgeschritten und der Osten grau, als sie endlich vom Klammtal wieder zur Hornburg hinaufritten. Dort wollten sie sich für wenige Stunden zur Ruhe legen und Rat halten.
Merry schlief, bis Legolas und Gimli ihn weckten. »Die Sonne steht hoch«, sagte Legolas. »Alle andern sind schon auf den Beinen. Komm, Herr Faulpelz, und sieh dir die Burg an, solange noch Zeit ist!«
»Vor drei Nächten hatten wir hier eine Schlacht«, sagte Gimli, »und hier hab ich mit Legolas eine Partie gespielt, die ich nur um einen Ork gewonnen habe. Komm und schau dir an, wie das war! Und Höhlen gibt es hier, Merry, Höhlen wie nirgendwo auf der Welt! Was meinst du, Legolas, sollen wir sie gleich besuchen?«
»Nein, dazu ist keine Zeit«, sagte der Elb. »Verdirb dir die Freude nicht durch Eile. Du hast mein Wort, dass ich mit dir hierher zurückkehre, wenn noch einmal Tage des Friedens und der Freiheit kommen. Doch bald ist schon Mittag, und zu der Stunde, hörte ich, wird gegessen, und dann geht es weiter.«
Merry stand auf und gähnte. Die wenigen Stunden Schlaf genügten ihm bei weitem nicht; er war müde und ziemlich niedergeschlagen. Pippin fehlte ihm, und er kam sich unnütz vor unter den anderen, die alle auf den eiligen Fortgang eines Unternehmens bedacht waren, das er nicht vollauf verstand.
»Wo ist Aragorn?«, fragte er.
»In einer Kammer im Turm der Burg«, sagte Legolas. »Weder geruht hat er noch geschlafen, glaub ich. Vor einigen Stunden ist er dorthin gegangen, um sich zu bedenken, sagte er, und nur sein Vetter Halbarad ist mit ihm gegangen. Eine Ungewissheit oder eine Sorge plagt ihn.«
»Ein merkwürdiger Trupp, diese Ankömmlinge«, sagte Gimli.»Mächtige Recken sind das, die Reiter von Rohan sehn fast wie Schuljungen aus daneben. Kantige und verschrammte Gesichter haben die meisten, wie verwitterter Fels, ganz wie Aragorn selbst; und sie sind schweigsam.«
»Aber ganz wie Aragorn sind sie doch sehr höflich, wenn sie das Schweigen einmal brechen«, sagte Legolas. »Und hast du die Brüder Elladan und Elrohir auch bemerkt? Weniger düster ist ihre Rüstung als die der andern, und schmuck und prächtig wie Elbenfürsten ziehn sie in den Krieg – freilich nicht verwunderlich bei den Söhnen Elronds von Bruchtal.«
»Warum sind sie gekommen? Habt ihr etwas gehört?«, fragte Merry. Er hatte sich nun angekleidet und den grauen Mantel über die Schultern geworfen; und zu dritt gingen sie hinaus zum zertrümmerten Burgtor.
»Sie sind einem Aufruf gefolgt, wie ihr gehört habt«, sagte Gimli. »Nach Bruchtal, heißt es, sei Nachricht gelangt: Aragorn braucht seine Sippe. Lasst die Dúnedain zu ihm nach Rohan reiten! Doch von wo diese Botschaft ergangen ist, darüber sind sie nun im Ungewissen. Gandalf hat sie geschickt, würd ich vermuten.«
»Nein, Galadriel«, sagte Legolas. »Hat Gandalf nicht in ihrem Namen vom Ritt der grauen Schar aus dem Norden gesprochen?«
»Ja, du hast recht«, sagte Gimli. »Die Herrin des Goldenen Waldes! Sie liest die Wünsche in vielen Herzen. Legolas, warum nur haben nicht auch wir ein paar von unseren Vettern herbeigewünscht?«
Legolas stand vor dem Tor, wandte sich um und blickte nach Nordosten. Sein ebenmäßiges Gesicht verriet Besorgnis. »Ich glaube, niemand von ihnen würde kommen«, antwortete er. »Ohne weit zu reiten, ziehn sie zu Felde. Der Krieg sucht sie schon vor der eigenen Tür heim.«
Eine Weile schlenderten die drei Gefährten zusammen umher, sprachen von dieser und jener Wendung der Schlacht, gingen vom zertrümmerten Tor hinunter, an den Grabhügeln der Gefallenen auf der Wiese am Rand der Straße vorüber, bis sie auf Helms Dammstanden und ins Klammtal hinabsahen. Die Todeshöhe erhob sich dort, schwarz, kahl und steinig, und die große Fläche, wo die Huorns das Gras zertrampelt hatten, war deutlich zu sehen. Die Dunländer und viele von der Besatzung der Burg arbeiteten am Damm und auf den Feldern oder besserten die beschädigten Mauern dahinter aus; doch schien alles sonderbar still: Es war die Stille der Ermüdung, in der das Tal nach dem großen Sturm zur Ruhe kam. Bald
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