Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)

Titel: Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John R Tolkien
Vom Netzwerk:
wir da sind.«
    Sie gingen den geraden, gepflegten Fährweg hinunter, dessen Ränder mit großen weiß gestrichenen Steinen markiert waren. Nach etwa hundert Schritten kamen sie zu dem breiten hölzernen Landesteg am Ufer. Ein großes, flaches Fährboot lag dort vertäut. Die weißen Poller dicht am Wasser schimmerten im Licht zweier Lampen, die auf hohen Pfählen standen. Hinter ihnen reichte der Nebel in den flachen Feldern nun bis über die Hecken hinauf; doch vor ihnen war das Wasser dunkel, und nur wenige Nebelschwaden zogen sich wie Rauchkringel durchs Schilf am Ufer. Auf dem andern Ufer schien es weniger neblig zu sein.
    Merry führte das Pony über eine Planke in das Boot, und die anderen folgten. Dann stieß Merry mit einer langen Stake vom Ufer ab. Breit und geruhsam floss der Brandywein dahin. Auf der anderen Seite war das Ufer steil, und von der Anlegestelle führte ein Serpentinenweg aufwärts. Lampen schimmerten herüber. Dahinter erhob sich der Bockberg, und aus ihm sah man durch die vereinzelten Nebelschwaden viele runde Fenster rot oder gelb hervorleuchten. Dies waren die Fenster des Brandyguts, der alten Höhle der Brandybocks.
    Vor vielen, vielen Jahren hatte Gorhendad Altbock, das Oberhaupt der Altbocks, die eine der ältesten Familien im Bruch und im ganzen Auenland waren, den Fluss überquert, der einst die Ostgrenze des Landes gewesen war. Er erbaute (oder besser: grub) das Brandygut, änderte seinen Namen zu Brandybock und ließ sich dort nieder als Herr eines kleinen, so gut wie unabhängigen Landes. Seine Familie wuchs und vermehrte sich weit über seine Lebzeiten hinaus, bis das Brandygut den ganzen unteren Teil des niedrigen Berges einnahm, mit drei Haupt- und vielen Nebeneingängen und etwa hundert Fenstern. Dann begannen die Brandybocks und ihre zahlreichen Angeheirateten und Abhängigen, ringsum die Hügel auszuhöhlen und später auch Häuser zu bauen. So war Bockland entstanden, der dicht besiedelte Landstreifen zwischen dem Fluss und dem Alten Wald, eine Art auenländische Kolonie. Der Hauptort Bockenburg lag am Fluss und erstreckte sich über die Hänge hinter dem Brandygut.
    Mit den Bewohnern des Bruchs standen sich die Bockländer gut, und die Obrigkeit des »Gutsherrn« (so nannte man das Familienoberhaupt der Brandybocks) wurde auch von den Bauern zwischen Stock und Rohrholm anerkannt. Aber die meisten altauenländischen Hobbits betrachteten die Bockländer als, gelinde gesagt, eigenartig, fast schon als Ausländer. Und das, obwohl sie in Wahrheit von den Bewohnern der vier Auenlandviertel nicht allzu verschieden waren. Außer in einem Punkt: Sie fuhren gern Kahn, und manche konnten sogar schwimmen.
    Ihr Land war anfangs nach Osten hin ungeschützt gewesen, doch an dieser Seite hatten sie eine Hecke, den Hohen Hag, angelegt. Er war vor vielen Generationen gepflanzt worden und war nun hoch und dicht, denn er wurde beständig gepflegt. In weitem Bogen vom Flussufer zurücktretend, verlief er von der Brandyweinbrücke bis nach Hagsend (wo die Weidenwinde aus dem Alten Wald herausfloss und in den Brandywein mündete): vom einen Ende zum andern mehr als zwanzig Meilen. Doch natürlich bot der Hag keinen unbedingt zuverlässigen Schutz. Der Wald rückte an vielen Stellen dicht an die Hecke heran. Die Bockländer hielten nach Einbruch der Dunkelheit die Türen verschlossen, und auch das war im Auenland sonst nicht üblich.
    Das Fährboot glitt langsam übers Wasser. Das Bockländer Ufer kam näher. Von den Reisenden war Sam als einziger noch nie über den Fluss gefahren. Angesichts der langsam dahinziehenden, leise glucksenden Strömung wurde ihm ganz seltsam zumute: Hinter ihm im Nebel lag sein gewohntes Leben, vor ihm ein dunkles Abenteuer. Er kratzte sich den Kopf, und für einen Moment wünschte er sich, Herr Frodo könnte weiter geruhsam in Beutelsend leben.
    Die vier Hobbits stiegen aus dem Boot. Merry band es fest, und Pippin führte schon das Pony den Weg hinauf, als Sam (der sich, wie zum Abschied vom Auenland, noch einmal umgeschaut hatte) mit gepresster Flüsterstimme sagte: »Schau mal zurück, Master Frodo! Siehst du nichts?«
    Am Landesteg gegenüber konnten sie aus der Entfernung im Lampenlicht undeutlich eine Gestalt erkennen; sie sah aus wie ein schwarzes Bündel, das jemand dort zurückgelassen hatte. Doch dann schien das Bündel sich zu bewegen und hin- und herzuschwanken, wie wenn es den Boden absuchte. Dann kroch es oder ging in geduckter Haltung in die Dunkelheit

Weitere Kostenlose Bücher