Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
Streitkräfte sah, die Mordor gegen ihn bereithält und immer noch weiter verstärkt, etwas wirklich Vorhandenes sah.
Den ersten großen Angriff abzuschlagen, haben unsere Kräfte kaum ausgereicht. Der nächste wird größer sein. Also ist dieser Krieg letztlich hoffnungslos, wie Denethor erkannt hatte. Mit Waffen ist der Sieg nicht zu erringen, ob ihr nun hier sitzen bleibt und eine Belagerung nach der andern über euch ergehen lasst oder dem Feind entgegenmarschiert und jenseits des Stroms niedergeworfen werdet. Ihr habt nur die Wahl zwischen mehreren Übeln; und amklügsten wäre es, alle eure Festungen möglichst stark zu besetzen und dort den Angriff abzuwarten; denn so würde die Zeit bis zu eurem Ende ein wenig verlängert.«
»Willst du denn, dass wir uns nach Minas Tirith, Dol Amroth oder Dunharg zurückziehen und da sitzen bleiben wie die Kinder auf ihren Sandburgen, wenn die Flut kommt?«, sagte Imrahil.
»Ein neuer Gedanke wäre das nicht«, sagte Gandalf. »Denn wenig mehr habt ihr zu Denethors Zeit getan. Doch nein! Ich sagte, dies wäre klug. Ich rate nicht zur Klugheit. Ich sagte, mit Waffen sei der Sieg nicht zu erringen. Ich hoffe dennoch auf den Sieg, aber nicht durch Waffen. Denn in den Mittelpunkt all dieser Erwägungen tritt nun der Ring der Macht: Barad-dûrs Grundmauern und Saurons große Hoffnung.
Über dieses Ding, meine Herren, wisst ihr wohl alle genug, um unsere Lage und Saurons Lage zu verstehen. Gewinnt er ihn zurück, so ist eure Tapferkeit vergebens, und sein Sieg wird schnell und vollständig sein: so vollständig, dass niemand das Ende seiner Herrschaft vorhersehen kann, solange diese Welt dauert. Wird der Ring vernichtet, so fällt Sauron, und zwar so tief, dass niemand vorhersieht, ob er sich je wieder erheben kann. Denn dann verliert er den besten Teil der ihm eingeborenen Kraft, und alles, was mit dieser Kraft geschaffen oder begonnen wurde, stürzt in sich zusammen; und er bleibt für immer verstümmelt, ein böser Geist im Dunkeln, der nur noch sich selbst quälen, aber nicht mehr wachsen oder Gestalt annehmen kann. Ein großes Übel wäre damit aus der Welt.
Andere Übel mögen dafür kommen; denn Sauron ist selbst nur ein Diener oder Vorbote. Doch unsere Sache ist es nicht, die Welt durch alle Zeiten zu steuern, sondern in den Jahren, auf die wir beschränkt sind, zu tun, was wir können, um das Übel auf den uns bekannten Feldern auszujäten, damit jene, die nach uns kommen, einen guten Boden vorfinden. Was sie dann für Wetter haben werden, können wir nicht bestimmen.
All dies nun weiß Sauron auch, und er weiß, dass das kostbare Ding, das er verloren hat, gefunden wurde; aber bis jetzt, so hoffenwir wenigstens, weiß er nicht, wo es ist. Und darum ist er nun sehr im Zweifel, was er tun soll. Denn unter uns, wenn wir das Ding gefunden haben, gibt es manche, die stark genug wären, es zu gebrauchen. Auch das weiß er. Vermute ich nicht richtig, Aragorn, dass du dich ihm im Stein von Orthanc gezeigt hast?«
»Ja«, sagte Aragorn, »bevor ich von der Hornburg fortritt. Ich fand, dass die Zeit dafür reif war und dass ich den Stein zu ebendiesem Zweck bekommen hatte. Es war zehn Tage, nachdem der Ringträger vom Rauros nach Osten gegangen war, und ich dachte, dass man Saurons Auge von seinem eigenen Land ablenken sollte. Allzu selten hat man ihn herausgefordert, seit er in seinen Turm zurückgekehrt ist. Hätte ich allerdings vorausgesehen, wie schnell er darauf mit dem Angriff auf Gondor antwortete, hätte ich es vielleicht nicht gewagt, mich zu zeigen. Wenig Zeit blieb mir, euch zu Hilfe zu kommen.«
»Aber wie soll ich das verstehen?«, fragte Éomer. »Alles ist vergebens, sagst du, wenn er den Ring hat. Warum hält er es dann nicht für vergebens, uns anzugreifen, wenn wir ihn haben?«
»Er ist noch im Ungewissen«, sagte Gandalf, »und er hat seine Streitkräfte nicht so aufgebaut, wie wir es getan haben, und kann nicht abwarten, bis seine Feinde sich in Sicherheit wähnen. Außerdem könnten wir nicht von heute auf morgen lernen, das Ding zur vollen Wirkung zu bringen. Es kann überhaupt nur von einem Herrn allein gebraucht werden, nicht von mehreren; und er wird mit einer Zeit des Haders unter den Großen rechnen, bis einer von uns die Macht an sich reißt und die andern unterwirft. In dieser Zeit könnte der Ring ihm nützlich sein, wenn er überraschend zuschlägt.
Er beobachtet uns. Er sieht und hört vieles. Seine Nazgûl sind immer noch da. Heute vor
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