Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
wurde zuerst erwogen. Aber nach einer Weile setzte sich im gesunden Hobbitverstand der schlichte Name Neuer Weg durch. Nur ein Wasserauer Witz war der Vorschlag, ihn Scharkersend zu nennen.
Der schlimmste Verlust und Schaden, den das Auenland erlitten hatte, betraf die Bäume, denn auf Scharkers Befehl waren sie weit und breit erbarmungslos gefällt worden; und darüber war Sam trauriger als über alles andere. Denn diese Wunden würden nur sehr langsam verheilen, und erst seine Urenkel, dachte er, würden das Auenland so sehen, wie es sein sollte.
Dann plötzlich eines Tages, nach Wochen, in denen er zu viel zu tun hatte, um sich seiner Abenteuer zu erinnern, kam ihm Galadriels Geschenk wieder in den Sinn. Er suchte die Schachtel hervor, zeigte sie den anderen »Reisenden« (wie sie nun allgemein genannt wurden) und holte ihren Rat ein.
»Ich hab mich schon gefragt, wann du endlich daran denken würdest«, sagte Frodo. »Mach sie auf!«
Sie war mit einem feinen und weichen grauen Staub gefüllt, und darin eingebettet lag ein Samenkorn, groß wie eine kleine Nuss und mit silberner Schale. »Was kann ich damit anfangen?«, sagte Sam.»Wirf es an einem windigen Tag in die Luft und lass es seine Wirkung tun!«, sagte Pippin.
»Wirkung auf was?«, sagte Sam.
»Such dir eine Stelle als Baumschule aus, und sieh zu, was aus den Pflanzen dort wird!«, sagte Merry.
»Aber der hohen Frau würde es sicher nicht gefallen, wenn ich alles für meinen eigenen Garten verwende, wo doch so viele andere nun Schaden erlitten haben«, sagte Sam.
»Nimm all deinen Verstand und deine Kenntnisse zusammen«, sagte Frodo, »und dann verwende das Geschenk so, dass dein Werk dadurch gefördert und verbessert wird! Und verwende es sparsam! Du hast nicht viel von diesem Staub, und ich vermute, jedes Körnchen ist wertvoll.«
Also pflanzte Sam an allen Stellen, wo ein besonders schöner oder geliebter Baum gefällt worden war, einen Setzling ein und legte jedem ein Körnchen des kostbaren Staubes an die Wurzel. Bei dieser Arbeit reiste er im ganzen Auenland umher; doch wenn er Hobbingen und Wasserau seine besondere Aufmerksamkeit schenkte, machte ihm niemand daraus einen Vorwurf. Und als er zuletzt noch einen kleinen Rest von dem Staub übrig hatte, ging er zum Dreiviertelstein, der ziemlich genau in der Mitte des Auenlands steht, und verstreute den Staub mit einem Segensspruch in die Luft. Die kleine silberne Nuss pflanzte er auf der Festwiese ein, wo früher der Baum gestanden hatte; und er wartete gespannt, was wohl daraus werden würde. Den ganzen Winter hindurch übte er sich in Geduld und gab sich Mühe, nicht jeden Tag nachschauen zu gehen, ob sich schon etwas regte.
Der Frühling übertraf seine kühnsten Hoffnungen. Seine Setzlinge begannen zu sprießen und zu wachsen, als wollten sie in einem Jahr zwanzig Jahre vorauseilen. Auf der Festwiese schoss ein schöner junger Saftling mit silbern glänzender Rinde und langen Blättern empor; und im April bekam er goldene Blüten. Natürlich, es war ein Mallorn, und er erregte das Staunen der Nachbarschaft. In späteren Jahren, als er zu seiner ganzen Anmut und Schönheit erwachsen war, sprach man von ihm weit und breit, und manche unternahmen lange Reisen, um ihn zu sehen. Er war der einzige Mallorn westlich des Gebirges und östlich des Meeres und einer der herrlichsten auf der Welt.
Überhaupt wurde das vierzehnhundertzwanzigste Jahr des Auenlandes ein gesegnetes Jahr. Nicht nur brachte es prächtigen Sonnenschein und köstlichen Regen, beides zur rechten Zeit und im rechten Maße, sondern auch einen Anhauch von Fülle und Fruchtbarkeit und den Abglanz einer Schönheit, die über die Schönheit vergänglicher Sommer, wie sie über diese Mittelerde dahinflackern, hinausging. Alle in diesem Jahr geborenen oder gezeugten Kinder, und das waren viele, waren schön anzusehen und kräftig; und die meisten hatten dichtes, goldblondes Haar, wie es bis dahin unter den Hobbits selten gewesen war. Das Obst wuchs so reichlich, dass die kleinen Hobbits in Erdbeeren mit Sahne hätten baden können; und später dann saßen sie auf den Wiesen unter den Pflaumenbäumen und aßen, bis sie einen Berg von Kernen vor sich aufgehäuft hatten, wie die Schädelpyramide nach einer siegreichen Schlacht; und dann gingen sie weiter zum nächsten Baum. Und niemand wurde krank, und alle waren guter Dinge, bis auf diejenigen, die das Gras mähen mussten.
Im Südviertel hingen die Weinstöcke voller Trauben, und
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