Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
ich aus einem Traum erwachte.
In der Nacht darauf ruhten wir und ließen andere sich plagen. Denn viele Gefangene wurden befreit und Sklaven losgekettet, die aus Gondor stammten und bei Überfällen gefangen genommen worden waren; und bald sammelten sich auch viele Menschen aus Lebennin und vom Ethir an, und Angbor von Lamedon kam nach mit allen Reitern, die er hatte aufbieten können. Jetzt, da sie die Toten nicht mehr fürchten mussten, kamen sie, um uns zu helfen und um Isildurs Erben zu sehen, denn das Gerücht, dass einer dieses Namens gekommen sei, hatte die Runde gemacht.
Und damit sind wir fast schon am Ende unserer Geschichte. Denn an diesem Abend und in der Nacht wurden viele Schiffe bereitgemacht und bemannt, und am Morgen lief die Flotte aus. Jetzt scheint es lange her zu sein; dabei war es doch erst vorgestern früh, am sechsten Tag nach unserem Aufbruch von Dunharg. Doch immer noch trieb die Sorge Aragorn vorwärts, dass wir zu wenig Zeit hätten.
›Vierzig und zwei Wegstunden sind es von Pelargir bis zu den Kaien des Harlond‹, hat er gesagt. ›Doch den Harlond müssen wir morgen erreichen, oder alles war vergebens.‹
An den Rudern saßen nun freie Männer, und sie gaben sich alle Mühe; doch nur langsam kamen wir den Anduin hinauf, denn wir fuhren gegen die Strömung. Zwar ist sie so weit im Süden nicht mehr sehr stark, aber kein Wind kam uns zu Hilfe. Schwer wäre mir das Herz gewesen, trotz unseres Sieges am Hafen, hätte nicht Legolas plötzlich gelacht.
›Lass den Bart nicht hängen, Dúrinssohn!‹, hat er gesagt. ›Denn so heißt es bei uns: Hoffnung oft erwacht mitten in der Nacht. ‹ Aber welche Hoffnung er von weitem gesehen haben wollte, das sagte er nicht. Und als die Nacht kam, wurde es zunächst mal nur noch finsterer, und in unseren Herzen flammte die Angst auf, denn weit im Norden sahen wir einen roten Glutschein unter der Wolkendecke, und Aragorn sagte: ›Minas Tirith brennt.‹
Aber tatsächlich um Mitternacht erwachte die neue Hoffnung. Seekundige Männer vom Ethir schauten nach Süden und sprachen von einem Wetterwechsel, der einen frischen Wind vom Meer bringe. Lange vor Tagesanbruch wurden an den Masten die Segel aufgezogen, und wir nahmen Fahrt auf, bis uns im Morgengrauen das Wasser weiß um den Bug schäumte. Und so kamen wir, wie ihr ja wisst, um die dritte Morgenstunde bei günstigem Wind und entschleierter Sonne; und wir entrollten die große Fahne und folgten ihr in die Schlacht. Es war ein großer Tag und eine große Stunde, komme noch, was da wolle!«
»Komme, was da wolle: Große Taten behalten ihren Wert«, sagte Legolas. »Eine große Tat war der Ritt über die Pfade der Toten, und eine große Tat bleibt er, und sollte auch niemand mehr sein in Gondor, um in künftigen Tagen davon zu singen.«
»Wohl möglich, dass es so kommt«, sagte Gimli. »Aragorn und Gandalf schauen finster drein. Zu gern wüsste ich, was sie da unten in den Zelten beschließen. Für mein Teil würde ich mir wünschen, ebenso wie Merry, dass mit unserem Sieg nun der Krieg vorüberwäre. Doch was immer noch zu tun bleiben mag, ich will dabei sein, zu Ehren des Volks vom Einsamen Berg.«
»Und ich für das Volk aus dem großen Wald«, sagte Legolas, »und aus Liebe zum Herrn des Weißen Baumes.«
Dann schwiegen die Gefährten, blieben aber noch eine Weile auf der hohen Mauer sitzen, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend, während die Heerführer sich berieten.
Als Fürst Imrahil Legolas und Gimli verabschiedet hatte, schickte er gleich nach Éomer, und mit ihm kam er durch die Stadt hinunter und zu Aragorns Zelten, die auf dem Schlachtfeld standen, nicht weit von der Stelle, wo König Théoden gefallen war. Und dort fanden sie sich mit Gandalf, Aragorn und Elronds Söhnen zu einer Beratung zusammen.
»Meine Herren«, sagte Gandalf, »hört, was der Statthalter von Gondor zu mir sagte, ehe er starb: Vielleicht triumphierst du ja noch auf dem Pelennor für einen Tag, aber gegen die Macht, die nun heranzieht, gibt es keinen Sieg. Ich will euch nicht wie er nahelegen zu verzweifeln, sondern euch bitten zu erwägen, was an diesen Worten Wahres sein mag.
Die Sehenden Steine lügen nicht, und selbst der Herr von Baraddûr kann sie nicht dazu bringen. Er kann vielleicht willkürlich entscheiden, was die schwächeren Gemüter sehen dürfen, oder bewirken, dass sie die Bedeutung des Gesehenen verkennen. Dennoch ist nicht zu bezweifeln, dass Denethor, als er die gewaltigen
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