Der Herr der Ringe: Neuüberarbeitung der Übersetzung von Wolfgang Krege, überarbeitet und aktualisiert (German Edition)
von dort waren in der Vergangenheit meistens über die Ebene zwischen dem Binnenmeer und dem Aschengebirge gekommen.
Zur Zeit Narmacils I. fielen die Ostlinge von neuem ein, wenn auch zuerst nur mit schwachen Streitkräften. Der Regent erfuhr jedoch, dass die Nordmenschen nicht immer Gondor die Treue hielten und dass manche auch mit den Ostlingen gemeinsame Sache machten, sei es aus Beutegier oder infolge von Streitigkeiten unter ihren Fürsten. Daher führte Minalcar 1248 ein großes Heer ins Feld, und zwischen Rhovanion und dem Binnenmeer besiegte er eine starke Streitmacht der Ostlinge und zerstörte alle ihre Siedlungen und Lager östlich des Meeres. Dann nahm er den Beinamen Rómendacil an.
Nach der Rückkehr befestigte er das Westufer des Anduin bis zur Mündung des Limklar und verbot allen Fremden, über die Emyn Muil hinaus flussabwärts zu fahren. Er war es, der an der Einfahrt in den Nen Hithoel die Standbilder der Argonath errichten ließ. Da er aber Menschen brauchte und das Band zwischen Gondor und den Nordvölkern festigen wollte, nahm er viele Nordmänner in seinen Dienst, und manchen übertrug er hohe Ränge in seinen Heeren.
Besonders hoch in seiner Gunst stand Vidugavia, der ihn im Krieg unterstützt hatte. Vidugavia nannte sich König von Rhovanion und war tatsächlich der mächtigste unter den Fürsten des Nordens, obwohl sein eigenes Reich nur den Landstreifen zwischen dem Grünwald und dem Fluss Celduin (Eilend) umfasste. 1250 schickte Rómendacil seinen Sohn Valacar als Botschafter zu Vidugavia, um eine Weile dort zu bleiben und mit Sprache, Sitten und Stammespolitik der Nordmenschen vertraut zu werden. Doch Valacar tat weit mehr, als sein Vater beabsichtigt hatte. Er gewann Land und Leute lieb und heiratete Vidugavias Tochter Vidumavi. Erst einige Jahre darauf kehrte er zurück. Wegen dieser Ehe kam es später zum Sippenstreit und zum Krieg.
»Denn die hohen Herren von Gondor waren schon vorher auf die Nordmenschen unter ihnen nicht gut zu sprechen, und dass nun derErbe der Krone oder überhaupt ein Sohn des Königs eine Frau von minderer und fremder Rasse heiraten sollte, war unerhört. Schon als König Valacar alt wurde, kam es in den südlichen Provinzen zum Aufruhr. Zwar war seine Königin eine schöne und edle Frau gewesen, aber sie war kurzlebig, und die Dúnedain befürchteten für ihre Nachkommen das gleiche Schicksal und damit einen Verfall der königlichen Majestät. Auch sträubte man sich dagegen, ihren Sohn als König anzuerkennen, denn er nannte sich nun zwar Eldacar, war aber in einem fremden Land geboren und hatte als Kind Vinitharya geheißen, wie ihn das Volk seiner Mutter genannt hatte.
Daher brach in Gondor Krieg aus, als Eldacar die Nachfolge seines Vaters antrat. Doch Eldacar ließ sich sein Erbe nicht einfach nehmen. Denn zu der Abkunft aus Gondor kam bei ihm das furchtlose Herz der Nordmenschen hinzu. Er war stattlich und tapfer, und kein Anzeichen sprach dafür, dass er schneller altern werde als sein Vater. Als die Verbündeten, angeführt von den Nachkommen der Könige, sich gegen ihn erhoben, wehrte er sich, so lange seine Kräfte reichten. Schließlich wurde er in Osgiliath belagert und hielt sich, bis der Hunger und die Übermacht der Rebellen ihn aus der brennenden Stadt vertrieben. Bei dieser Belagerung und dem Brand wurde der Turm der Sternenkuppel von Osgiliath zerstört, und der Palantír verschwand in den Fluten des Anduin.
Eldacar aber entkam seinen Feinden und gelangte in den Norden, zu seinen Verwandten in Rhovanion. Viele scharten sich dort um ihn, sowohl Nordmenschen im Dienste Gondors als auch Dúnedain aus den nördlichen Gegenden des Reiches. Denn von den Letzteren hatten viele ihn schätzen gelernt, und viele andere kamen hinzu, weil sich der Thronräuber bald unbeliebt machte. Dies war Castamir, ein Enkel Calimehtars, des jüngeren Bruders von Rómendacil II. Er war nicht nur einer der nächsten Blutsverwandten des Königshauses, sondern hatte auch unter den Rebellen die meisten Anhänger, denn er war Oberbefehlshaber der Flotte, und ihn unterstützte das Volk der Küstengebiete und der großen Hafenstädte Pelargir und Umbar.
Castamir saß noch nicht lange auf dem Thron, als er sich auch schon als hochfahrend und unedelmütig erwies. Seine Grausamkeit zeigte sich zuerst bei der Einnahme von Osgiliath. Eldacars Sohn Ornendil, der in Gefangenschaft geriet, ließ er umbringen; und das Gemetzel und die Zerstörungen, die auf seinen Befehl in
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